Als ich im August 2016 – ja, uns gibt es mittlerweile schon ganz schön lange – einen Artikel zum Thema Vorbestellungen schrieb, zierte No Man’s Sky den Banner des Beitrags. Die Veröffentlichung des Spiels war ein gewaltiges Desaster, Spieler und Tester waren gleichermaßen enttäuscht und fanden viele der Versprechungen, die das Team von Hello Games im Voraus gemacht hatte, gar nicht oder in nur sehr abgespeckter Form vor. Die Planeten waren sich zu ähnlich, eine fesselnde Geschichte gab es nicht und der von vielen sehnlichst erwartete Multiplayer war schlicht und einfach nicht vorhanden. Doch die Entwickler haben nicht etwa das Handtuch geworfen, stattdessen wird das Spiel seitdem mit großen Inhalts- und Technik-Updates versehen. Grund genug also, sich das auch von mir vor langer Zeit einmal ziemlich gehypte Spiel noch einmal anzuschauen.
Es ist selbstredend immer schwierig, den anfänglichen negativen Stimmen etwas entgegenzusetzen und als Studio das Ruder noch einmal rumzureißen. Zu Beginn wurde No Man’s Sky so vernichtend kritisiert, dass ich mir es nicht hätte ausmalen können, von dem Spiel überhaupt noch einmal etwas zu hören. An dieser Stelle geht es mir wahrscheinlich so wie vielen. Und dennoch wurden wir alle überrascht. Seit 2016 gab es sage und schreibe 16 wirklich große und vor allem kostenfreie Updates, die das Spiel langsam aber sich an die Vision heranführten, die uns in Interviews und Demos vor dem Release versprochen wurde. Über vier Jahre sind seit der ursprünglichen Veröffentlichung von No Man’s Sky vergangen und erst vor einigen Tagen wurde ein abermals kostenloses Update des Spiels für die kommende Konsolengeneration und den PC angekündigt, welches wieder einmal unzählige große Neuerungen bringt. Ist No Man’s Sky nun also endlich das Spiel unserer Träume geworden oder trügt der Schein?
No Man’s Sky empfängt uns nach dem Spielstart wie eh und je. Auf einem unbekannten Planeten gestrandet finden wir uns ohne Ausrüstung oder Orientierung wieder und werden in ersten Tutorial-Schritten durch grundlegende Mechaniken geführt. So lernt man recht schnell, dass man Ressourcen abbauen, verwenden und weiterverarbeiten muss. Pflanzen versorgen uns mit wichtigem Kohlenstoff, sauerstoffreiche Vorkommen helfen dabei, am Leben zu bleiben. Ein jeder von uns weiß mittlerweile sicherlich, dass die große Faszination des Spiels die zufällige Generierung der Umgebungen ist. Man weiß also nie, in welcher Lage man beginnt und welchen Welten man auf seinen Reisen über den Weg läuft. Nachdem man ein Raumschiff gefunden und repariert hat, folgt der für mich immer noch coolste Teil des Spiels: Das Abheben von der Planetenoberfläche und der erste Flug in den Weltraum. Im Sonnensystem schaut man sich nun nach dem nächsten interessanten Ziel um und steuert dieses – wohlgemerkt völlig ohne Ladezeiten – schnurstracks an.
Angekommen auf dem nächsten Himmelskörper tun wir im Grunde das Gleiche, wie schon auf dem ersten. Man sammelt Ressourcen, um Dinge herzustellen, die das Sammeln von Ressourcen vereinfachen. Nebenbei entdeckt man mit jeder Landung neue Flora und Fauna, die sich inzwischen doch deutlich voneinander unterscheidet und vor allem auf den verschiedenen Arten von Planeten kaum noch ähnlich ist. Gut so, denn so haben Entdecker endlich mehr Motivation, sich in fremde Gefilde zu begeben. Dabei steht einem das Spiel auch nicht mehr so oft im Weg, wie es früher noch der Fall gewesen ist. Denn besonders die Menüs und das generelle Interface von No Man’s Sky haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Am auffälligsten ist hier wohl die Implementierung eines Schnellauswahl-Menüs, in welchem man mit wenigen Klicks den Treibstoff auffüllen oder die Lebenserhaltungssysteme aufladen kann. Damit ist man jetzt endlich auf einem akzeptablen Standard, zu früheren Zeiten musste all dies viel zu umständlich über das Inventar erledigt werden. Auch die Ansicht der entdeckten Spezies wurde sinnvoll umgestaltet.
Ich betone an dieser Stelle noch einmal, dass No Man’s Sky sich im Kern noch immer wie damals spielt. Man wird immer noch den Großteil der Zeit mit dem Sammeln und Verwalten von Ressourcen zu tun haben. Wer derartige Spiele gar nicht leiden kann, wird hier wohl auch jetzt keinen großen Spaß für lange Zeit haben. Zuweilen kann das alles nämlich auch recht kompliziert werden, wenn es etwa im gerade bereisten Sonnensystem das gewünschte Element nicht gibt und man auf der Galaxiekarte erst einmal ein in Frage kommendes System ausfindig machen muss. Der wohl größte Unterschied zu früher im Gameplay ist wohl, dass sich dies nun alles deutlich komfortabler spielt und man zudem deutlich klarere Leitlinien bekommt. Hierzu trägt ein gutes Questsystem bei, welches die Verfolgung der vielen unterschiedlichen Ziele übersichtlich aufführt. Damit fühlt man sich direkt deutlich weniger allein gelassen. Gleichzeitig hat man im aktuellen No Man’s Sky viel mehr Freiheiten und Möglichkeiten als noch zuvor, was selbstverständlich den umfangreichen Inhaltsupdates geschuldet ist.
Das meiner Meinung nach beste und wichtigste neue Feature ist dabei der Mehrspieler-Modus, der es endlich ermöglicht, das Abenteuer unkompliziert mit Freunden gemeinsam zu erleben. Der Weg dahin war sehr steinig, mittlerweile ist es allerdings gelungen, einen runden und vor allem benutzerfreundlichen Multiplayer zu implementieren. Sogar Crossplay zwischen den verschiedenen Plattformen ist möglich. Allzu viel möchte ich an dieser Stelle aus spoilergründen zu den Mehrspieler-Inhalten nicht verraten. Ein jeder weiß ja, dass Spiele spaßiger und unterhaltsamer werden, wenn man sie gemeinsam erleben kann. No Man’s Sky ist hierbei keine Ausnahme – zusammen zwischen Planeten hin und her zu fliegen und an selbst gesteckten Zielen zu arbeiten, macht einfach ziemlich viel Laune und lässt auch ansonsten etwas eintönige Aufgaben interessant erscheinen. Zumal es auch zusätzlich diverse Inhalte gibt, die erst durch die Online-Features ihr volles Potential entfalten.
Besonders hervorzuheben ist hier der mittlerweile durchaus umfangreiche Basenbau, welcher nach und nach um immer mehr Teile und Design-Möglichkeiten erweitert wurde. Die selbstgebauten Unterkünfte sind dabei nicht nur ein hübscher Zeitvertreib, sie bieten auch Schutz vor harschen Wetterbedingungen oder aggressivem Getier und Dienen als Lager für gesammelte Materialien. Auch für Forschung sind sie nützlich, denn inzwischen kann man sogar eine kleine Gruppe von Gefolgsleuten um sich scharen. Dies klappt natürlich nicht direkt von Anfang an, schließlich versteht man die verschiedenen Rassen des Spiels gar nicht. Um die Sprachen zu lernen, kann man sich von einzelnen Individuen unterrichten lassen oder Wissen in alten Ruinen oder entsprechenden Tafeln in der Welt finden. Das alles dauert seine Zeit und sollte direkt von Anfang an verfolgt werden, damit man früher oder später ein gutes Verständnis davon hat, was das Gegenüber gerade von einem will. Die Grind-Seite von No Man’s Sky dringt also doch an einigen Stellen noch durch. Manche mögen derartiges Gameplay, manche verteufeln es. Hin und wieder wirkt das Spiel auch mir dann doch ein wenig zu repetitiv.
Neben der Fülle an neuen Inhalten und dem Ausfeilen der alten Macken wurde auch an der technischen Seite von No Man’s Sky gehörig geschraubt. Nicht nur, dass die Planeten nun deutlich abwechslungsreicher generiert werden, sie sind dank neuer Grafikspielereien nun auch wesentlich schöner anzusehen. Sonnenstrahlen werden nun optisch ansprechend dargestellt, viele Animationen wurden verbessert und auch die Wolken sind nun deutlich realistischer. Allerdings braucht man mittlerweile für No Man’s Sky auch recht ordentliche Hardware, mein doch ein wenig betagter PC mit einer GTX 970 kommt hin und wieder an seine Grenzen – die Einstellungen aufs Maximum zu drehen kann jedenfalls ich komplett vergessen. Und auch auf der PlayStation 4 läuft das Spiel nicht optimal, hier wird wohl erst die Version für PlayStation 5 oder Xbox Series X ein für mich wirklich zufriedenstellendes Ergebnis liefern können. Die technische Optimierung ist nicht perfekt, sodass Spieler mit eher mittelmäßiger Hardware hier vorher die Systemanforderungen genau studieren sollten. Das soll natürlich nicht heißen, dass das Spiel nicht spielbar wäre – im Gegenteil. Die stetigen Updates haben das No Man’s Sky spielbarer als je zu vor gemacht.
Mein Fazit zu No Man’s Sky im Herbst 2020:
No Man’s Sky ist inzwischen zu dem Spiel geworden, welches sich die Entwickler wahrscheinlich schon zur erstmaligen Veröffentlichung erträumt hätten. Und nicht nur das – in manchen Bereichen wurden die Erwartungen mittlerweile sogar übertroffen. Zwar ist das grundlegende Spielsystem noch immer gleich und man verbringt viel Zeit mit dem Sammeln, Abbauen und Verwalten von Ressourcen und Crafting von verschiedensten Objekten, allerdings steuert sich das Ganze nun deutlich weniger umständlich. Außerdem stehen uns nun auch abseits der schnöden Selbstfindung einer Aufgabe viele Möglichkeiten zur Verfügung, wie das Spiel uns leitet und voranbringt. Nichtsdestotrotz wird hier und da noch gegrindet – das gehört wohl einfach dazu und wir auch heute noch einige Spieler abschrecken.
Basenbau auf Planeten und später auch in riesigen Frachtern im Weltraum, das Kennenlernen verschiedener Kulturen und neuen Story-Stränge, die Reise zu entlegenen Sonnensystem mit tödlichen Bedingungen und nicht zuletzt die starke Implementierung des Mehrspieler-Modus mit Crossplay. All das trägt dazu bei, dass No Man’s Sky umfangreicher und komplettierter denn je ist. Gleichzeitig findet das Spiel dabei eine gute Balance, um Neulinge nicht direkt mit dutzenden Features zu überrumpeln. Für mich war insbesondere der Multiplayer einer der Gründe, noch einmal die unzähligen Galaxien von No Man’s Sky zu erkunden und ich bin froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe.
Wer in der Anfangszeit von No Man’s Sky einen Blick wagte und enttäuscht wurde, sollte im Herbst 2020 ruhig die Triebwerke seines Raumschiffs entstauben und noch einmal zünden. Vor allem Weltraum-Nerds sei der Besuch der unbekannten Weiten ans Herz gelegt. Denn wenn man erst einmal die grundlegenden Elemente verinnerlicht hat und weiß, worauf man hinarbeiten kann und will, entfaltet das Spiel ungeahntes Potential. Jeder Start mit einem liebgewonnenen Raumschiff in Richtung einer unbekannten Raumstation über einem farbenfrohen Horizont, während die mystisch-abenteuerlichen Melodien erklingen, ist dann ein ganz besonderer Moment, den man meiner Meinung nach mal erlebt haben sollte.
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