Meine Reise in die Schattenlande: Schiffbruch & Ankunft im neuen World of Warcraft

WoW Insel der Verdammten Banner

Seit Cataclysm im Jahr 2010 habe ich in Sachen World of Warcraft eine Pause eingelegt. Erst mit WoW Classic wagte ich wieder einen Blick in die alte Welt von Allianz und Horde und wurde durchaus gut unterhalten. Mit Shadowlands und dem damit verbundenen Pre-Patch tätige ich nun erneut vorsichtige Schritte in die Retail-Variante des immer noch weltgrößten MMORPG. Der folgende Erfahrungsbericht soll dabei Neulingen und Veteranen gleichermaßen eine interessante analytische Perspektive bieten. Im ersten Teil von ‚Meine Reise in die Schattenlande‘ werden die Eindrücke aus dem neuen Startgebiet und darüber hinaus beleuchtet.

Der Pre-Patch leitet nicht nur langsam auf die kommende Shadowlands-Erweiterung hin, er krempelt auch den Rest des Spiels gehörig um. Denn erstmals in der Geschichte von World of Warcraft gibt es einen Levelsquish – also das Herabsetzen der maximal erreichbaren Stufe. Im gleichen Atemzug wurde die komplette Levelphase angepasst und soll nun weit interessanter und belohnender gestaltet werden. Mir war beim Anspielen besonders wichtig, dass ich mit einem möglichst neutralen Blick an das Erlebnis herangehe und alle Neuheiten auf mich wirken lasse, bevor ich ein von außen unbeeinflusstes Urteil fälle. Und so begab ich mich nun am 14.10.2020, dem Tag der Veröffentlichung des besagten und weltveränderten Pre-Patches, in ein neues 16 Jahre altes Abenteuer.

Natürlich hatte ich im Voraus zu Shadowlands einiges gelesen und wusste Bescheid, was mit dem Pre-Patch für gravierende Änderungen auf mich warten würden. Und obwohl ich mir bereits einige Gedanken zur neuen Levelphase gemacht habe, versuche ich in den ersten Spielstunden so frei von Vorurteilen wie möglich an die Sache heranzugehen. Um handfeste Vergleiche zur früheren Zeit in World of Warcraft ziehen zu können, spielte ich eine Woche vor der Veröffentlichung des Patches noch einmal einige Abende WoW Classic und konnte dort erneut aus erster Hand erfahren, wie das Spielerlebnis sich früher anfühlte. Als am vergangenen Mittwoch dann endlich das Update der Retail-Version verfügbar war, war meine Mission klar: Herausfinden, in welche Richtung World of Warcraft sich in den letzten Jahren entwickelte, wo es mit Shadowlands hingeht und für welchen Spielertyp das Ganze überhaupt interessant ist.

Nach dem Betreten des Servers und dem Überwinden des doch etwas komischen Gefühls, die ehemals mühselig auf Level 85 gebrachten Charaktere plötzlich mit Level 32 zu sehen, steht natürlich erst einmal die Erstellung einer gänzlich neuen Figur an. Bereits hier fallen einige Änderungen sofort ins wortwörtliche Auge – denn im Editor hat sich einiges getan! Nicht nur, dass beim Auswählen der Klasse nun hübsche Animationen der jeweiligen Spielart präsentiert werden, die Charaktermodelle sind seit dem letzten Upgrade sehr detailliert und fügen sich wunderbar mit der moderneren Optik zusammen. Vor allem die Augen der Figuren wirken unfassbar realistisch! Hinzu kommen Änderungen an der Auswahl der einzelnen Elemente, wie etwa Frisuren, Augenfarbe und Gesichtstyp, sodass diese nun deutlich flotter von der Hand gehen und nicht mehr alle der Reihe nach durchgeklickt werden müssen. Nachdem man seine neue Kreation fertiggestellt und benannt hat, kann eine Startzone gewählt werden – auf Wunsch startet man wie gewohnt im Gebiet der jeweiligen Rasse oder man begibt sich so wie ich zur brandneuen Insel der Verdammten, dem neuen Startgebiet für Shadowlands.

Hin zur Insel bringt uns ein Schiff, auf welchem sogleich das Tutorial für die grundlegendste Spielsteuerung beginnt. Anfänger lernen hier das Bewegen des Charakters, die Steuerung der Kamera und das Angreifen von Gegnern. Am Ende des Mini-Tutorials, in welchem sich zwischenzeitlich das Wetter immer weiter verschlechtert, erleidet die Mannschaft Schiffbruch und wir finden uns mit einigen wenigen NPC-Gefährten an der Küste der besagten Insel der Verdammter wieder. Obgleich das grundlegende Interface sich in den letzten Jahren World of Warcraft nicht großartig geändert hat, erblicke ich doch sofort hier und da kleinere Neuheiten, die das Bedienen komfortabler machen. Ich rufe an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung, dass sich auch seit dem Kataklysmus vor über zehn Jahren einiges getan hat und die Meisten der mir auffallenden Spielveränderungen wahrscheinlich gar nicht direkt mit Shadowlands im Zusammenhang stehen. Viel interessanter als die hübsch aufgeräumte Benutzeroberfläche ist sowieso, was man sieht, wenn man den Blick von den UI-Elementen aufs eigentliche Spiel schweifen lässt. Denn World of Warcraft ist selbst etliche Jahre nach seiner Erstveröffentlichung verdammt hübsch anzusehen!

Insel der Verdammten Murlocdorf

Ähnliches ist mir auch in WoW Classic schon aufgefallen – auf der optischen Seite gibt sich World of Warcraft keine Blöße und überzeugt nach wie vor mit wundervoll stimmig gestalteten Umgebungen. Und so stehe ich erst einmal einen Moment still am Strand und bestaune die Weite des Ozeans, die füllige Vegetation und das mit allerlei Details vollgestopfte Murloc-Dorf in der Nähe. Auch der Himmel ist inzwischen sehr hübsch anzusehen. Die Welt wirkt, wie schon zu früheren Zeiten, wie aus einem Guss und fühlt sich insgesamt sehr natürlich an. Ebenfalls sehr positiv fällt auf, dass besonders hier zu Beginn meines Abenteuers viele der NPCs sehr redefreudig sind und ein großer Teil der Quests mit sehr guten Sprechern eingeleitet und begleitet wird. Das mag für andere Spiele inzwischen normal sein und auch im MMO-Bereich ist dies beileibe keine Meisterleistung mehr, wie unter anderem unser Beitrag zu The Elder Scrolls Online zeigt. In WoW allerdings ist die Vertonung für mich etwas besonderes und trägt noch einmal gehörig zur ohnehin schon tollen Atmosphäre des Spiels bei.

Nachdem wir einige Charaktere, die mit uns gestrandet sind, wieder aufgepeppelt haben, geht es selbstverständlich den Murlocs an den Kragen, die zwischen uns und dem Rest der Insel stehen. Die Kämpfe sind hier sehr einfach und stellen absolut keine Herausforderung dar, was insbesondere blutigen Anfängern den Einstieg erleichtern sollte. Mir persönlich fallen die Gegner dann aber doch ein wenig zu schnell um. Selbst Gruppen von Feinden oder erste Bossmonster sind kaum eine echte Bedrohung für den Spieler. Auch auf die eigenen Werte muss man deutlich seltener schielen als noch vor einigen Jahren, da Fähigkeiten kaum eine beachtenswerte Menge an Ressourcen verbrauchen. Vorbei sind somit die Zeiten, in denen Heiler am laufenden Band ihren Manavorrat auffrischen mussten. Ob einem das gefällt oder nicht, sollte jeder selbst entscheiden. Wie ich später noch erfahren sollte, hat dies sowohl sehr gute als auch ungemein schlechte Auswirkungen auf den Spielfluss.

Das Voranarbeiten über die sehr ansehnlich gestaltete und mit abwechslungsreichen Landstrichen gesäumte Insel wird von immer neuen Charakteren begleitet, die unsere Gruppe der Horde im Laufe der Handlung immer weiter vergrößert und stärker werden lässt. Ganz nebenbei werden in den Quests alle wichtigen Gameplay-Elemente präsentiert, die uns im späteren Spielverlauf begegnen werden. Besonders gefallen hat mir die Kontinuität, mit der die Geschichte auf der Insel vorangetrieben wird. So wirken die Aufgaben nicht bloß wahllos verteilt, sie sind stattdessen vielmehr dem großen Ganzen untergeordnet und erhalten so eine deutlich stärkere Bedeutung. Das große Finale der Insel stellt ein waschechter Dungeon dar, dem sogleich die Erklärung für das automatische Gruppenfinder-Tool vorausgeht.

Insel der Verdammten Höhle

Ich könnte an dieser Stelle noch viele Features vom aktuellen World of Warcraft aufzählen, die es schon eine ganze Weile gibt aber die für mich als Spiele alter Tage und auch für Spieler von WoW Classic ungewohnt sein dürften. Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass Skills nicht mehr beim Klassenlehrer gegen eine Gebühr erlernt werden müssen und stattdessen einfach ins Fähigkeitenbuch wandern, sobald man das entsprechende Level erreicht hat. Auch die sehr hohe Droprate von Sammelquest-Gegenständen fiel mir auf. All diese Änderungen sorgen dafür, dass sich WoW deutlich anders anfühlt als früher und zuweilen wie ein gänzlich anderes Spiel wirkt. Weitere Beobachtungen dahingehend folgen im zweiten Teil der Artikelreihe.

Ich möchte allerdings an dieser Stelle viel lieber noch einen Aspekt ansprechen, der damals schon fantastisch war und es auch weiterhin ist: die Musik. Selten wurde ich in einem MMORPG von derart genialen Melodien begleitet – wenn man zum ersten Mal nach Sturmwind fliegt, weiß man, wovon ich rede – und auch der Insel der Verdammten steht dem in nichts nach. Die Musikstücke klingen abenteuerlich, episch und fügen sich einfach wunderbar ins Geschehen ein. Man darf wirklich nicht unterschätzen, wie sehr die Atmosphäre von der meiner Meinung nach perfekte Klangkulisse profitiert. Gleichzeitig überzeugen auch die Hintergrundgeräusche, welche stets passend zur Umgebung eine tolle Stimmung erzeugen.

Doch zurück zum eigentlichen Gameplay und der spannenden Questreihe durchs neue Startgebiet, denn der Endkampf ist geschlagen und ein rettendes Fluggeschwader von Verbündeten trifft endlich ein! Nachdem der Bösewicht der Insel besiegt ist und man Level 10 erreicht hat, begibt man sich mit den Überlebenden per Flugmount nach Orgrimmar, der Hauptstadt der Horde, um dort auf Wunsch eine kurze Einführung über die sonstigen Gegebenheiten der Stadt zu bekommen und zu erfahren, was es im Spiel für Nebenaktivitäten gibt. Zuallererst ging es für mich aber schnurstracks zum Reitlehrer, denn mit Erreichen der Stufe 10 kann man schon sein erster Reittier nutzen! Ziemlich verrückt, wenn  man bedenkt, dass nach wochenlangem Spielen von WoW Classic meine größte Errungenschaft der Kauf meines ersten Raptors für sehr hart erarbeitetes Gold war.

Vor der Veröffentlichung von Shadowlands erhält man sein Reittier nun quasi zwischendurch ohne große Anstrengungen. Mir persönlich schmeckt es an dieser Stelle immer noch nicht, dass mittlerweile jeder Charakter alle Reittiere benutzen kann, die der Account freigespielt hat. Einen frisch aus dem Startgebiet kommenden Ork auf dem Rücken eines epischen Drachen zu sehen – irgendetwas daran stößt mir sauer auf. Nachdem ich mich noch schnell für Schneiderei als Beruf entschieden habe, Angeln und Kochkunst erlernt und mich ein wenig im schon mit Cataclysm neu gestalteten Orgrimmar umgesehen habe, geht es zu Sylvanas, die mich nach Zandalar schickt, wo ich die dort heimischen Trolle zum Anschluss an die Horde überzeugen soll. An dieser Stelle beginnt nun der nahtlose Übergang der Handlung zu Battle for Azeroth, der letzten und aktuellen Erweiterung für World of Warcraft. Nach dem Tutorial springt man also mehr oder weniger direkt ins aktuelle Endgame – bedingt durch die Veränderungen am Levelsystem, die der Pre-Patch mit sich brachte. Wie es dort weitergeht, erfährst du im nächsten Teil von ‚Meine Reise in die Schattenlande‘.

Insel der Verdammten

Mein Ersteindruck zum Pre-Patch von Shadowlands:

Das Wichtigste zuerst: World of Warcraft macht immer noch Spaß. Logisch, denn sonst würden es keine derart große Fanbase haben. Mit der Zeit hat sich das Spiel sicherlich anders entwickelt, als es sich viele Spieler der alten Tage erhofft hatten. Nach den ersten Stunden im Pre-Patch, der das Spiel wohl so sehr umkrempelt wie keine Erweiterung zuvor, ist klar, dass es erneut Änderungen gibt, die die Gemüter spalten werden.

Im Jahr 2020 ist World of Warcraft ein bekömmlicheres Spiel geworden. Alles scheint glatter zu sein, es gibt kaum Ecken und Kanten, an denen man sich stoßen könnte und der Spielablauf ist sehr weich und komfortabel. Zum einen sorgt das für ein entspannteres Spielgefühl, zum anderen fehlt dadurch auch zuweilen die Herausforderung. Gleichzeitig fühlt sich das Spiel aber auch rastloser und gehetzter an. Der schnelle Sprint auf Level 10 innerhalb weniger Stunden auf der sehr ansehnlichen Insel der Verdammten verdeutlicht dies. Selbstverständlich will ich nicht am Startgebiet ableiten, wie das Spielgefühl später sein wird. Mehr dazu gibt es also in späteren Texten.

Eine Sache, die World of Warcraft immer noch fantastisch hinbekommt, ist die Atmosphäre. Gerade die neuen Gebiete sehen unfassbar genial aus, sofern man den Grafikstil mag. Und auch die orchestrale Untermalung ist tadellos. Das künstlerische Gesamtbild ist einfach brilliant und Fans des Artstyles kommt hier zu 100% auf ihre Kosten. Ich kann an dieser Stelle das Video Shadowcheck – Das visuelle Meisterwerk: Die Schattenlande von Vanion wärmstens empfehlen! Die ganze Präsentation von World of Warcraft hat sich zudem stark verbessert, es gibt inzwischen deutlich mehr vertonte NPCs und Zwischensequenzen, was der visuellen Gestaltung zusätzlich zu Gute kommt und einen noch Tiefer in die Welt hineinzieht.

Ich für meinen Teil bin jedenfalls sehr gespannt, wie es auf der Trollinsel Zandalar weitergeht, wohin mich meine Wege durch die Geschichte von Battle for Azeroth führen und wie meine Reise in die Schattenlande weitergeht. Wenn du unsere nächsten Artikel nicht verpassen möchtest, solltest du uns auf Twitter folgen und bei Facebook einen Like da lassen. Im nächsten Artikel der ‚Meine Reise in die Schattenlande‘-Reihe erfährst du auch, wie das neue Levelsystem das Spiel zum Teil auch negativ beeinflusst und welche Elemente derzeit dadurch ein wenig absurd sind.

Natürlich freue ich mich über Kommentare und deine Meinung zum aktuellen Stand von World of Warcraft und dem Pre-Patch und wünsche viel Spaß beim selber Spielen!