Der klare Fokus von Dragon’s Blood & das erneute Erwachen der DOTA-Faszination

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Verfilmungen von Videospielen werden generell wohl immer eher skeptisch gesehen. Auch Warcraft: The Beginning konnte diesen Fluch nicht wirklich brechen, obwohl der Film durchaus seine tollen Seiten hat. Als Freund der digitalen Unterhaltung und langjähriger DOTA-Spieler war ich natürlich schon gespannt auf das, was mich mit Dragon’s Blood erwarten würde. Trotzdem war ich auch ein wenig zwiegespalten, als man vor einigen Monaten eine Adaption von Dota 2 im Serienformat angekündigte. Nach den ersten Trailern war mein Interesse geweckt und schlussendlich war ich erstaunt, dass die acht Folgen umfassende erste Staffel mich in anderen Aspekten überraschte, als ich dies anfangs von DOTA: Dragon’s Blood erwartete.

Wenn ich über meine Geschichte mit Videospielen rede, wird nach World of Warcraft und Minecraft direkt Dota 2 erwähnt. Mehr als 1800 Stunden verbrachte ich auf dem Schlachtfeld, auf dem sich Ancient und Dire ununterbrochen in erbarmungslosen Kämpfen gegenüberstehen. Doch wie mit jeder Art von Unterhaltung kam es auch bei Dota 2 irgendwann zur Übersättigung und ich legte eine Pause ein, die bis auf ein paar Matches hier und da bis heute anhält. Umso überraschender ist es deshalb, dass alleine die Ankündigung der Serie mich dazu bewegen konnte, mehrere Tage hintereinander in Dota 2 vorbeizuschauen. Irgendwie faszinierte mich der Gedanke, endlich mehr über die unzähligen Helden zu erfahren, zu denen bisher nur kurze Infotexte im Spiel und einige Kurzgeschichten-Comics existierten. Gänzlich wurde dieses Bedürfnis durch die Fokussierung der Serie auf einige wenige Charaktere zwar (noch) nicht befriedigt, nichtsdestotrotz ist es rückblickend wohl gerade diese punktuelle Betrachtung von DOTA, die die Serie derart unterhaltsam macht.

In Gedankenspielen vor dem Start der Serie malte ich mir bereits aus, wie Dragon’s Blood das stark aufs Gameplay fokussierte DOTA in einen spannenden Handlungsrahmen pressen könnte. Weit über 100 Helden, die sich gegenseitig auf einem vordefinierten Schlachtfeld die Rübe einschlagen – wie bastelt man daraus bitte eine Fernsehserie? Im Prinzip ist dies meiner Auffassung nach fast unmöglich, was sich wohl auch die Schöpfer der Serie gedacht haben. Denn DOTA: Dragon’s Blood ist vielmehr ein Biopic sehr bewusst ausgewählter Protagonisten, die im Laufe der Episoden miteinander in Kontakt treten und deren innere Motivation detailliert beschrieben wird. Gleichzeitig ist die Serie dabei auch deutlich weniger Videospiel, als ich im Voraus annahm – was sicherlich für alle, die mit dem MOBA gar nichts oder nur beiläufig zu tun hatten, eine sehr gute Nachricht sein wird. Das Hauptaugenmerk liegt auf einer guten Portraitierung der Charaktere und der Schaffung einer in sich logischen Welt.

Klar, Kenner des Spiels und dessen Heldenfiguren werden die Hauptcharaktere von Dragon’s Blood schnell identifizieren können und erkennen wohl auch einige subtile Anekdoten. Trotzdem entfaltet sich die Handlung so, dass auch völlige Neulinge gut unterhalten werden können. Hauptgrund hierfür ist die stetig vermittelte Glaubwürdigkeit. Sowohl die Charaktere als auch die Welt an sich – und sei sie noch so stark von Magie und göttlichen Elementen durchzogen, wirken stets glaubhaft und verständlich. Besonders der Antrieb der Figuren und ihre verschiedenen Hintergründe lassen Entscheidungen aus deren jeweiliger Perspektive sinnig erscheinen, obgleich sie vom außenstehenden Betrachter als eher irrational aufgefasst werden. Wenn dann die verschiedenen Persönlichkeiten aufeinandertreffen, sind Konflikte auf die eine oder andere Weise vorprogrammiert.

Dragon’s Blood lässt sich Zeit, die Geschichte mit ihren Figuren auszubauen und die verschiedenen Charakterzüge für sich sprechen zu lassen. Man bekommt es hier glücklicherweise also nicht mit komplett willkürlichen Handlung und unglaubwürdigen Wendungen, wie sie mir noch immer als abschreckendes Beispiel aus der letzten Staffel Game of Thrones in Erinnerung sind. Spannungserhaltende Mysterien kommen in Dragon’s Blood trotzdem nicht zu kurz, denn außerweltliche Entitäten, Gottheiten und Kreaturen aus alten Zeiten sind stets mit von der Partie. Der Fokus liegt dennoch auf dem titelspendenden Drachenritter Davion und den Begleitern, denen er über den Weg läuft. Das ungleiche Gespann entdeckt mit dem Zuseher zusammen die Welt und ergründet dessen Gegebenheiten, sodass die Hauptfiguren auch immer gleichzeitig ein Ankerpunkt für uns als Unwissende darstellen.

Dota Dragons Blood Wald

Jede Animationsserie lebt natürlich zu einem großen Teil von ihrer Optik. Das Studio hinter DOTA: Dragon’s Blood ist an dieser Stelle kein unbeschriebenes Blatt, hat es doch zuvor am durchaus beliebten Avatar-Nachfolger The Legend of Korra mitgewirkt. Ich könnte jetzt natürlich argumentieren, dass Avatar: The Last Airbender in Sachen Handlung viel besser als The Legend of Korra ist und auch insgesamt die viel bessere Unterhaltung bietet, Fakt ist allerdings, dass The Legend of Korra besonders bei der Visualisierung zu überzeugen wusste. So ist es nicht verwunderlich, dass DOTA: Dragon’s Blood mit tollen 2D- und 3D-Animationen aufwarten kann. Der animetypische Stil ermöglicht gleichzeitig die Nutzung einer breiten Farbpalette und passt sich damit prima an die Spielvorlage an, in der insbesondere die Zauber ein ordentliches Farbfeuerwerk auf den Bildschirm zaubern.

Anime-Fans werden mir jetzt widersprechen, wenn ich behaupte, dass eine gute Vertonung durchaus noch einmal zur Wahrnehmung einer Serie beitragen kann – man schaue ja sowieso alles auf Japanisch, Koreanisch oder Mittelalt-Südwest-Chinesisch. Ich als Laie in diesem Segment kann lediglich sagen, dass die deutschen Sprecher von DOTA: Dragon’s Blood allesamt sehr gelungen sind und jeder Charakter eine passende Stimme spendiert bekommen hat. Das gilt insbesondere für die Hauptfiguren. Aber auch einige Nebencharaktere, auf die ich aufgrund von Spoilern zur Geschichte nicht weiter eingehen möchte, können mit markanten und ausdrucksstarken Stimmen überzeugen. Natürlich wird in Dragon’s Blood nicht nur geredet – recht regelmäßig lässt man auch die Waffen sprechen. Zu den sehr ansehnlichen und wuchtigen Kämpfen gesellt sich stets epische Musik, die für den nötigen Zusatzkick im Hintergrund sorgt. Insgesamt lässt DOTA: Dragon’s Blood also sowohl visuell auch auch beim Sound meiner Meinung nach keine Wünsche offen.

Obwohl sich DOTA: Dragon’s Blood auf nur sehr wenige Charaktere beschränkt, wird dennoch ein umfassender Einblick in die Gegebenheiten der Welt ermöglicht, die in Sachen Fantasy noch relativ zurückhaltend aufgebaut ist. Bevor einige der skurrileren Helden im Rampenlicht stehen werden, wird wohl noch einige Zeit vergehen – derzeit ist einfach noch kein Platz für Untote, Dämonen und eigenartige Tierwesen. Als Zuseher lernt man stattdessen größtenteils Humanoide diverser Fraktionen und ihre Hintergründe kennen, erfährt einiges über die Götterwelt und auch die namensgebenden Drachen kommen nicht zu kurz. Ich hätte gar nicht gedacht, dass die feuerspeienden Fabelwesen eine derart große Rolle im DOTA-Universum einnehmen würden. Hier klärt sich dann auch die Frage, warum ausgerechnet der Held Dragon Knight die Serie anführt. Ich kann es trotzdem kaum erwarten, bis einige meiner DOTA-Lieblinge in der Serie auftreten werden!

Dota Dragons Blood Charaktere

Mein Fazit zu DOTA: Dragon’s Blood:

Ich hätte nicht erwartet, dass die Beleuchtung einiger weniger Charaktere aus dem DOTA-Universum für eine komplette Staffel einer Serie ausreichen würde. Und doch und vielleicht gerade deshalb ist Dragon’s Blood so unterhaltsam. Die Geschichte des Drachenritters und seiner Kumpanen fasziniert schon nach wenigen Episoden und die Motivationen aller Beteiligten der Handlung – seien es taffe Prinzessinnen, starke Krieger, mächtige Zauberer oder göttliche Wesen – sind stets schlüssig und sinnig. Nebenher wird der Grundstein des MOBA erklärt und Zusammenhänge entfalten sich nach und nach, was in der bereits bestätigten Staffel 2 sicherlich fortgeführt wird. Zentrales Element der Serie sind allerdings definitiv die Charaktere und nicht das große Ganze. Ich bin gespannt, ob kommende Staffeln von „DOTA“ vom Untertitel „Dragon’s Blood“ abweichen und damit den Fokus auf andere Helden legen oder ob die Serie auf andere Weise nach und nach ihr Repertoire an Figuren erweitern wird.

Auf jeden Fall freue ich mich auf die zweite Staffel und kann das Anschauen der ersten acht Folgen auch Zeichentrick- und Anime-Fans empfehlen, die mit DOTA nicht allzu viel am Hut haben. Denn DOTA: Dragon’s Blood funktioniert auch als vom Spiel losgelöste Unterhaltung erstaunlich gut!