Cocoon: Rätselhafte Weltensprünge & faszinierende Knobeleien

Cocoon Banner

Bereits die ersten bewegten Bilder von Cocoon, die man beim Summer Game Fest zu Gesicht bekam, erregten meine Aufmerksamkeit. Ein sauberer, farbenfroher und für mein Empfinden sehr ansprechender Grafikstil gepaart mit allerhand herausfordernden Rätseln – hier könnte ein richtig gutes Spiel auf uns zukommen! Und die Reviews zum Release ließen mich abermals aufhorchen, denn sie bestätigten, dass Cocoon ein waschechter Hit und einer der großen kleinen Geheimtipps der letzten Monate sein könnte. Über die vergangenen Tage habe ich mir nun selbst ein Bild vom Spiel gemacht. Cocoon entpuppte sich dabei ziemlich schnell und insbesondere durch seine nicht enden wollende Kreativität zu einem meiner Spiele des Jahres!

Cocoon reiht sich in das Genre der Spiele ein, deren Handlung weder durch einen ausschweifenden Prolog noch durch Dialoge oder Voice-Overs vermittelt wird. Zwischensequenzen und Missionsbeschreibungen existieren ebenso wenig wie die in letzter Zeit schon sehr inflationär eingesetzten Texttafeln und geheimen Infohappen, denen findige Spieler bei der genauen Erforschung von Umgebungen auf die Schliche kommen. Eine Geschichte im eigentlichen Sinne versucht Cocoon gar nicht zu vermitteln. Vielmehr dient der erzählerische Rahmen als Grundstruktur des Fortschreitens innerhalb der Welt und als kryptische Erklärung ebendieser.

Im Mittelpunkt des Geschehens stehen von der ersten bis zur letzten Minute die Rätsel. Ähnlich simpel, wie sich die „Geschichte“ des Spiels gestaltet, sind auch die Gameplay-Mechaniken zu Beginn. Unsere Spielfigur, welche aus der Vogelperspektive betrachtet wird, kann sich im Raum bewegen und mit mystischen Kugeln und einigen anderen Objekten interagieren – mehr als einen Stick und eine Aktionstaste benötigt man für den kompletten Verlauf des Spiels nicht. Die Schwierigkeit liegt also nicht in einer Fülle an ausführbaren Aktionen. Ähnlich, wie es in Portal oder Limbo der Fall ist, werden die auf dem Papier recht simplen Möglichkeiten kreativ und vielseitig ausgenutzt. Cocoon bringt so alle naselang ein neues Rätsel-Element ein und kombiniert dieses dann auf unerwartete Weise mit bekannten Mechaniken.

Die beachtliche Fülle an frischen Ideen und Kombinationen der einzelnen Spielelemente sorgen in Cocoon für einen kontinuierlichen Fluss an neuen und unverbrauchten Herausforderungen. Simple Schalter, die Wege öffnen und Plattformen bewegen, sind da noch die klassischste Form der Puzzles. Spannender wird es spätestens dann, wenn man der ersten farbigen Kugel begegnet. Der in einem kräftigen Orange strahlende Ball lässt sich per Knopfdruck aufheben, wodurch bestimmte Stationen und Mechanismen aktiviert werden können. Zudem bietet er Zugang zu ansonsten nicht sichtbaren Wegen. Die wichtigste Funktion des Orbs: Man kann ihn betreten und sich dann in der orangenen Welt bewegen! Dieses Konzept ist nicht nur visuell sehr schön umgesetzt – Cocoon verzichtet gänzlich auf Ladezeiten – es sorgt im Verlaufe des Spiels auch für unfassbar viele Aha-Momente. Selbstverständlich möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel über das Konzept der Weltensprünge verraten.

Cocoon Orange Orb

Da ich soeben die grafischen Raffinessen von Cocoon angesprochen habe, bleiben wir doch noch kurz bei der Präsentation des Spiels. Natürlich liegt Schönheit immer im Auge des Betrachters und der simple comichafte Grafikstil wird nicht jedem zusagen. Mein Geschmack wird hierbei allerdings auf ganzer Linie getroffen, nicht zuletzt seit The Witness habe ich wirklich ein Faible für farbenfrohe, schlichte und dennoch sehr künstlerisch ausgestaltete Videospiele. Cocoon setzt auf übersichtliche Gestaltung und vergisst dabei nicht, die Umgebungen stets abwechslungsreich und eindrucksvoll auszuschmücken. Neben dem beeindruckenden Effekt beim „Betreten“ der Kugeln sind es insbesondere auch die Animationen der Objekte, Maschinen und alienartigen Wesen, die dem Spiel ein Gefühl von Lebendigkeit geben. Gelungene Spiegelungen im Wasser, geschicktes Spiel mit Licht und Schatten und klare Farbsprache runden das Gesehene ab.

Auch das Sounddesign verdient ein großes Lob, sorgt es doch für zusätzliche Immersion in einer Welt, die aufgrund der völlig fehlenden sprachlichen oder textlichen Beschreibung bis zum Ende sehr mystisch wirkt. Wenn Mechanismen in Gang gesetzt werden oder Kreaturen vorbeischweben, sorgen die Klangbilder für spannende Atmosphäre. Auch die dezente und dadurch sehr passende Musik tut ihr übriges. Beiläufig sei erwähnt, dass man auch anhand von bestimmten plötzlich einsetzenden Melodien erkennen kann, wenn eine Rätselpassage erfolgreich abgeschlossen wurde und man sich auf dem richtigen Weg befindet. Hin und wieder werden Rückwege auch direkt versperrt, um zu signalisieren, dass man auf dem korrekten Pfad wandelt. Beide Hilfen sind sehr praktisch, besonders bei den harten Herausforderungen im späteren Verlauf.

Wo das Spiel zu Beginn mit recht einfachen Hindernissen aufwartet und den Spieler behutsam an die Ideen, Konzepte und Lösungswege heranführt, warten später anspruchsvollere Aufgaben. Dabei findet Cocoon stets eine gute Balance, große Frustration kommt nur selten auf – am ehesten wohl bei den Bosskämpfen. Denn ja, obwohl es keine Gegner im eigentlichen Sinne gibt und man sich den Hauptteil des Spiels auf das Lösen von Rätseln fokussiert, kommt es an gewissen Punkten zu Auseinandersetzungen. Diese werden auch als Rätsel ausgetragen, für die nun allerdings neben dem nötigen Hirnschmalz auch Geschicklichkeit und Schnelligkeit wichtig werden. Einen Lebensbalken gibt es in Cocoon übrigens auch nicht – stattdessen wird man, wenn man im Kampf erwischt wird, sofort aus diesem geworfen und startet von vorne. Ich möchte nicht behaupten, dass ich jeden Boss direkt beim ersten Versuch geknackt habe. Zu schwer oder gar unfair sind sie aber beileibe nicht – zumindest dann nicht, wenn man einen Hauch Frustresistenz mitzubringen weiß.

Cocoon Bridge

Mein Fazit zu Cocoon:

Ich wurde von Cocoon auf gleich mehreren Ebenen überrascht. Obwohl mich schon der Trailer in Sachen Optik, Sound und genereller Stilistik sehr angesprochen hat, war ich erstaunt, wie sehr mich die Gestaltung von Cocoon in ihren Bann zog. Mit seinen klaren Strukturen, stimmiger Farbgestaltung und überaus guten Animationen wirkt das Spiel auf mich visuell sehr durchdacht und wie aus einem Guss – es ist für mein Empfinden einfach schön, sich das Spiel anzuschauen und seine Klänge zu erleben.

Auf ganzer Linie überzeugt hat mich auch das Design der Rätsel und die vielen Kniffe, die mit den Mechaniken nach und nach umgesetzt werden. In den rund fünf Stunden, die man bis zum Abspann benötigt, wurde ich in keiner Minute von sich wiederholenden Mechaniken gelangweilt. Cocoon konfrontiert den Spieler immer wieder mit cleveren Ideen und abwechslungsreichen Herausforderungen.

Wer auf der Suche nach einem innovativen und designtechnisch sehr fundierten Rätsel-Abenteuer ist, der ist bei Cocoon definitiv an der richtigen Stelle. Die nahezu perfekte Lernkurve sorgt für ordentlich Freunde am Lösen der Herausforderungen und macht Cocoon zu einer rundum gelungenen Erfahrung. Für meinen Geschmack haben wir es hier mit einem der besten Spiele 2023 zu tun!

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