Nachdem ich mir im ersten Beitrag das neue Startgebiet von World of Warcraft ganz genau angeschaut habe und im zweiten die abgeänderte Levelphase beleuchtet und meine Erfahrungen und Eindrücke zur Trollinsel Zandalar teilte, folgt nun der krönende Abschluss – Meine Reise in die Schattenlande findet mit dem folgenden Artikel sein Ende. Genau genommen schieße ich sogar ein wenig übers Ziel hinaus, denn die Ankunft in den Schattenlanden ist nicht der finale Akt meines Weges. Vielmehr möchte ich in dem aus den vorangegangenen Texten dieser Artikel-Trilogie bereits bekannten Stil fortführen und meine Sicht auf die Dinge im aktuellen World of Warcraft und speziell im neuesten Shadowlands-Addon aufzeigen. In einem Spagat zwischen Selbstfindung und Spielanalyse habe ich mich mit meinem Panda vorbereitet und springe nun Hals über Kopf ins Abenteuer des Totenreichs!
Du hast die vorangegangenen Artikel der „Meine Reise in die Schattenlande“-Reihe bereits gelesen? Perfekt, dann bist du hier genau richtig! Allen anderen empfehle ich den Start mit dem ersten oder zweiten Teil, da beide das Fundament für viele hier getätigten Erkenntnisse bilden. Außerdem bekommst du so ein besseres Bild davon, welchen Bezug ich zum Blizzard-MMORPG habe und warum es mich erst seit WoW Classic wieder gereizt hat, noch einmal einen Fuß in die Welt der Kriegskunst zu setzen. In den ersten Teilen der Artikelreihe erfährst du unter anderem, weshalb ich mich trotz einiger Bedenken und Vorurteile inzwischen mit dem neuen World of Warcraft auf die eine oder andere Weise anfreunden konnte. Dort beschreibe ich auch meine Eindrücke der aktualisierten Levelphase bis zur damaligen Maximalstufe 50.
Im Rahmen des Pre-Events zu Shadowlands kam zum ersten Mal seit langem wieder ein richtiges MMO-Gefühl auf. Zu gefühlt jeder Tageszeit erledigte ich gemeinsam mit dutzenden anderen Spielern die rotierenden Quests, die kreuz und quer über Eiskrone verteilt stattfanden. Dabei war es immer sehr unterhaltsam zu sehen, wie kurz vor dem Spawn eines Eventbosses aus allen Himmelsrichtungen tapfere Krieger auf den verschiedensten Flug-Mounts angerückt kamen und genauso schnell wieder verschwanden, nachdem der Bösewicht besiegt war. Hier entstand durch ständigen Dialog im Chat und das gegenseitige Helfen durchaus plötzlich wieder das alte WoW-Gefühl, dass ich bisher ein wenig vermisste. Auch der im Cinematic-Trailer zerstörte Himmel war ein besonderes Highlight des Pre-Events und ich erwischte mich nicht selten dabei, die Kamera nach oben über das eisige Gebiet zu schwenken und die höllenartigen Farben über meinem Kopf zu bestaunen. Ganz nebenbei sammelte man natürlich auch ordentlich starke Items, die in den ersten Schritten in den Schattenlanden durchaus brauchbar waren.
Der letzte Abschnitt der Reise in die Schattenlande begann für mich einige Monate nach Erscheinen der Erweiterung. Gemeinsam mit einem treuen Ork, der meinen Pandaren schon von den ersten Schritten an begleitete, machte ich mich in Eiskrone auf zu einem wichtigen Treffen einiger hoher Persönlichkeiten mit den Todesrittern rund um Bolvar Fordragon. Nach einigem Hokuspokus wurde ein Portal erzeugt und kurze Augenblicke später befanden wir uns schon Mitten im Schlund, dem wohl unwirtlichsten Eckchen der Schattenlande. Die folgenden Minuten der Einleitung werden begleitet von vielen Dialogen und Zwischensequenzen, World of Warcraft legt hier im Vergleich zu meinen Erfahrungen aus Battle for Azeroth sogar noch einmal eine Schippe Storytelling obendrauf und begleitet den Spieler kontinuierlich mit einem klaren Handlungsfaden. Im Intro zu Shadowlands kämpft man sich so Seite an Seite mit diversen bekannten Warcraft-Persönlichkeiten durch den gefährlichen Schlund und kommt dann in der Zentrale der Schattenlande an – der alles verknüpfenden Stadt Oribos.
Die Schattenlande sind in vier Gebiete plus den Schlund aufgeteilt und haben ein Problem. Die Seelen der in Azeroth Gefallenen sollten eigentlich in jedes der vier Gebiete fließen, nur die schlimmsten werden direkt im Schlund gerichtet. Doch unter anderem durch die Machenschaften von Sylvanas funktioniert der Mechanismus nicht mehr und die Energie der Verstorbenen fließt stattdessen direkt in den Schlund, was den dortigen Herrscher kontinuierlich erstarken lässt. Und was macht man, wenn die Apokalypse droht? Richtig, erst einmal eine Sightseeing-Tour durch die verschiedenen Areale der Schattenlande! Nun, ganz so schlimm ist es nicht. Mein Panda und sein Begleiter besuchen im Rahmen der Haupthandlung die vier Pakte, versuchen diesen zu helfen und lernen so gleichzeitig die jeweiligen Fraktionen und deren mal mehr und mal weniger gute Absichten kennen. Wer nach dem sehr geschichtslastigen Intro zu Shadowlands vor dem Eintreffen in Oribos denkt, dass der Spieler danach wieder freier die Welt erkunden darf, wird so wie ich sehr erstaunt sein. Denn Shadowlands legt den Fokus auch nach der Einleitung ziemlich stark auf die Handlung und schweift dadurch für meine Begriffe auch merklich vom klassischen MMO-Stil ab.
Sichtbar wird das unter anderem dadurch, dass Hauptquests nun visuell merklich von Nebenquests abgesetzt werden. Sowohl im Questlog als auch beim Icon des Auftraggebers gibt es nun deutliche Unterschiede – wer will, kann sich also völlig auf die Hauptquest fokussieren, ohne diese erst im Aufgaben-Berg suchen zu müssen. Aber zurück zur angesprochenen Rundreise durch die Schattenlande und der damit ziemlich logischen Fortführung meiner „Reise in die Schattenlande“. Schon im ersten der vier Gebiete fiel mir die wundervoll gelungene Optik auf. Was bereits auf der Trollinsel Zandalar ersichtlich war, etabliert sich mit Shadowlands noch deutlicher: Trotz seines Alters sieht World of Warcraft unglaublich stimmig und stilvoll aus. An allen Ecken lassen sich wundervolle Screenshots aufnehmen, das Zusammenspiel von Farbe, Bildkomposition und Stilistik ist in den Welten der vier Pakte sehr abwechslungsreich und einfach toll anzusehen. Hinzu kommt auch noch die Musik, die sich fantastisch an die jeweiligen Szenarien anpasst und ein sehr großes Highlight für mich darstellt. Den meisten wird wohl die Musik eines MMO ziemlich egal sein, mir hat das durchstreifen der Gebiete mit ihr allerdings gleich doppelt so viel Freude bereitet.
In Sachen gelungener Audiovisualität punktet World of Warcraft mit Shadowlands also für mich auf ganzer Linie, beim Gameplay bin ich allerdings ein wenig zwiegespalten, was die Richtung angeht, in die sich das Spiel entwickelt. Mir persönlich gefällt es durchaus, dass ein starker Fokus auf die Handlung gesetzt wird und Shadowlands in der ersten Hälfte, in welcher man die vier Pakte kennenlernt, sich eher wie ein Koop-Abenteuer spielt. Ich mag die Welt des MMO nach wie vor und genieße es, mich einige Stunden in ihr verlieren zu können und dabei spannende Geschichten zu erleben. Besonders im Vergleich mit WoW Classic und dem dortigen klassischen WoW- und MMO-Spieldesign fällt erneut auf, was ich auch schon auf Zandalar bemerkte. Das neue World of Warcraft eignet sich zu großen Teilen auch, wenn man nicht gerade viele Stunden jeden Tag opfern möchte. Langwierige Sammelaufgaben oder ewiges Monsterkloppen gibt es kaum noch, es geht stattdessen jederzeit recht schnell voran. Hin und wieder sogar zu schnell, weshalb ich im vorangegangenen Artikel den Rat aussprach, auch ab und zu einfach mal inne zu halten und die Welt um einen herum zu genießen.
Aber das Koop-Gefühl hat natürlich an dieser Stelle auch große Nachteile. Ich stelle mir oft die Frage, wie viel Spaß mir das Durchstreifen der Shadowlands-Gebiete denn bereitet hätte, wenn wir es eben nicht zu zweit gespielt hätten. Denn schon einige Monate nach der Veröffentlichung des Addons trifft man nur sehr selten Spieler an. Ein richtiges MMO-Gefühl kommt hier also während der storylastigen Levelphase nur selten auf. Besser wird es erst, nachdem man sich einem der Pakte angeschlossen hat und Shadowlands sich ein wenig mehr öffnet. An dieser Stelle ist die vorangegangene Sightseeing-Tour durch alle Gebiete natürlich ein großer Vorteil, da man sich nun unter den vier Pakten auch etwas vorstellen kann. Die Entscheidung kann also mit fundiertem Wissen gefällt werden. Ab diesem Punkt freigeschaltete Weltquests und tägliche Herausforderungen sorgen dann dafür, dass man oft anderen Spielern über den Weg läuft und zuweilen sogar mit ihnen kommuniziert – was in vergangenen Jahren selbstverständlich war, ist mittlerweile eine auffällige Gegebenheit. Es ist für mich daher nach wie vor verständlich, dass World of Warcraft im aktuellen Zustand nicht jedem zusagen wird. Mich persönlich hat die Reise in und durch die Schattenlande gut unterhalten und ich bereue es nicht, einen Blick in das aktuelle World of Warcraft geworfen zu haben. Auch wenn es eben nicht das alte ist.
Mein Fazit zu World of Warcraft: Shadowlands:
Besonders die Anpassung der Levelphase im letzten Jahr veränderte World of Warcraft grundlegend. Vorher war Gold für normale Spieler bereits mehr oder minder irrelevant, danach war auch die Stufe des Charakters weniger wichtig. Mit Shadowlands wird in World of Warcraft konsequent das fortgesetzt, was mir schon in Battle for Azeroth begegnete. Die Welt ist noch schöner anzusehen und das Gameplay – besonders in der ersten Hälfte – orientiert sich stark wie nie an der Handlung, was mir persönlich ziemlich gut gefallen hat. Auch der sich stetig gefahrvoll anfühlende Schlund mit vielen Elite-Gegnern und einem System, welches einem nach und nach immer schwierigere Gegner auf den Hals hetzt, wirkte sehr atmosphärisch. Mein Highlight bleibt aber definitiv die grandiose musikalische Untermalung des Spiels, die mit sehr großer Vielfalt und Abwechslungsreichtum aufwarten kann. Viel Abwechslung begegnet einem auch in den vier Gebieten, die dank der klaren geografischen Trennung mit sehr unterschiedlichen thematischen Ideen daherkommen. Vom verwunschenen Feenwald bis hin zum gruseligen Vampirschloss ist alles dabei.
Gleichzeitig bedingt diese Abtrennung der Areale allerdings auch, dass sie sich weniger wie aus einem Guss anfühlen. Letzteres störte mich anfangs sehr, ist doch die tolle zusammenhängende Welt eine der Stärken von World of Warcraft, nach und nach habe ich mich allerdings daran gewöhnt. Die Schattenlande sind eben ein außerweltlicher Bereich, da darf die Landschaft ruhig auch zerstückelt sein.
Spielerisch fühlt sich World of Warcraft aktuell abseits der Dungeons und PvP-Modi meiner Erfahrung nach kaum noch an wie ein MMO, in dem viele Abenteurer zusammen unterwegs sind. Zwar sieht man in der Schattenlande-Hauptstadt Oribos viele Spieler, besonders aber beim Erledigen der Hauptquests hat man das Gefühl, eher in einem Singleplayer-Rollenspiel unterwegs zu sein. Hier hilft es dann ungemein, wenn man einen oder mehrere Kumpels dabei hat. Besonders schön war für mich indes, dass ich die Geschichte auch ohne stundenlanges Grinden oder ewiges Spielen pro Tag ohne Probleme erleben konnte. World of Warcraft ist mittlerweile auf jeden Fall ein Spiel, was auch ohne viel Zeitinvestition gut unterhält. Ob dir das zusagt oder nicht, kann ich nicht beantworten.
Mir hat das Erleben der Handlung und das Erkunden der Schattenlande definitiv zugesagt, für den Endgame-Content bin ich wohl wie immer nicht motiviert genug. Ich schaue dann also vielleicht mit dem nächsten Addon wieder ins Spiel und freue mich bereits auf die neuen Welten, die mich in World of Warcraft mehr als 17 Jahre nach der Veröffentlichung noch erwarten werden.
Ich freue mich auf dein Feedback zur Artikelreihe „Meine Reise in die Schattenlande“ in den Kommentaren! Bist du langjähriger WoW-Spieler? Deine Meinung zum aktuellen Stand des Spiels interessiert mich besonders! Vielen Dank fürs Lesen, man sieht sich in Azeroth!