Far Cry 3: Classic Edition – Von Langeweile, Wahnsinn und falschen Erwartungen

“Did I ever tell you the definition of Insanity?” Diese Frage des Antagonisten aus Far Cry 3 hat sich mir so fest ins Gedächtnis eingebrannt wie sonst nur wenige andere Zitate aus Videospielen. Die Antwort darauf besagt, das wer immer wieder das gleiche macht aber unterschiedliche Ausgänge erwartet, verrückt sei. Wie passend, denn Far Cry 3 hatte ich bereits im Jahr 2013 das erste mal gespielt und dabei viel Spaß damit gehabt. Nun nahm ich den Release der Far Cry 3: Classic Edition im letzten Jahr zum Anlass, das gleiche nochmal zu tun, um abzuwägen, ob sich meine Meinung ändern würde. Ob ich deshalb nun wahnsinnig bin und wie ich Far Cry 3 im zweiten Durchlauf empfand, wird in diesem Artikel erörtert.

Die Handlung in Far Cry 3 ist auf dem Papier ziemlich banal. Eine Gruppe junger verwöhnter Amerikaner verbringt den Urlaub auf einer tropischen Insel abseits des Massentourismus. Dabei werden sie von Piraten gefangen genommen, die sich von der Gruppe ein nettes Lösegeld versprechen. Mit Hilfe seines Bruders, einem ehemaligen Soldat, entkommt der Protagonist. Auf der Flucht wird der große Bruder aber von Vaas, dem unberechenbaren Anführer der Piraten, getötet und Protagonist Jason scheint nach einem Sturz in einen reißenden Fluss zu ertrinken. Wie durch ein Wunder wird er an Land gespült und von Einheimischen gefunden. Schnell stellt sich heraus, dass diese im Untergrund gegen die Piraten vorgehen. So schließt sich Jason dem Kampf an, um das Atoll zurück zu erobern, seine Freunde zu befreien und im Namen seines Bruders Rache an Vaas zu nehmen.

Wie bereits erwähnt, auf dem Papier liest sich diese Handlung recht einfach und wirkt wenig außergewöhnlich. Dennoch konnte mich die Geschichte beim ersten Durchspielen fesseln. Schritt für Schritt erobert man die Posten und Verstecke der Piraten im Namen der Inselbewohner zurück. Dabei lernt man deren Stammesführerin Kira kennen sowie andere interessante Charaktere. Während der ganzen Zeit schaffte es Far Cry 3 dabei immer wieder Höhepunkte zu setzen, sei es weil man unter Drogeneinfluss mystische Geisterreisen antritt oder Gegner in hitzigen Feuergefechten treffsicher beseitigt.

Genauso wie man in letzter Sekunde Freunde aus den Klauen der Piraten befreit oder den Fallen und Konfrontationen von Vaas entkommt, um ihn letztendlich zu stellen. Dabei ist der Hauptcast eigentlich eher langweilig und Klischees werden fleißig bedient. Einzig Vaas konnte mich mit seiner verrückten Art begeistern. So sehr sogar, dass er die anderen deutlich weniger interessant gestalteten Charaktere überdeckte. Denn Vaas wusste stets zu überraschen, schien mit Jason nur zu spielen und immer einen Schritt voraus – und das obwohl er wie ein Verrückter wirkte, der scheinbar alles unter Kontrolle hatte, außer sich selbst.

Leider geht beim zweiten Spieldurchlauf sehr viel verloren, da man alle Wendungen und Überraschungen schon kennt. Vaas’ Hinterhalte und seine kläglichen Versuche, Jason zu töten, erinnern dabei eher an den klassischen James Bond Bösewicht, welcher stets einen Grund findet, kurz vor dem vermeintlichen Ende von 007 zu verschwinden, damit dieser auch stets eine Möglichkeit bekommt, seinem unausweichlichen Ende doch noch zu entrinnen. Vaas wird den Erwartungen aus meinen Erinnerungen an den ersten Spieldurchlauf nicht gerecht.

Unterstützt wird dieser Eindruck auch von unserem Chefautor Wyzzlex. Er konnte die Begeisterung am Antagonisten Vaas und Far Cry 3 allgemein nicht teilen. Wohlgemerkt hat er das Spiel aber auch erst einige Zeit nach Launch angetestet, wobei ihm viele der Besonderheiten zu Vaas aus allerlei Spoilern und YouTube-Clips bekannt gewesen sein dürften. Und auch die im vorherigen Absatz erwähnten Höhepunkte flachen stark ab, wenn man die Handlung schon kennt. Dadurch driftet Far Cry 3 bei mir beim zweiten Durchlauf eher zu einem repetitiven Abhaken von Aufgaben ab, anstatt wie ursprünglich den Eindruck eines spannenden Open-World-Shooters zu hinterlassen.

Dieser eher fade Eindruck wird durch das Gameplay nur unterstützt. Es gibt eine handvoll Hauptmissionen mit klaren Vorgaben. Diese führen uns in alle Winkel der Inselgruppe und lassen den Spieler abwechslungsreiche Umgebungen – seien es Plantagen, Lagunen, Berge, Sandstrände, dichter Dschungel oder Schiffswracks – erkunden. Im Hinblick auf die Spielmechaniken gibt es zwar viele Freiheiten aber auch einige ausgelutschte Elemente, wie Geschützturm-Passagen oder das Halten von Stellungen unter Ablauf eines Timers. Hinzu kommen eine Vielzahl an Nebenmissionen und Aufträgen, wie das Jagen von Tieren oder das Ausliefern einer wichtigen Fracht unter Zeitdruck. Diese Missionen sind sehr einfach gestaltet und bieten meist nur simpelste Aufgaben sowie wenig unterhaltsame, noch für den Spielverlauf relevante Handlungen.

Einen weiteren wichtigen Bestandteil bilden die inzwischen schon fast ikonischen Funktürme. Diese müssen erklommen werden, da bei Erreichen der Spitze der umliegende Bereich auf der Karte eingezeichnet und besondere Orte hervorgehoben werden. Die Mechanik der Funktürme, welche in Ubisofts Assassin’s Creed ihren Ursprung hatte, fand danach in allen nachfolgenden Far-Cry-Teilen aber auch anderen Spielen Verwendung. So wurde aus der coolen Idee im Jahr 2012 eine unfassbar repetitive und unzählig oft anzutreffende Notwendigkeit für den Spielfortschritt.

Hinzu kommen Außenposten, die über die ganze Welt verstreut sind und stets nach dem selben Prinzip einzunehmen sind. Durch abwechslungsreiche Umgebungen und verschiedene Gegnertypen bleiben diese aber auch bis zum Ende frisch. Zuletzt gibt es noch zufällige Begegnungen in der Welt – mal stößt man auf eine Schießerei zwischen Piraten und Einheimischen, mal wird eine Person von Raubtieren verfolgt und muss beschützt werden. Diese ebenfalls sehr simplen Spielmomente fielen mir bei meinem ersten Durchlauf 2013 nicht wirklich auf. Heute lassen sie einen mit einem müden lächeln zurück, wenn man sie mit ähnlichen Spielmomenten in Grand Theft Auto V vergleicht, welches wohlgemerkt nur ein Jahr nach Far Cry 3 erschien.

Zu den Stärken zählte bei Far Cry 3 die Spielwelt. Dies ist auch in der Classic Edition sieben Jahre nach Veröffentlichung des Originals der Fall. Zwar ist die Grafik trotz des Remasters erkennbar in die Jahre gekommen, die Gestaltung der Spielwelt kann aber immer noch überzeugen. Die Gebiete sind vielfältig und abwechslungsreich und laden zum verweilen ein. Die Landschaft wird durch eine dichte Flora und Fauna gesäumt und viele verschiedene Tierarten können angetroffen und gejagt werden. Im Zweifelsfall wird man aber eher selbst von gefährlichen Raubtieren gejagt. Wobei die Häufigkeit des Antreffens von diesen Jägern für meinen Geschmack zu hoch und ziemlich unrealistisch ist. Ein positiver Nebeneffekt ist aber, dass man dadurch recht schnell an Fälle und andere Ressourcen kommt. Diese benötigt man zur Verbesserung von Rucksack und Munitionsbeuteln. So wird aus der optionalen Nebenaufgabe der Jagd schnell eine Pflicht.

Für die Feuergefechte stellt Far Cry 3 eine breite Auswahl an Waffen bereit. Die unzähligen Pistolen, Flinten und Scharfschützengewehre können allesamt angepasst und aufgewertet werden und schaffen Raum für verschiedenste Spielstile. Das Schießen fühlt sich aber eher unpräzise und träge an. Daneben gibt es noch Sprengwaffen und unzählige Spritzen für Spezialeffekte. Für letztere muss man bestimmte Pflanzen sammeln, wofür ich stets zu bequem war. So verzichtete ich auf deren Boni, empfand dies aber nicht als Nachteil.

Im Hinblick auf die technischen Aspekte muss erwähnt werden, dass Far Cry 3: Classic Edition nur ein Remaster ist. Zwar profitiert es von besserer Beleuchtung und besserer Auflösung und Bildrate, sieht aber insgesamt nur wenig besser aus als die Originalveröffentlichung. Der Grafik des aktuellsten Teils Far Cry 5 steht man um Welten nach. Ein letzter Aspekt und ein Pluspunkt des Spiels ist die tolle Musikauswahl. Die begrenzte Auswahl an originalen Melodien als auch echten Liedern wird gekonnt und gezielt eingesetzt und passen dabei stets gut zur Stimmung der Szenen. Die Classic Edition entspricht technisch meiner Meinung nach insgesamt den höchsten Grafikeinstellungen des PC-Releases.

Mein Fazit zur Classic Edition von Far Cry 3:

Irgendwie komisch. Glaubt man den einleitenden Worten – der Definition des Wahnsinns – so bin ich verrückt. Denn ich spielte Far Cry 3 ein zweites mal in der Annahme, mein Eindruck zum Spiel würde diesmal anders ausfallen. Und obwohl man mich nun eigentlich verrückt schimpfen muss, finde ich, dass mein Blick auf das Spiel und seine Story nun klarer ist als zuvor.

Alles in allem ist Far Cry 3 ein netter Open-World-Shooter, der durch eine abwechslungsreiche und weitläufige Spielwelt getragen wird, welche viele Spielinhalte und unzählige Fortbewegungsmethoden bereitstellt. Für 20 Stunden kann man hier seine Fantasien als Überlebenskünstler ausleben. Eine eine außergewöhnlich spannende Handlung sowie interessante Charaktere werden aber nur bedingt geboten. Zwar konnte mich das Spiel bei meinem ersten Durchlauf im Jahr 2013 mit dem einzigartigen und unberechenbaren Protagonisten Vaas sowie nervenaufreibenden Höhepunkten in der Story gut unterhalten.

Doch heute, nach all den Jahren mit anderen guten Spielen, ähnlichen Konzepten und dem Wissen, welche Überraschungen in der Handlung auf mich zukommen, ließ mich Far Cry 3: Classic Edition eher unbeeindruckt zurück. Und dabei muss klar betont werden, dass das Spiel nur zum Teil dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen ist. Vielmehr rückt Vaas, der trotz allem ein interessanter Bösewicht ist, in den Hintergrund und andere Schwächen im Gameplay offenbaren sich. Und ohne die Spannung der durch den Antagonisten getragenen Story kann aus einer Sitzung Far Cry 3: Classic Edition schnell ein sehr repetitives und stumpfes abarbeiten von Missionen, Außenposten und Funktürmen werden. Obwohl ich dennoch eingestehen muss, dass auch beim zweiten Durchlauf Momente, wie die finale Konfrontation mit Vaas oder Actionfilm-Szenen, wie das Niederbrennen von Drogenplantagen samt Piraten zu Techno-Reggae Musik, mein Herz höher schlagen ließen.

Empfehlen kann ich Far Cry 3: Classic Edition letztlich nur Leuten die vom Setting angetan sind und noch nicht zu viel über die Handlung und den Antagonisten Vaas wissen – also nur denjenigen, die Far Cry 3 noch nicht gespielt haben.

Far Cry 3: Classic Edition enthält nur die Einzelspieler-Kampagne von Far Cry 3. Der Mehrspieler- und der Koop-Modus wurden entfernt.