Fall Guys: Ultimate Knockout – Das Dilemma des komprimierten Battle Royale

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Als ich Fall Guys zum ersten Mal sah, war mein Interesse sofort geweckt. Sowohl die visuelle Gestaltung als auch das chaotische Multiplayer-Gameplay, welches schon in den wenigen Sekunden der gezeigten Szenen sehr lustig aussah, ließen mich gespannt auf die erste eigene Anspiel-Session warten. Im Rahmen der Technical Beta hatten wir nun endlich die Möglichkeit, das Spiel auszuprobieren und uns ein eigenes Bild zu machen. Und dabei fiel auf, dass Fall Guys ein großes Problem plagt, das wohlmöglich dafür sorgen könnte, dass vielen Spielern schon nach kurzer Zeit die Lust vergeht.

Hinweis: Die von uns gespielte Beta-Version von Fall Guys: Ultimate Knockout repräsentiert nicht das komplette Spiel. Wir gehen im folgenden Beitrag auf einige Designentscheidungen ein, die sich bis zur Veröffentlichung am gestrigen 4. August 2020 nicht mehr geändert haben.

Wir alle erinnern uns noch an Takeshi’s Castle – rein objektiv gesehen eine der besten Sendungen, die es im TV der 2000er gab. Den Hindernisstrecken, durch die sich zumeist sehr ahnungslos wirkende Japaner schlängeln mussten, am Fernseher beizuwohnen und der fantastischen Moderation zu lauschen war schlicht und einfach ein grandioses Unterhaltungserlebnis. Fall Guys überträgt den witzigen Parcourirrsinn nun in die Welt der Videospiele und lässt uns die Kontrolle übernehmen. Und weil es alleine dann doch ein wenig zu öde wäre, duellieren wir uns mit bis zu 60 anderen Spielern – und das gleichzeitig auf einer Karte!

Nachdem wir unsere plumpe Spielfigur ein wenig farblich angepasst haben, stürzen wir uns auch schon rein ins Geschehen. Sobald das Matchmaking-System eine gewisse Anzahl an Spielern gefunden und miteinander verbunden hat, geht es los und die erste Map wird zufällig ausgewählt. Haben alle Spieler das entsprechende Areal geladen, startet eine kurze Kamerafahrt, die bereits einen guten ersten Überblick über die Hindernisse und Herausforderungen verschafft, denen wir uns in den folgenden Minuten stellen müssen. Alle 60 Spieler stehen nun fein säuberlich aufgereiht am Start und der Countdown beginnt. Mit einem Mal rennen alle los und kämpfen um einen der vorderen Plätze – denn die letzten Spieler einer jeden Runde scheiden aus, bis am Ende nur noch ein Sieger übrig bleibt.

Rein spielerisch ist Fall Guys dabei recht genügsam und erinnert im Gefühl, welches die Figur vermittelt und die leichte Schwammigkeit, mir der sie sich steuert, häufig an den Brawler Gang Beasts oder das im Koop sehr belustigende Human: Fall Flat. Im dreidimensionalen Raum steuert man die ein wenig behäbige Figur umher und wird dabei mit einer absichtlich „wobbeligen“ Physiksimulation konfrontiert. Besonders auffällig ist diese auch beim Springen oder dem oftmals lebensrettenden Hechtsprung, bei dem man zwar weit nach vorne kommt aber gleichzeitig auch einige Sekunden am Boden liegen bleibt. Überhaupt küsst man im Gedränge mit dem Gesicht recht häufig den Untergrund – der Name Fall Guys bezieht sich wohl nicht nur auf das Fallen von der Karte.

Fall Guys Wippen

Grundsätzlich machen die Runden ordentlich Laune. Zwar wird man auch ab und an gerne von einem Mitspieler direkt zum Start von einer Plattform gezogen und scheidet so nach wenigen Augenblicken aus dem Match aus, sofern man einen halbwegs guten Start hingelegt hat, ist das Gewusel mit der Traube an Kontrahenten aber durchaus spaßig. Das große Problem und der Punkt, der mich an Fall Guys ungemein stört, liegt allerdings genau hier – im grundsätzlichen Aufbau des Spiels. Denn der virtuelle Tod gehört wie in jedem anderen Battle Royale natürlich dazu, durch die kurze Dauer der Runden und die danach folgenden Wartezeiten findet man sich aber zu häufig in der Situation wieder, dass man länger in Warteschlagen und Ladebildschirmen sitzt als das eigentliche Spiel zu spielen.

Nun könnte man an dieser Stelle natürlich die These aufstellen, dass ich einfach zu schlecht für Fall Guys und deshalb recht häufig direkt in der ersten Runde ausgeschieden bin. Allerdings verbirgt sich darin direkt der zweite Schwachpunkt des Spiels. Je öfter man eine Karte sieht, desto bessere Routen und Tricks entdeckt man selbstverständlich auch. So haben Spielanfänger einen gehörigen Nachteil denen gegenüber, die Fall Guys schon eine ganze Weile spielen. Gleichzeitig transformiert sich das chaotische Herumhüpfen für Veteranen eher zum Abarbeiten des besten Laufweges, die anfänglich erwähnte Ahnungslosigkeit und das Nichtwissen des besagten Japaners bei Takeshi’s Castle verblassen somit nach und nach. In den meisten Modi wirkt Fall Guys dann eher wie ein sich sehr schwammig steuerndes Rennspiel auf seltsamen Kursen mit viel zu vielen Gegnern.

Klar, ähnliche Probleme plagen auch andere Vertreter des Battle-Royale-Genres. Doch Fortnite, Warzone und Co. setzen auf einen völlig anderen Spielfluss, was sich unter anderem in durchschnittlich längeren Runden bemerkbar macht. Das sorgt dafür, dass man deutlich seltener im Hauptmenü oder Endscreen einer Runde Wartezeiten forciert. Und obwohl auch bei Fortnite das Kennen der Karte einige Vorteile bereithält, fallen diese wesentlich geringer aus als bei Fall Guys. Der einfache Grund dafür ist der, dass man hier nicht wirklich gegeneinander spielt. Stattdessen gleicht Fall Guys eher einem kompetitiven Miteinander – alle Spieler machen sich nach dem Countdown auf der gleichen Strecke auf zum gleichen Ziel. Die kurze Dauer der Runden eignen sich zwar zum einen für Gelegenheitsspieler, zum anderen werden eben diese aber auch von daraus resultierender Warterei schnell die weniger gelungenen Seiten des Spiels erkennen.

Fall Guys Tore

Mein Ersteindruck zu Fall Guys: Ultimate Knockout:

Fall Guys besticht zu Beginn mit seinem quietschbunten Look und dem für viele besonders auf YouTube und Twitch unterhaltsam anzusehende Spiele typischen „whacky“ Gameplay. Es kommen allerdings recht schnell zwei Probleme zum Vorschein, die die Lust am Spielen drastisch mindern. Zum einen ist man besonders als Anfänger öfter am Warten als am Spielen, zum anderen sind die Karten nach mehrmaligem Spielen deutlich zu vorhersehbar. Hinzu gesellen sich indes auch völlig unausbalancierte Modi, die zum Teil derart einfach sind, dass immer alle überleben und in die nächste Runde kommen. Hier muss dringend nachgeschraubt werden, was mit einer Betaphase weit vor der Veröffentlichung sicherlich schon bemerkbar gewesen wäre.

Wie könnte man die Probleme denn nun lösen? Die Implementierung von willkürlich auftretenden Events auf den Karten oder zufallsgenerierte Abschnitte, die jedes Mal vor einem Match anders zusammengefügt werden, damit sich keine Runde wie die vorherige anfühlt, wären ein erster Schritt in die richtige Richtung. Außerdem müsste das Design abseits vom Gameplay geändert werden – warum kann ich, nachdem ich ein Spiel verloren habe, als Zuschauer nicht schon nach einem neuen Match suchen und direkt mit einer Ladezeit in dieses geworfen werden, sobald genug Spieler bereit sind? Das würde den langwierigen Wechsel zurück ins Hauptmenü, die Punkteauswertung und das anschließende Warten deutlich entspannen. Ich bin beileibe kein Gamedesigner, gleichwohl behaupte ich, dass beide Ideen den Unterhaltungswert ungemein steigern könnten.

Während Fall Guys bei Polygon als „the perfect chaotic battle royale“ bezeichnet wird, sehen wir noch gehörig Luft nach oben. Zwar ist die Grundidee lustig und unterhält besonders mit Freunden für einige Stunden, für langanhaltenden Spielspaß ist Fall Guys meiner Meinung nach noch zu Schwach auf der Brust. Es bleibt spannend zu sehen, wie regelmäßig das Spiel nun nach der Veröffentlichung mit neuen Inhalten versorgt und wie sehr auf Kritiken eingegangen wird. Schauen wir mal, ob Fall Guys: Ultimate Knockout irgendwann zurecht in einem Satz mit „Perfektion“ erscheint.