Red Dead Redemption 2: Aller Anfang ist schwer

Selten haben mich Handlungsabschnitte und Spieleindrücke so sehr verwirrt, wie beim letztjährig erschienenen Red Dead Redemption 2. Was ich damit meine? Red Dead Redemption 2 überzeugt in den gut 50 Stunden, welche die Haupthandlung einnimmt, durch unfassbar fesselnde Erzählweise, interessante Charaktere und kinoreife Szenen. Oft vergaß ich beim Ritt durch die Prärie des Wilden Westens die Welt um mich herum, war von prachtvollen Landschaften, interessanten Begegnungen und intensiven Schusswechseln derart eingenommen, dass ein Blick auf die Uhr zum Schockmoment wurde. Nicht selten waren Stunden verstrichen, obwohl es sich doch anfühlte, als wäre nur ein wenig Zeit ins Land gegangen. Dabei gab es noch so viel mehr zu erkunden, bevor man die Spielsitzung beendet. Dieses Erlebnis steht für mich exemplarisch für den Eindruck, den Red Dead Redemption 2 hinterlässt – zumindest fast. Wäre da nicht das qualvolle Intro.

Hinweis: Der folgende Beitrag beinhaltet Informationen zur Handlung von Red Dead Redemption 2. Wir warnen hiermit ausdrücklich vor Spoilern!

Die ersten circa zwei Stunden des Spiels trennen sich klar vom Erlebnis des Gesamtspiels. Zwei lange und qualvolle Stunden im Schnee, in denen man sich die Frage stellen musste, warum man sich das Ganze überhaupt antut. Ohne den guten Ruf von Red Dead Redemption hätte ich vielleicht auch der Enttäuschung nachgegeben und das Spiel beiseite gelegt.

Das Intro des Spiels ist von eintönigen, eisigen Landschaften geprägt.

Was passiert? In den ersten zwei Stunden des Spiels befindet sich die Bande rund um Protagonist Arthur in eisigen Bergen. Auf der Flucht vor Gesetzeshütern sind sie in einen Schneesturm geraten und müssen nun Schutz suchen. Soweit so gut. Doch hätte die Wahl des Settings für das Intro kaum schlechter getroffen werden können. Die Anfangsmissionen beinhalten langsame Ritte durch tiefen Schnee, während der starke Schneefall die Sicht auf wenige Meter begrenzt. Das ist zwar realistisch – eine Eigenschaft, die in Spielen von Rockstar Games oft durch ihre Detailverliebtheit zum Tragen kommt – nimmt dem Spiel aber seine Spannung und dem Spieler den Spielspaß.

Statt actiongeladener Ritte oder der besagten tollen Landschaftsausblicken schleppen wir uns durch den Schnee und sehen kaum die Hand vor Augen. Natürlich ist das klassisch für Rockstar Games. Die ersten Missionen bestehen aus Auftrag annehmen, einem Lauf-, Fahr- oder Reitweg, Action am Missionsort und oftmals einem anschließenden Rückweg. Aber diese Formel stumpft in Zeiten von Open-World-Abenteuern mit gigantischen Spielwelten aber eintönigen und repetitiven Aufgaben, wie zum Beispiel einem Assassin’s Creed Odyssey, immer mehr ab.

Auch das Einführen in das Spiel in einem relativ kleinen Intro-Areal ist nichts Unbekanntes. Doch bei Red Dead Redemption 2 dauert es einfach zu lange, bis eben jenes Areal verlassen wird. Zwei Stunden sind viel Zeit, in denen man als Spieler gefühlt kaum Freiheiten hat. Nach zwei Stunden in Rockstars Grand Theft Auto: San Andreas war ich bereits im an Los Angeles angelehnten Los Santos von Venice Beach bis in die Hollywood Hills vorgedrungen, denn das Spiel lies mich meinen Erkundungsdrang ausleben. Diese Stärke von Rockstar Games, nach kurzer Zeit jeden Ort auf der Karte erreichen zu können, lässt RDR2 vermissen – zumindest während des Intros.

Die vielfältige Spielwelt kann erst nach der langwierigen Einführung erkundet werden.

Mein Ersteindruck zu Red Dead Redemption 2:

Allgemein gelingt der Einstieg in die Handlung nur schleppend. Vielleicht war es Absicht, den Spieler so sehr an die Hand zunehmen, um den Grundstein für den packenden Hauptteil zu legen. Ich aber denke, es ist einfach zu viel. Ein gutes Intro fesselt bereits in den ersten Minuten und braucht keine zwei Stunden, um eine spannende Handlung einzuleiten. Vielleicht hat man hier schlicht zu viel gewollt. Dabei ist es einfach nur Schade, dass ein so fesselndes Spiel ein Intro beinhaltet, bei dem man den Controller weglegen mag.

In seinem Artikel „Just Cause 2 und sein nahezu perfektes Intro“ erläutert unser Kombinatsleiter, wie eine gelungene Einleitung in ein Spiel aussehen kann.