Of Blades & Tails: Als Schlaufuchs auf abenteuerlicher Mission

Of Blades & Tails Banner

Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen, dass ich Of Blades & Tails mögen sollte. Der Rollenspiel-Ansatz mit offener Welt, Quests und taktischen Kämpfen – und all das verpackt in ein Indie-Abenteuer. Alles das weckte mein Interesse sofort. Zugleich gibt es auch einige Aspekte des Spiels, die mich nicht direkt abholten. Zum einen wäre da die Pixel-Optik. Was zu der Anfangszeit der modernen Indie-Games vielleicht noch neu und ungewohnt war, hat sich inzwischen zu einem zu oft vorkommenden Einheitsbrei entwickelt. Und auch das rundenbasierte Kampfsystem traf meinen Nerv nicht auf Anhieb, sorgt es doch bei manchen Spielen für unnötig langatmige Abschnitte. Im Test wurde ich an diversen Stellen überrascht und komme schlussendlich zu einem anderen Fazit, als mein Ersteindruck vermuten ließ.

Wie stolpert man in den Weiten des Internets über neue und weitestgehend unbekannte Spiele? Sobald ein Titel die Startseite von Steam erreicht, ist er nicht sonderlich frisch und wurde zumeist schon zuhauf im Netz besprochen. Und auch die altbekannten Newsseiten, YouTuber und Streamer greifen zumeist nur recht erwartbare Spiele auf. Nur selten wagt man sich hier in wirklich neue Gefilde – was schlussendlich meist den geldbringenden Klicks geschuldet sein dürfte. Doch all das interessiert uns hier beim Videospielkombinat nicht. Wir schreiben, weil wir Spaß daran haben und berichten über Spiele, wenn wir sie spannend genug finden, um darüber zu berichten!

Dementsprechend freue ich mich immer sehr, wenn ein mir unbekanntes Spiel im Postfach auftaucht. Noch erfreulicher ist es dann, wenn das besagte Spiel mein Interesse weckt und mich dazu veranlasst, einen tieferen Blick hinein zu wagen – denn dann entdecke ich oftmals kleine und große Perlen!

Hinweis: Ein Review-Key von Of Blades & Tails wurde uns zur Verfügung gestellt.

Nach einem kurzen Videointro, das uns die interessante Vorgeschichte und das Setting von Of Blades & Tails näher bringt und gleichzeitig auch die Fantasiesprache präsentiert, mit der in der Welt des Spiels gesprochen wird, geht es auch schon los und wir können fortan mehr oder weniger frei entscheiden, wie es weiter geht. Of Blades & Tails verzichtet auf umfangreiche, den Spieler einengende Tutorials, oder eine ellenlange Einleitung. Stattdessen gewährt das Spiel direkt zu Beginn viele Freiheiten – und bietet dennoch einen roten Faden. Man weiß also durchaus, was die erste Aufgabe ist, der man nachgehen sollte: Das Besuchen einer nahegelegenen kleinen Siedlung von Füchsen, die – wie du sicherlich schon bemerkt hast – recht humanoid daher kommen und dementsprechend auch mittelalterliche Fantasy-Waffen und -Rüstungen tragen und in klassischen Häusern wohnen.

Angekommen im Dorf fiel mir bei den ersten Dialogen auf, dass Of Blades & Tails etwas bietet, was ich in vielen Indie-Games schmerzlich vermisse: Eine „kleine“ Art von Vertonung der Figuren. Zwar geschieht der verbale Austausch lediglich über Texte, doch den Charakteren wird mit kleinen verbalen Ausdrücken eine Stimme und damit eine Persönlichkeit verliehen. Ähnlich ist es zum Beispiel auch in Hollow Knight – einem meiner Indie-Lieblinge, auf dessen Nachfolger wir nun alle seit vielen Jahren warten. Die schöne Gestaltung der Umgebung, der farbenfrohe Pixelstil und die dichten Wälder, in denen sich die Fuchssiedlung befindet – all das sorgte schnell dafür, dass mich Of Blades & Tails atmosphärisch überzeugte und mich die Welt in ihren Bann zog. Ich hatte einfach Lust darauf, auf Erkundung zu gehen und mich den Herausforderungen zu stellen, die sie mir entgegenstellen würde – ein sehr gutes Zeichen für ein Rollenspiel!

Was meine Freude am Entdecken ein wenig dämpfte, war die schnelle Realisation, dass die Welt von Of Blades & Tails nicht komplett offen ist, sondern in quadratische Segmente unterteilt ist, an deren Rand man dann das nächstgelegene Areal betritt. Da ich ein großer Freund von nahtlosen offenen Welten und möglichst wenigen Ladeunterbrechungen bin, missfällt mir das selbstverständlich ein wenig. Es sorgt aber gleichzeitig dafür, dass die Umgebungen übersichtlicher werden und das Erforschen besser planbar wird – denn auf der Karte wird die Schwierigkeit eines jeden Quadrats angezeigt. Gleichzeitig sieht man auch, wie viele besondere Orte sich in einem Gebiet befinden – Spieler, die Welten gerne komplett erkunden, können sich hier dann natürlich fantastisch an den Koordinaten orientieren und die einzelnen Segmente nach und nach abarbeiten. An dieser Stelle gehen die Geschmäcker definitiv auseinander und nicht allen wird das Design der fragmentierten Welt von Of Blades & Tails auf Anhieb zusagen.

Of Blades & Tails Menüs

Die wohl größte Besonderheit von Of Blades & Tails habe ich bisher noch gar nicht erwähnt. Denn das Spiel läuft nicht etwa in Echtzeit ab, wie man es vermuten könnte, sondern setzt vollständig auf ein rundenbasiertes Spielkonzept – auch außerhalb des Kampfes! Anders als in etwa Divinity: Original Sin oder Baldur’s Gate wird somit also nicht nur im Kampf auf Runden umgeschaltet. Sobald man sich nicht bewegt, vergeht die Zeit um einen herum auch einfach nicht! Was aus den Kämpfen sehr taktische Aufeinandertreffen macht, sorgt auch abseits dieser für einige interessante Gegebenheiten. Denn man kann nicht einfach warten, bis eine zeitbeanspruchende Heilung vollzogen ist. Stattdessen muss man sich eben auch selber bewegen, damit die Zeit verstreicht und das Mittel seine Wirkung entfaltet.

An dieser Stelle empfehle ich jedem, in den Optionen zu aktivieren, dass die Spielfigur stehen bleibt, sobald ein Gegner einen gesehen hat – denn nur so kann man sich optimal auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten und wird nicht plötzlich beim Spaziergang durch ein Wäldchen von dutzenden Feinden umgarnt. Langsames und überlegtes Vorgehen ist in den Scharmützeln schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad Pflicht, denn mit Banditen, wildgewordenen Pflanzen und anderen Kreaturen ist wahrlich nicht zu spaßen. Nur, wer Sichtlinien geschickt nutzt, Gegnergruppen ausmanövriert und seine Ziele mit Bedacht wählt, kann seine Fähigkeiten und Waffen optimal einsetzen und geht siegreich vom Feld. Nicht selten konnte ich durch kluges Spielen so auch großen Gegnergruppen gegenübertreten – das Looten danach bereitet dann natürlich viel Freude, wenn ein eigentlich aussichtsloser Kampf mit Finesse gelöst wurde!

Obgleich in Of Blades & Tails ziemlich viel gekämpft wird, sind die anderen Elemente des Spiels gleichermaßen wichtig. Insbesondere auch deshalb, weil sie maßgeblich darüber entscheiden, wie die Kämpfe sich gestalten.  Sowohl die bereits erwähnten Fähigkeiten, die sich mit erlangter Erfahrung im Skilltree freischalten lassen und die Auswahl der Ausrüstung haben großen Einfluss darauf, wie man die Scharmützel bestreitet. Lieber einen Schritt zurück und dann auf den Bogenschützen stürmen oder gleich den Rundumschlag einsetzen, der die beiden Schwertkämpfer zurückwirft? Die stillstehende Zeit ermöglicht es, dass man alle Varianten im Kopf durchgehen kann und dann eine hoffentlich sinnige Entscheidung trifft. Wer nun befürchtet, dass sich jeder Kampf ewig in die Länge zieht, der irrt. Das rundenbasierte System wurde sehr flüssig gestaltet und wenn man nicht explizit darauf achtet und schnell entscheidet, bekommt man in manchen Situationen gar den Eindruck, das Spiel würde nahezu in Echtzeit ablaufen. Ein, wie ich finde, rundum gelungenes Design! Und noch ein kleiner Tipp zum Schluss: Nicht jeder Kampf muss oder sollte geführt werden! Manchmal ist ein taktischer Rückzug durchaus empfehlenswert. Andernfalls stirbt man den einen oder anderen unbefriedigenden Tod.

Of Blades & Tails Karte

Mein Fazit zu Of Blades & Tails:

Am meisten überrascht hat mich Of Blades & Tails mit seinem Umfang. Nicht nur, dass die Welt und damit auch das Abenteuer an sich ziemlich ausschweifend gestaltet wurden – das Spiel wurde zudem auch mit gut durchdachten Elementen untermauert und glänzt mit guten Dialogen, sinnigen Quests und spannenden Kämpfen. Auch die Erkundung der segmentierten Umgebungen mit all ihren Geheimnissen sorgt für viele interessante Momente.

Störend fielen mir im Test nur die etwas seltsamen Flugbahnen von gegnerischen Projektilen auf, denen man oftmals recht schlecht ausweichen kann. An dieser Stelle wäre wohl anstelle des Quadrat-Rasters ein Hexfeld-System besser gewesen, um logischere Flugbahnen zu simulieren. Auch die steifen Animationen der Figuren könnten für meinen Geschmack ein klein wenig liebevoller daher kommen – gerade weil der visuelle Stil des Spiels ansonsten sehr ansehnlich ist. Und auch die Musik weiß die Geschehnisse durchaus stimmungsvoll zu untermalen.

Ich war schlussendlich sehr überrascht, wie umfangreich das auf den ersten Blick recht überschaubar wirkende Rollenspiel letztendlich war und wie viele spannende große und kleine Geschichten es mir erzählen konnte.