Red Dead Redemption 2: Ein kinoreifes Wild-West-Epos

Als Red Dead Redemption 2 im Herbst letzten Jahres erschien, waren die Erwartungen an Rockstars Western-Drama gigantisch. Nicht zuletzt musste es sich mit seinem Vorgänger aus dem Jahr 2010 und einer Reihe an anderen Open-World-Abenteuern aus dem Hause Rockstar Games messen. Diese konnten zuletzt immer wieder durch tolle Singleplayer sowie große und lebhafte Spielwelten überzeugen. Zwar gab es an Rockstars letztem großen Spiel, Grand Theft Auto V, bereits einige Makel, dennoch waren die Fußstapfen groß, die Red Dead Redemption 2 zu füllen hatte. Ob das Wild-West-Adventure den Erwartungen gerecht werden kann, wird in dieser Review näher beleuchtet.

Vorweg möchte ich eines klarstellen: Red Dead Redemption 2 ist ein umfangreiches Spiel, für das man Zeit aufbringen können sollte. Denn erst nach einem langwierigen und ermüdenden Intro fängt die Handlung an Fahrt aufzunehmen. Nach einem gescheiterten Raubüberfall bereisen wir den Wilden Westen, stets auf der Flucht vor Staatsbeamten, zusammen mit unserer Gang. Um die Truppe mit Nahrung zu versorgen und Geld für die Gemeinschaftskasse zu erwirtschaften, begeben wir uns regelmäßig auf Missionen. Dabei lernen wir nach und nach unsere Begleiter kennen. Dies geschieht mit anfangs ungewohnt langsamen Pacing. Der Aufbau von Beziehungen zwischen den Akteuren wird dadurch aber realistischer und glaubwürdiger. Mit der Zeit liegen uns selbst Nebencharaktere wirklich am Herzen.

Bauen wir eine Bindung zu den Begleitern auf, werden spezifische Aufträge freigeschalten. Dabei spielt aber auch das Verhalten des Spielers eine wichtige Rolle. Wie bereits der Vorgänger verfügt Red Dead Redemption 2 über eine Mechanik, welche den Ruf ermitteln. Spielt man ehrenvoll steigt der Ruf. Verhält man sich dagegen wie ein rücksichtsloser Gauner sinkt dieser. Gutes Verhalten spiegelt sich auch im Umfeld wieder und ist sogar bis zum Epilog spürbar. Wer es bevorzugt, kann allerdings auch den unehrenhaften Bösewicht raushängen lassen, auch wenn dies hoffentlich die wenigsten tun.

Allgemein bietet Red Dead Redemption 2 eine unfassbar tolle und dynamische Spielwelt. Sie ist voller zum verweilen einladender Landschaften, lebendiger Tier- und Pflanzenwelt und unzähligen Entdeckungen. Und auch hier muss der Realismus, welchen das Spiel an den Tag legt, positiv hervorgehoben werden. Anders als in einem The Witcher 3 oder Assassin’s Creed Odyssey ist das nächste Engagement nicht 30 Sekunden entfernt. Stattdessen reitet man im Spiel auch mal längere Zeit durch die Prärie oder ein Waldgebiet und kann die Spielwelt genießen. Dies klingt zwar erst einmal langweilig, macht die Welt aber deutlich glaubhafter. Auch passen die Ritte irgendwie in die damalige weniger schnelllebige Zeit. Die Reiseabschnitte durch die Spielwelt sind dabei kinoreif inszeniert und heben die tollen Umgebungen hervor. Die Hin- und Rückwege zu Missionsschauplätzen werden dabei teils sinnvoll geschnitten, sollten sie zu lange ausfallen. Die Reisen durch die malerische Umgebung werden durch stilvolle Musik untermauert. Sowohl das Sounddesign als auch der Soundtrack sind exzellent gewählt und einfach stimmig.

Das Gameplay und die Missionsstruktur bauen auf dem Vorgänger auf. Viele Waffen aus Red Dead Redemption kehren zurück, ebenso das Dead-Eye-System und Verbrauchsgegenstände wie Nahrung, Medizin, Tonika und Alkohol. Neu ist dabei die Option so gut wie überall ein Lager aufzuschlagen und unzählige Gegenstände durch das umfangreiche Crafting-System selbst herstellen zu können. Das Waffenhandling empfand ich anfangs als ungewohnt und träge, gewöhnte mich aber überraschend schnell daran. Ein paar Rollenspieleinflüsse gibt es ebenfalls. Durch längeres Spielen aber auch Ausrüstungsgegenstände erhöht man Dead Eye, die Ausdauer und die Gesundheit.

Ein weiteres positives Argument für Red Dead Redemption 2 ist der große Umfang. Alleine die Hauptstory nimmt bis zu 50 Stunden ein und fühlt sich dabei nicht unnötig gestreckt an. Drumherum gibt es viele mittlere und kleinere Missionen und Aufgaben zu erfüllen, welche – typisch für Rockstar Spiele – alle zu einer 100% Spielgesamtwertung beitragen. Selbst die Nebenaufgaben sind kinoreif inszeniert und können sich mit den Hauptmissionen anderer Spiele messen. Von wilden Schießereien über Kutschen-Diebstähle bis hin zum Sammeln seltener Pflanzen gibt es immer etwas zu tun. Hinzu kommt noch der Mehrspieler. Mit Red Dead Redemption Online wird sich dieser Artikel aber nicht befassen.

Jedes tolle Spiel hat hier und da natürlich auch ein paar Schwächen. Dazu gehören kleinere Bugs, die uns hin und wieder treffen. Diese sind vornehmlich aber eher lustig, wie z.B. eine Kutsche, die über einem Objekt spawnt und in der Luft hängt. Fehler, welche den Spielfluss stoppten, hatte ich dagegen nicht. Schwierigkeiten bereitet auch das Pferd, welches sehr träge ist. Im schnellen Galopp stößt man ab und an gegen Objekte oder andere Reiter und stürzt. Dies ist wahrscheinlich realistisch, stoppt den Spielfluss aber immer wieder und senkt den Spaßfaktor. Außerdem gibt es noch klassische Spielfehler, die teilweise bis heute nicht gepatcht werden konnten. Beim Auf- und Abstieg auf das Pferd verschwindet gerne einmal die aktuell ausgerüstete Waffen. Die Wiederauswahl des geliebten Schießeisens mag zwar nur eine halbe Sekunde dauern, doch die Sekunden addieren sich auf und lassen einen nur entnervt zurück.

Mein Fazit zu Red Dead Redemption 2:

Red Dead Redemption 2 bietet dank interessanter und glaubhafter Charaktere eine unfassbar fesselnde Story. Die gigantische Spielwelt lädt zum verweilen ein und könnte glatt aus einem Bildband stammen. Es gibt Unmengen an Spielinhalten, welche stets qualitativ und durchdacht wirken. Dabei können auch kleine Macken und das langwierige Intro verziehen werden. Das Spiel ist einfach so stimmig inszeniert, dass ich es nur jedem empfehlen kann.

Red Dead Redemption 2 ist für PlayStation 4 und Xbox One erhältlich. Eine PC-Version wird am 05. November 2019 folgen.

Das Spiel wurde von mir auf der Xbox One S getestet.