Trackmania: Eine Rutschpartie zwischen nötigem Fortschritt und neuem Unsinn

Trackmania Banner

Es ist ziemlich egal, welches Jahr wir schreiben oder welche Spiele gerade topaktuell und in aller Munde sind – Trackmania wird für mich ähnlich wie World of Warcraft, Counter-Strike und Minecraft einfach immer „da“ sein. Meine erste Zeitenjagd im serientypischen Stadion mit sattgrünem Rasen und skuril-futuristschen Strecken ohne Bezug zur Realität beging ich damals tatsächlich noch auf einem Röhrenmonitor. Später folgten dann Events mit vielen mir bekannten Kontrahenten, bei denen die Hatz nach der Bestzeit natürlich noch viel motivierender war. Die Serienableger, die neues wagten, wurden von mir zumeist gekonnt ignoriert. Das neueste Trackmania besinnt sich nun wieder auf alte Stärken und könnte damit genau meinen Geschmack treffen.

Ein wenig seltsam geschah die Veröffentlichung von Trackmania irgendwie schon. Kaum Werbung, kaum Aufmerksamkeit und scheinbar auch kaum Interesse seitens der Spieler. Zumindest kam es mir so vor – ich habe jedenfalls selten zu einer auf dem PC bekannten und durchaus beliebten Marke derart wenig Hype gesehen. Unter anderem liegt das wohl daran, dass Trackmania mit einem sehr konfusen Einstieg schon von Beginn an ins Stolpern gerät und die wenigen Schlagzeilen, die man zu lesen bekam, eher negativer Natur waren. Haben wir es also erneut mit einem Maniaplanet-Fiasko zu tun oder hat das Spiel etwas auf dem Kasten? Seit Erscheinen am 1. Juli 2020 habe ich nahezu täglich einige Runden gedreht und dabei sowohl gejubelt als auch geflucht. Und das aus gleich mehreren Gründen.

Rufen wir noch einmal kurz ins Gedächtnis, was Maniaplanet eigentlich ist und warum es aus unserer Sicht eher nervig als praktisch war. Aus Maniaplanet sollte eine Schnittstelle zwischen den Spielen von Nadeo werden – neben Trackmania wurde also auch der durchaus spielenswerte und leider viel zu wenig beachtete Competitive-Shooter Shootmania auf der Plattform aufbauen. Dazu sollte sich später auch noch ein Rollenspiel gesellen, welches allerdings nie das Licht der Welt erblickte. Das größte Problem von Maniaplanet war meiner Meinung nach vor allem das unübersichtliche Design des Interfaces und der gefühlt kontinuierliche Beta-Status. Irgendwie kam einem das System nie wirklich fertig vor und Freundeslisten wurden schon damals viel besser über Steam und Co. verwaltet. Glücklicherweise fußt das neue Trackmania nun auf Ubisofts Uplay, welches deutlich etablierter ist und insgesamt für ein viel runderes und komfortables Gefühl vor dem Start des ersten Rennens sorgt.

Ist man dann erst einmal auf seiner allerersten Strecke angekommen, fühlt sich Trackmania für Kenner der Serie sehr bekannt an. Noch immer hält das große und mit sehr gepflegtem Grün bedeckte Stadion als Standort für die Kurse her, die mit ihrer zumeist hellweißen Fahrbahn glatt aus einem futuristischen Kinostreifen stammen könnten. Auch das Fahrgefühl bewegt sich noch immer auf einer sehr arcadigen Schiene – sowohl die Beschleunigung als auch die irrwitzige Höchstgeschwindigkeit und das ultrapräzise Kurvenverhalten sind ein Alleinstellungsmerkmal von Trackmania und werden besonders Rennspiel-Freunde, die ansonsten eher im Simulationsbereich unterwegs sind, zu Beginn recht seltsam vorkommen. Doch nach einiger Eingewöhnungszeit sehen sich Veteranen und Frischlinge gleichermaßen motiviert, doch noch die letzten Millisekunden aus der Strecke herauszuholen und auf der heiß umkämpften Rangliste nach oben aufzusteigen.

Typisch für Trackmania liegt dabei der Fokus einzig und allein auf Zeitrennen. Im Singleplayer stehen dafür verschiedene KI-Zeiten fest, die es für Medaillen zu schlagen gilt. Im Multiplayer tritt man dann gegen andere Spieler auf diversen Strecken an, um sich innerhalb von fünf Minuten eine Bestzeit zu sichern und damit auf dem Treppchen möglichst weit oben zu stehen. Zwar kommen einem die wenigen Minuten, die man auf einer Strecke verbringt, anfangs ein wenig kurz vor. Allerdings stört dies spätestens beim zweiten Fahren eines Kurses, wenn die Eingewöhnungszeit wegfällt, kaum noch. Das liegt auch daran, dass die offiziellen Strecken von Nadeo bisher allesamt sehr übersichtlich gestaltet sind und sich bis auf wenige Stellen ziemlich schnell verinnerlichen lassen. Sobald man einen Kurs einmal abschließt, hat man schon ein gutes Bild und kann sich direkt ans Erreichen einer ordentlichen Zeit machen. Motivierend ist hierbei nach wie vor auch die Lackierung der Fahrzeuge mit den Flaggen der Herkunftsländer der Fahrer – es kann ja schließlich nicht sein, dass die Franzosen mit drei Bestzeiten die Tabelle anführen!

Trackmania Rutschen

Also eigentlich alles beim Alten? Nun, ein paar Neuerungen gibt es dann abseits der Tatsache, dass wir den Maniaplanet los sind, doch noch. Zum einen wäre da das deutlich aufgeräumtere Interface, dass sich besonders während des Fahrens bemerkbar macht. Wo in Trackmania Nations Forever, dem Teil, den wohl die meisten von uns am längsten gespielt haben, das Spiel noch von unzähligen und teilweise sehr unnötigen Elementen verdeckt wurde, wirkt hier jetzt alles sehr schlicht. Dem Spieler werden nur die nötigsten Infos eingeblendet. Neben der Geschwindigkeitsanzeige direkt am Heck des Fahrzeugs gibt es gut im Blickfeld noch die Einblendung der aktuellen Zeit und Platzierung – das war’s. Eine schöne Sache, denn bei Trackmania muss man sich so schon genug konzentrieren, überflüssige Anzeigen würden hier nur stören. Im Hauptmenü tun sich beim entschlackten Interface allerdings auch negative Seiten auf – hier würde der eine oder andere Tooltip nicht schaden. Stattdessen erklären sich einige Modi erst, wenn man sie spielt. Und auch Übersichten über die Bestzeiten von Freunden auf den jeweiligen Strecken und auf Wunsch zuschaltbare Geisterfahrer sucht man noch vergebens. Am Gameplay selbst hat sich indes recht wenig getan, hier bekommt man es lediglich mit neuen Fahrbahnen, wie der oben zu sehenden sehr rutschigen Eisstrecke, zu tun. Macht aber nichts, die alten Features reichen auch heutzutage noch, um reichlich Komplexität ins Streckendesign zu bringen.

Natürlich wurde auch die technische Seite des Spiels auf eine moderne Ebene angehoben. Zwar gewinnt Trackmania sicherlich noch immer keine Preise für herausragende Next-Gen-Optik, allerdings sind besonders die Texturen deutlich schärfer als früher und auch die Licht- und Schatteneffekte können sich sehen lassen. Wunderbar flüssig läuft das Spiel obendrein auch noch – und mehr braucht man bei einem extrem schnellen Rennspiel ja auch eigentlich gar nicht. Viel Zeit, sich die Umgebung anzuschauen, bleibt nämlich sowieso nicht. Beim Sound darf man derweil allerdings nicht zu viel erwarten. Zwar klingen die Fahrzeuge mit ihren röhrenden Motoren, die ein wenig an die Formel 1 erinnern, schön kräftig, eine große Palette an tonalen Einflüssen findet man aber nicht. Die Musikuntermalung treibt mit eingängigen Rhythmen indes das Geschehen recht passend an.

Kommen wir nun zum Elefant im Raum und dem wohl größten Kritikpunkt am neuen Trackmania – dem Bezahlsystem. Auf der offiziellen Übersichtsseite über die verschiedenen Versionen des Spiels bekommt man schon einen ersten Eindruck davon, mit welcher verwirrenden Vielfalt an Optionen man beim Kauf konfrontiert wird. Beim Überfliegen fällt sofort auf: Selbst mit der teuersten Variante für 60 € bekommt man Trackmania lediglich für drei Jahre. Zwar darf man einen Teil der Strecken behalten, allerdings ist das System hier sehr undurchsichtig und man hat als Käufer absolut keinen guten Eindruck davon, was nun am Ende wirklich übrig bleibt. Erfreulich ist zwar, dass man mit der kostenfreien Starter Edition sehr gut ins Spiel reinschauen und sowohl Einzelspieler- als auch Mehrspieler-Modi ohne Hürden anzocken kann, nichtsdestotrotz wäre ein vereinfachter Einstieg ins Spiel wünschenswert.

Trackmania Rennen

Mein Fazit zu Trackmania:

Vergleicht man das neue Trackmania mit seinem Vorgänger Trackmania Turbo, kommt man schon etwas ins Grübeln. Dort gab neben dem Stadion noch viele weitere Umgebungen, einen Streckengenerator, deutlich mehr Kurse zu Beginn und insgesamt scheint Turbo schlicht und einfach das um Längen umfangreichere Spiel zu sein. Und auch das Bezahlsystem ist beim aktuellen Ableger alles andere als gut gelungen.

Macht dies Trackmania nun zu einem schlechten Spiel? Beileibe nicht! Denn mit dem Wegfall von Maniaplanet, der Modernisierung des Interfaces und dem unkomplizierten Mehrspieler, bei welchem man ohne große Umstände auch mit Freunden zusammen zocken kann, sind die Rennen von der ersten Sekunde an unterhaltsam. Trackmania kehrt mit der Neuauflage zu seinen Wurzeln zurück. Die Hochgeschwindigkeitsduelle unterscheiden sich zwar kaum von alten Teilen der Reihe, für einen ordentlichen Adrenalinrausch sorgen sie aber trotzdem genauso gut wie damals. Ich empfehle somit jedem, der auch nur einen Hauch von Interesse verspürt, sich die kostenfreie Starter Edition bei Uplay herunterzuladen und das Spiel auszuprobieren.

Derzeit sind Xbox One, PlayStation 4 und Nintendo Switch noch außen vor – unser Quotenkonsolenspieler RememberReach muss sich also weiterhin mit Forza Horizon 4 begnügen.