Star Wars: The Book of Boba Fett – Wenn der Protagonist eine Nebenrolle spielt

Es war alles zu schön, um wahr zu sein. Nach den desaströsen neuen Kinofilmen, welche meine Begeisterung für Star Wars nahezu komplett zum Erlöschen brachten, erschien Ende 2019 mit Star Wars: The Mandalorian plötzlich endlich wieder ein Lichtblick für das Franchise aus einer weit, weit entfernten Galaxie. Die Live-Action-Serie konnte mich vollends begeistern, was ich auch in einem Artikel festhielt. Die im Folgejahr erscheinende zweite Staffel baute darauf auf und war sogar nochmal fesselnder und unterhaltsamer. Als an deren Ende ein Spin-Off zu Boba Fett angekündigt wurde, welcher in The Mandalorian bereits eine Nebenrolle einnahm, war ich positiv gestimmt. Der legendäre Kopfgeldjäger ist zwar bereits seit The Empire Strikes Back aus 1980 teil des Franchise. Viel bekannt war über ihn allerdings nicht. Es stand also eine Serie über einen markanten Charakter ins Haus und das von einem Team, welches mit The Mandalorian bereits bewiesen hat, dass es tolle Geschichten aus dem Star-Wars-Universum erzählen kann. Eigentlich konnte also gar nichts schief gehen. Eigentlich.

Vorweg sei noch eine Sache gesagt. In dieser Review wird versucht möglichst auf inhaltliche Spoiler zu verzichten. Allerdings muss zur Erläuterung der Struktur der Staffel und meines Konfliktes mit der Serie auf bestimmte Aspekte, wie beispielsweise dem Auftreten von Charakteren aus The Mandalorian, in manchen Folgen eingegangen werden.

Die Handlung der Serie lässt sich klar in mehrere Abschnitte einteilen. Die ersten Folgen setzen da an, wo die zweite Staffel von The Mandalorian aufgehört hat. Nachdem Boba sich Bib Fortuna entledigt hat, ist er nun in Kontrolle vom Palast und dem Verbrecherimperium von Jabba the Hut. In dieser neuen Rolle muss er sich konstant beweisen und versucht gleichzeitig Bündnisse mit den anderen Fraktionen auf Tatooine zu schließen. Dabei steht ihm Fennec Shand – die wir ebenfalls aus The Mandalorian kennen – zur Seite. Im Laufe der ersten vier Folgen gelingt es Boba, welcher betont durch Respekt und weniger durch Angst herrschen möchte, erste Bündnisse zu schließen, neue Verbündete zu finden aber auch in bedrohliche Konflikte mit den anderen Interessenparteien auf dem Planeten zu rutschen.

Während dieser Zeit wird die Erzählung konstant durch Rückblenden unterbrochen. Diese nehmen dabei allerdings meist mehr Sendezeit ein, als die Geschehnisse in der Gegenwart. Sie geben Einblicke in Bobas Vergangenheit, wie er beispielsweise den Sturz in die Sarlacc-Grube – zu sehen in The Return of the Jedi – überlebte, was ihm danach widerfuhr und wie er vor seinem Auftreten in The Mandalorian auf Fennec traf. All diese Sequenzen vermitteln wichtige Informationen, nach denen sich Star-Wars-Fans lange gesehnt haben. Allerdings ist der Boba, welcher in den Folgen präsentiert wird, nicht der Charakter, über den ich mehr wissen wollte.

Ich erwarte mehr von einem der berüchtigtsten Kopfgeldjäger der Galaxis. Stattdessen wirkt Boba wie ein Anfänger der noch viel lernen muss, obwohl er zu dem Zeitpunkt schon Jahrzehnte an Erfahrung auf dem Buckel hat. Auch trifft er wenig nachvollziehbare Entscheidung und ist einfach zu weit weg von dem blitzschnellen, eiskalten Killer, den ich mir basierend auf den Filmen vorgestellt habe. Subjektiv finde ich Boba einfach langweilig. Insgesamt ziehen sich die Vergangenheits-Szenen auch zu sehr in die Länge. Dies führt auch zu schlechtem Pacing, da in den ersten Folgen der Gegenwarts-Part untergeht.

In den Folgen fünf und sechs dreht sich dann plötzlich alles um Din Djarin, den Mando. Boba ist dagegen quasi nicht präsent und die Serie wird plötzlich interessant. Der Mando sucht und findet in dem kurzen aber spannenden Abschnitt seine Gilde, welche ihn vor eine neue Prüfung stellt. Der Teil ist ganz klar eine Einleitung zur dritten Staffel von The Mandalorian. Wieso das ganze aber in der Boba-Fett-Serie geschieht ist wenig verständlich. Allerdings handelt es sich dabei ganz klar um die besten Folgen des Spin-Offs. Zugegeben, dies liegt auch an einer gewissen Portion Fan-Service, da einige wiederkehrende Charaktere aus The Mandalorian und auch anderen Dave Filoni Serien in der Handlung eine Rolle spielen. Aber die Abwesenheit von Boba spielt definitiv eine Rolle in der positiven Wahrnehmen dieser Episoden.

Abgerundet wird die Handlung durch eine finale siebte Folge, welche auch die längste der Serie ist. Diese hat zwar ihre Momente, ist aber alles in allem eine große Enttäuschung. Boba ist wieder nicht der Protagonist, der er sein sollte. Stattdessen geben Nebencharaktere die Richtung vor. Dabei blitzt in einer Szene hervor, was Boba als Charakter sein hätte können. Doch dieser kurze Moment geht in der langen Folge unter. Die Stories der oben erwähnten wiederkehrenden Charaktere, dazu zählen auch Momente die ebenfalls eher in The Mandalorian gehören, werden unbefriedigend weitergeführt und beendet.

Der große Kampf, quasi der finale Showdown, verführt mit der Zeit wahrlich zum Augenrollen. Die Kampfszenen enthalten Drehungen und Kameraperspektiven die grundlos ins Geschehen mit aufgenommen wurden. Auch treffen die Charaktere teilweise nicht nachvollziehbare, unlogische Entscheidungen. Solche Logiklücken kennen wir zu genüge aus der Sequel-Trilogie aber bisher nicht aus den Live-Action-Serien. In einigen Momenten hatte ich wirklich Fremdscham beim Zusehen. Und auch manche Fan-Service-Elemente, wie beispielsweise der Rancor, wirkten auf mich im Kontext der Handlung zwar sinnig, aber wenig zielführend. Und am Ende stehlen die wichtigen Nebencharaktere Boba wieder die Schau.

Das ist und bleibt der große Knackpunkt der Serie. Boba wird in einer Weise präsentiert, die ich nicht erwartet habe. Schlimmer ist aber noch, das in “seiner” Serie Charaktere wie Fennec und Mando spannender geschrieben und präsentiert werden. Ich persönlich würde gerne mehr Folgen mit diesen beiden sehen. Das wird besonders bei den Episoden, die dem Mandalorian, folgen klar. Wohlgemerkt liegt das nicht an der schauspielerischen Leistung. Nein, das Skript selbst lässt es nicht zu, dass Boba einen prägnanteren Eindruck hinterlässt. Insgesamt enttäuschen mich Writing, Pacing und Regie der Serie. Während die ersten Episoden sehr träge und langweilig sind und sich durch schlechtes Pacing auszeichnen, folgen danach zwei Kapitel mit fantastischer Spannung, die jedoch nicht auf den Protagonisten Boba zurückzuführen ist.

Im Finale wird dann versucht, in zu kurzer Zeit zu viele losen Enden zusammenzuführen. Die Wechsel in der Regie sind in der schwankenden Qualität der Folgen spürbar, entschuldigen aber auch etwas die unterschiedliche Wahrnehmung der verschiedenen Abschnitte. Aber das Writing von Jon Favreau, welcher bei The Mandalorian einen exzellenten Job gemacht hat, lässt mich verdutzt zurück. Das hat man einfach schon besser gesehen. Vielleicht ist meine Erwartungshaltung hier auch zu hoch, aber nach den katastrophalen Sequels beruhen auf Jon Favreau und Dave Filoni meine Hoffnungen bezüglich der Zukunft von Star Wars. Und nach dem Buch von Boba Fett haben beide nun erste Flecken auf ihren zuvor weißen Westen.

Grafik und Sound von The Book of Boba Fett sind schnell behandelt. Der Sound ist so gut wie eh und je in Star Wars. Die Folgen werden durch fantastische Melodien und stets passende Sound-Effekte untermalt. Optisch gibt es an der Serie auch nichts zu bemängeln auch wenn ein, zwei Geschmacksverirrungen beim Art-Style (Stichwort Vespa-Gang) in Erinnerung bleiben. Dennoch zeigen sich Budget und vor allem die Erfahrung aus den Filmen was Sets und Requisiten angeht. Die Serie ist in diesem Aspekt näher an einem Kino-Blockbuster als an herkömmlichen TV-Sendungen und im Vergleich zu beispielsweise The Witcher auf Netflix oder Game of Thrones auf HBO in einer eigenen Liga unterwegs.

Mein Fazit zu Star Wars: The Book of Boba Fett:

Alles in allem ist The Book of Boba Fett eine Enttäuschung. Dabei ist die Serie nicht schlecht, aber leider absolutes Mittelmaß. Der Einstieg gelingt schleppend und Boba ist nicht der spannende Action-Protagonist, den ich mir erhofft hätte. Stattdessen stehlen ihm Nebendarsteller wie Fennec die Schau. Gegen Mitte der Staffel wird die Handlung zwar spannend, aber diese Folgen setzen den Mando in den Fokus und Boba tritt so gut wie gar nicht auf. Am Ende reicht die Zeit nicht aus um die Handlungsstränge zusammenzuführen.

Ich denke mehr als sieben Folgen hätten der Serie gut getan. So hätte man zuerst Bobas Vergangenheit aufarbeiten und dann seine gegenwärtigen Probleme auf Tatooine, ohne die ganzen Rückblenden, zeigen können. Durch mehr Folgen hätten auch die Abschnitte, in denen man Din Djarin folgt, besser in die Serie gepasst und das Ende hätte nicht nur in einer Stunde abgehandelt werden müssen.

Meine Empfehlung: The Book of Boba Fett ist nicht sehenswert. Star-Wars-Fans werden es sicherlich dennoch anschauen und allen Fans von The Mandalorian muss ich die Folgen 5-7 nahelegen, da diese auch die Handlung der Hauptserie vorantreiben. Wer also nichts verpassen möchte, muss hier zumindest einige Folgen anschauen. Da es sich dabei um die spannenden Part der Staffeln handelt, sollte dies aber weniger schlimm sein.