Virtual Reality im Winter 2021 – Dem Massenmarkt dank Oculus Quest 2 ein großes Stück näher

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Quasi im Alleingang leitete Oculus mit der Ankündigung der Oculus Rift und deren Veröffentlichung im Jahr 2016 den Beginn des aktuellen VR-Hypes ein. Zwar gab es bereits in den 90ern erste Gehversuche mit Virtual-Reality-Brillen, dem Durchbruch standen damals allerdings schlicht und einfach zu schwache Computer im Weg. Doch 2016 schien die Zeit reif und VR war erneut in aller Munde. Auch wir beobachteten die Entwicklungen mit Spannung, wurden aber beim Ausprobieren auf diversen Messen nicht wirklich überzeugt. Für mich geriet das Thema Virtual Reality daher erst einmal in den Hintergrund, bis ich schließlich vor einigen Monaten auf die Oculus Quest 2 aufmerksam wurde und nach einigen Tagen Recherche das Headset bestellte.

Als der Videospielkombinat-Blog im Jahr 2015 startete, befand sich unter unseren ersten Beiträgen auch ein VR-Infoartikel der damals brandaktuellen Headsets Oculus Rift, HTC Vive und PlayStation VR sowie eine kurz darauf erschienene Einschätzung zum Stand von Virtual Reality im Jahr 2016. Damals stellte ich die Behauptung auf, dass drei wichtige Aspekte für den Erfolg von Virtual Reality gegeben seien müssten:

  • Die Technologie muss bereit für den Markt sein. Die Hardware muss den Ansprüchen genügen und auf lange Sicht überzeugen. Das gilt vor allem für die direkt in den VR-Brillen eingebauten Komponenten.
  • Sowohl die Preise der Endgeräte als auch die zusätzlichen Investitionen sollten für eine möglichst hohe Anzahl an Nutzern bezahlbar bleiben.
  • Ein breit gefächertes Angebot an Inhalten für verschiedene Zielgruppen ist erforderlich, das in kurzen Zeitabständen kontinuierlich ausgebaut wird.

Wie sieht es im Dezember 2021 – also ganze fünf Jahre später – nun aus? Haben sich die Punkte bewahrheitet oder lag ich völlig falsch? In diesem Beitrag folgt meine Einschätzung zum aktuellen Stand von Virtual Reality sowie ein Eindruck meiner ersten Schritte in eine neue Art, Videospiele zu erleben.

Die Oculus Quest 2: Ein erschwinglicher Allrounder erobert die Welt

Mein größter Kritikpunkt an Virtual Reality in den letzten Jahren war die unumgängliche Verkabelung. Selbst bei den Messeständen, bei denen die Kabel über extra dafür konstruierte Halterungen über dem Spieler möglichst wenig störend verlegt wurden, fiel mir die Einschränkung der Bewegungsfreiheit stets negativ auf. Im VR-Beitrag von 2016 sprach ich von dreimal USB 3.0 und einmal USB 2.0, welches der heimische PC für die Oculus Rift unterstützen musste. Hinzu kam auch die Platzierung eines auffälligen Sensors, der die Bewegung des Kopfes im Raum festhalten würde. Alles in allem brauchte man meines Empfindens nach deutlich zu viel Schnickschnack, um Virtual Reality überhaupt zum Laufen zu bringen. Doch die Entwicklung schreitet wie in jedem technischen Bereich unfassbar schnell voran und Ende letzten Jahres veröffentlichen Oculus, die seit einigen Jahren zu Facebook/Meta gehören, mit der Oculus Quest 2 ein Headset, das es wirklich in sich hat!

Betrachten wir zuerst den offensichtlichen Fokus der Quest 2: Das VR-Headset funktioniert völlig eigenständig. Vorbei sind also die Zeiten, in denen man einen dicken Gaming-PC brauchte, um am VR-Erlebnis teilhaben zu können. Mit den Stand-Alone-Fähigkeiten einhergehend ist auch die Tatsache, dass das Headset kabellos betrieben werden kann, wodurch einer meiner größten Kritikpunkte direkt gestrichen werden kann. Zudem kommt hinzu, dass im Gegensatz zur Rift, den Brillen von HTC oder der Valve Index keine externen Geräte zur Bestimmung der genauen Position im Raum aufgestellt werden müssen. Soll heißen: Die Brille wird ausgepackt, eingeschaltet und man kann sofort losspielen. Jegliches Tracking funktioniert direkt durch die in dem Headset verbauten Kameras und Sensoren, die zudem noch einige wichtige Sicherheits-Features beherrschen. So sieht man beispielsweise seine Umgebung durch die Brille hindurch, sobald man sich aus der vorher definierten Safe Zone bewegt – sehr praktisch, um seine Controller nach dem Spielen abzulegen oder bei hektischen Situationen nicht versehentlich die teure Vase aus Meißener Porzellan der Oma zu erwischen.

Aus reiner Hardware-Sicht ist die Oculus Quest 2 meiner Meinung nach also ein rundum gelungenes Paket. Das Sichtfeld ist ausreichend groß, das nervige Pixel-Gitternetz ist verschwunden, kabelloses Tracking funktioniert einwandfrei und die Technik ist stark genug, um Titel wie Resident Evil 4 direkt On-Device laufen zu lassen. Punkt 1 auf der oben aufgeführten Liste können wir also abhaken und uns direkt Punkt 2 widmen: Den gesamten Kosten, bis man mit der Oculus Quest 2 loslegen kann. Headsets wie Valve Index kosten jenseits der 1000 € und benötigen zusätzlich noch ordentliche PC-Hardware. Bei den aktuellen Preisen ist man also durchaus bei 3000 €, was für viele wohl keine kleine Investition wäre. An dieser Stelle kann man Entwarnung geben! Die Oculus Quest 2 gibt’s für rund 350 € bei Amazon Frankreich (in Deutschland ist das Headset aufgrund eines Rechtsstreits aktuell offiziell nicht erhältlich) und man benötigt wie schon erwähnt keine zusätzliche Hardware. Damit ist das Headset also sogar deutlich unter den Preisen für PlayStation 5 und Xbox Series X und ordnet sich eher bei der Nintendo Switch ein. Zusammenfassend lässt sich Punkt 2 also auch streichen – die Quest 2 ist für mich beim Preis-Leistungs-Verhältnis sehr gut und die Anschaffung stellt kaum mehr eine Einstiegshürde in die VR-Welt dar.

Spiele & Anwendungen: Ein zweischneidiges Schwert

Die Hardware haben wir also abgehakt. Kommen wir nun zur Software-Seite und der Frage, wie es aktuell um die Quantität und Qualität der Inhalte bestimmt ist. „Ein breit gefächertes Angebot an Inhalten für verschiedene Zielgruppen ist erforderlich, das in kurzen Zeitabständen kontinuierlich ausgebaut wird.“ – der dritte von mir aufgeführte Punkt, der für den Erfolg von Virtual Reality ausschlaggebend sei. Zum Beginn der VR-Odyssey waren zwar recht gute Headsets erwerbbar, beim Angebot in den Stores sah es allerdings ziemlich dünn aus, was dazu führte, dass ein Kauf sich nur bedingt empfehlen ließ. Inzwischen gibt es diverse empfehlenswerte AAA-Titel – allen voran Half-Life: Alyx – eine gigantische Auswahl wie auf anderen Plattformen sucht man allerdings noch immer vergebens. Sicherlich liegt das auch daran, dass die Entwicklung von VR-Inhalten im Vergleich aufwändiger ist. Für den Endverbraucher, der einfach nur auf ein großes Repertoire an Erlebnissen zugreifen möchte möchte, ist das allerdings im Grunde egal.

Verglichen mit den Anfangsmonaten der verschiedenen VR-Plattformen gibt es insbesondere auf der Exklusivtitel-Front einige nennenswerte Additionen. Auch hier hat Oculus die Nase vorn, besonders weil die Quest-Headsets den Markt stark dominieren, was an über 40% Anteil an allen bei Steam genutzten Headsets ersichtlich wird. So erschien Resident Evil 4 beispielsweise exklusiv für die Quest 2 und auch die kommende VR-Adaption von Grand Theft Auto: San Andreas wird vorerst nur für die Meta-Brillen veröffentlicht. Meine persönliche Reise in die virtuelle Realität begann mit Ausflügen ins kompetitive Multiplayer-Teamspiel Echo VR,  bevor ich mich mit Air Link auch an PC-VR-Games wagte. Jawohl, richtig gehört – die Oculus Quest 2 beherrscht auch die drahtlose Verbindung zu einem PC und bietet damit Zugriff auf die stetig wachsende Bibliothek von VR-Titeln auf der größten Spieleplattform des PCs. Man könnte also durchaus behaupten, dass ich so das beste aus beiden Welten erleben konnte. Denn mithilfe meines PCs erwarb ich den Zombie-Shooter Arizona Sunshine günstig im Steam-Herbst-Sale und hatte im Koop viele Lachmomente. Erfreulich ist, dass diverse Titel – wie etwa auch Walkabout Minigolf – Crossplay zwischen dem Oculus Store und Steam VR ermöglichen. So wird die ohnehin schon recht überschaubare Community wenigstens nicht noch weiter zerstückelt.

Neben den offiziellen Virtual-Reality-Erlebnissen gibt es natürlich noch diverse „normale“ Spiele, die nachträglich oder als zusätzliches Feature die VR-Funktionalität spendiert bekommen haben. Auch Modifikationen für beliebte Dauerbrennen wie Minecraft und Co. finden sich zuhauf. Persönlich beschränkte ich mich bisher auf Spiele und Applikationen, die von Grund auf für VR-Plattformen entwickelt wurden, da dort das Gameplay natürlich auf die Möglichkeiten der deutlich höheren Immersion angepasst sind. Wenn man vom Koop-Partner in der letzten Sekunde Munition zugeworfen bekommt, um die nahenden Zombies zu erledigen, sich in der Schwerelosigkeit ein packendes Frisbee-Duell liefert oder beim Minigolf den Putter behutsam zum letzten Schlag ansetzt, sind das einfach auch für Vollzeit-Zocker ein völlig neues Erlebnis. Auch Google Earth macht aus der Perspektive eines Riesen einiges her. Inzwischen ist die Hardware ausgereift und preislich auf einem guten Niveau, die Software-Front ist noch nicht perfekt aber durchaus annehmbar. Für mich als Vielspieler ermöglichte der Kauf der Oculus Quest 2 das Eintauchen in vollkommen neue Welten und ich bin froh, den Schritt gewagt zu haben.

Mein Fazit zu VR 2021 und der Oculus Quest 2:

Seitdem ich eine eigene VR-Brille habe, ist mir noch klarer geworden, dass Virtual Reality auf Messen nicht sonderlich gut funktioniert. Binnen zehn Minuten die Brille ordentlich aufsetzen, die Steuerung halbwegs verinnerlichen und dann auch noch spielen – das klappt nur selten. Man muss sich schon ein wenig Zeit nehmen, um in die virtuelle Realität einzutauchen. Die Einstiegshürde ist also höher als bei klassischen Videospiel-Erfahrungen, die Immersion dafür allerdings zugleich umso größer.

Virtual Reality hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und Oculus hat mit der Quest-Reihe einen waschechten schlafenden Riesen geweckt. Das große Interesse der Käufer und die schon jetzt hohe Verbreitung des Allround-Headsets lässt darauf schließen, dass der Markt nur darauf gewartet hat, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Und wie ich bereits erwähnte, ist dies insbesondere bei der Quest 2 gegeben. Und nicht nur das – dank zahlreicher Software-Updates werden kontinuierlich neue Funktionen hinzugefügt und bereits bestehende verbessert. Insgesamt sehr vorbildlich.

In den wenigen Wochen, die ich bisher in VR unterwegs war, konnte ich sitzend mit klassischem Gamepad in der Hand mit Trover das Univesum retten, Endzeit-Level durchstreifen und dabei Zombies erledigen, kompetitive Frisbee-Matches im Weltall austragen und auf einer Pirateninsel im Minigolf mein Können beweisen. Ein derart diverses Portfolio in Sachen Bedienungsmethoden und Szenarien erlebe ich in so kurzer Zeit normalerweise selten. Klar – die Technik ist für mich neu und es gibt viel zu lernen und zu entdecken. Mal schauen, wie mein Enthusiasmus in ein paar Monaten aussieht. Ich bin guter Dinge, dass VR bei mir ein ständiger Begleiter im Gaming-Bereich bleibt.

Mit der Oculus Quest 2 – ja, ich nenne sie noch nicht Meta Quest – ist jeder gut beraten, der sich der virtuellen Realität hingezogen fühlt. Der Bildschirm ist scharf genug, um Pixelgitter zu vermeiden, die Controller und das Tracking funktionieren tadellos und die Kombination aus Standalone-VR und der Möglichkeit, drahtlos per Air Link oder klassisch mit einem Kabel auf den PC zuzugreifen, ermöglicht die Nutzung der zwei größten Stores und so das beste aus beiden Welten. Die drei von mir aufgestellten Erfolgsfaktoren von vor fünf Jahren kann man inzwischen durchaus als gegeben betrachten. Virtual Reality ist definitiv erwachsen geworden.