Citadelum & das Planen der optimalen Römer-Siedlung

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Ein entspannter Schwierigkeitsgrad und schön anzuschauende Szenerien auf dem Bildschirm – gerade in der kälteren Jahreshälfte sind es die inzwischen als „Cozy Games“ betitelten Videospiele, die für digitale Entspannung sorgen. Wo viele sich mit dem Leiten von Katzen-Cafes oder hübschen Wimmelbildern eine wohlige Atmosphäre schaffen, war meine Art von Cozy Game schon immer die Aufbaustrategie. Ich mag es einfach, in meinem Tempo schöne Städte zu errichten. Sogar in Age of Empires tat ich dies gern – und wunderte mich dann, als ich vom Gegner überrannt wurde. Citadelum verbindet klassische Aufbaustrategie mit dem überaus beliebten römischen Setting. Alleine schon diese Prämisse ließ mich aufhorchen. Denkst du eigentlich auch täglich an das Römische Imperium?

Hinweis: Ein Review-Key von Citadelum wurde uns vom Entwickler zur Verfügung gestellt.

Nach der Platzierung des Forums, des zentralen Ortes der neuen Siedlung, mit dem jedes andere Gebäude verbunden sein muss, geht es auch schon an die genretypische Stadtplanung. Straßen werden gezogen, Wohnhäuser errichtet und die Ressourcengewinnung angekurbelt. Bewohner verschiedener Gruppen werden für unterschiedliche Aufgaben benötigt – wer nicht genug Plebejer hat, dem fehlenden wichtige Arbeitskräfte auf Feldern oder bei Holz- und Eisenbeschaffung. Für stetiges Einkommen sorgen die Patrizier, die durch einen Steuereintreiber zur Kasse gebeten werden. Beide Klassen haben Bedürfnisse, die sich mit Aufwertung der jeweiligen Wohngebäude zusätzlich erweitern. Wo Anfangs Weizenfelder und Zugang zu frischem Wasser reichen, muss später noch ein Badehaus und ein umfangreiches Gemüseangebot her.

Damit die Stadt nicht – man erinnere sich an Nero und das brennende Rom – in Flammen untergeht oder die Gebäude durch zeitliche Verwitterung in sich zusammenfallen, muss stets darauf geachtet werden, dass eine Feuerwehr und ein Ingenieursposten, der sich um Reparaturen kümmert, in der Nähe sind. Citadelum setzt hier auf einen klassischen Gebäuderadius und nicht wie etwa die moderneren Anno-Teile auf eine Entfernungsmessung entlang der Straßen. Da der Wirkungsbereich der allermeisten Servicegebäude recht klein ist, sollte man sich bei der Stadtplanung direkt am Anfang Gedanken darüber machen, wie welches Stadtviertel am optimalsten angelegt werden kann. Citadelum erinnert durch die Wichtigkeit der Platzierung von Gebäuden hin und wieder sogar eher an ein Puzzle-Spiel als an Aufbaustrategie. Insbesondere die Dekorationsobjekte, die zur Aufwertung von Wohnhäusern benötigt werden, haben einen derart kleinen Einflussradius, dass man beim Anlegen der Stadt hin und wieder ganz schön ins Grübeln kommt. Praktisch ist, dass Gebäude jederzeit verschoben werden können. So lassen sich Fehler des ansonsten natürlich unfehlbaren Bauherren unkompliziert ausbessern. Für das teilweise doch recht kleinteilige Arrangieren wäre ein Blaupausen-Modus meiner Meinung nach aber durchaus wünschenswert gewesen.

Um nicht direkt am Anfang ins kalte Wasser geworfen zu werden, fängt die Kampagne des Spiels sehr behutsam an und definiert Missionsziele sehr detailliert: Baue einen Holzfäller, sorge für genügend Arbeiter, sammle genug Holz für XY – alles schön der Reihe nach, alles unmissverständlich aufeinander aufbauend. Und obwohl man im Grunde von Mission zu Mission hauptsächlich die selben städtebaulichen Schritte absolviert, werden die Missionsziele immer unspezifischer. Wo zu Beginn also noch der Weg vom Holzfäller zum Errichten eines gewissen Gebäudes erklärt wird, heißt es später einfach, dass man eine bestimmte Ressource zurück nach Rom schicken soll – wie man dies erreicht, muss man sich selber überlegen. Der Lerneffekt motiviert, auch weil man nach und nach ein Händchen dafür entwickelt, bestimmte Standard-Areale einer Stadt immer optimaler anzulegen. Etwas Abwechslung schafft Citadelum dann auch mit herausfordernden Karten – in der Wüste Ägyptens etwa lassen sich Felder nur in der Nähe von Wasser errichten, denn auf Sand gedeiht nichts.

Citadelum Stadthäuser

Neben dem klassischen Aufbau der Siedlung bietet Citadelum noch zwei weitere Spielebenen. Zum einen wären da die diversen römischen Gottheiten, die in erster Linie mit einem Tempel in Reichweite der Stadtbewohner zufriedengestellt werden müssen und im Gegenzug für etwaige Boni sorgen können. Ceres, die Göttin der Ernte, kann die Felder segnen, um für mehr Erträge zu sorgen, Kriegsgott Mars unterstützt die Truppenausbildung. Und hier kommen wir auch gleich zur dritten Ebene des Spiels: Die Weltkarte. Auf dieser schicken wir Späher umher, treffen auf Städte, mit denen Handel getrieben werden kann oder entdecken feindlich gesinnte Armeen. Um selbst Legionen auszuheben, müssen selbstverständlich Rüstungen, Waffen und Nahrung produziert und Anwärter zu verschiedenen Soldatentypen ausgebildet werden. Beginnt man einen Kampf, darf man zuerst in Total-War-Manier die eigenen Truppen aufstellen. Danach bekriegen sich die verschiedenen Kohorten allerdings automatisch und wir dürfen als Feldherr lediglich zuschauen.

Die Integration von Inhalten abseits des hauptsächlichen Aufbau-Aspekts ist an sich eine nette Sache, jedoch fühlen sich sowohl die Götter als auch die Weltkarte recht unfertig an. Fast schon im Stil eines Mobile Games führen wir den Späher von Feld zu Feld, zu simpel gestalten sich die Kämpfe. Zwar ist es ganz nett, überschüssige Ressourcen per Handel an nahegelegene Städte zu exportieren oder bestimmte Waren importieren zu können, allerdings hätte es hierfür den Umweg über die Karte meines Erachtens nicht gebraucht. Das Erkunden wirkt mühselig und wird schnell vergessen, wodurch der Späher dann untätig herumsteht. Und die Kämpfe hätten sich für mich persönlich besser angefühlt, wenn sie sich auf die eigentliche Spielebene beschränkt hätten. Bei Überfällen von Plünderern streifen diese nämlich durch die Stadt und zünden Gebäude an. Abhilfe schaffen nur eigens ausgebildete Wachen – die Legion, die auf der Weltkarte direkt von der Stadt steht, kann kurioserweise nicht eingreifen.

Die Fokussierung auf den eigentlichen Kern von Citadelum hätte dann vielleicht auch für detaillierter ausgearbeitete Elemente gesorgt. So sind beispielsweise die Bewohner der Siedlung nicht vollständig simuliert; zu Arbeitsplätzen zugewiesene Pops erscheinen direkt am Arbeitsplatz und verlassen diesen auch nicht mehr. Einzig die Karrenschieber des Marktplatzes, des Getreidelagers und der Sammelstellen für Bauressourcen laufen sinnig umher. Der Wuselfaktor stimmt dennoch – bereits nach wenigen Minuten ist in der Stadt einiges los. Dies ist auch hörbar, trotz ordentlicher Rechenpower arbeitet mein PC-Lüfter beim Spielen von Citadelum spürbar. Und obgleich Citadelum durchaus hübsch aussehen kann, hätten auch viele Grafiken, Animationen und Interface-Elemente gestaltet werden können. Ähnlich wie bei der Weltkarte und den Kämpfen fühlt sich hier einiges an, als wäre es einem Spiel für Smartphones entsprungen.

Citadelum Karte

Mein Fazit zu Citadelum:

Ich bin Fan vom Römischen Reich. Wer an dieser Stelle also ein gänzlich objektives Schlusswort erwartet, ist an der falschen Stelle. Sicherlich ist das Setting vom Spiel aber auch einer der Gründe, warum es potentiellen Spielern  überhaupt ins Auge fällt. Aufbaustrategie ist kein sonderlich beliebtes Genre mehr, gute Spiele sind rar. Ob Citadelum zu diesen guten Spielen gehört, hängt sehr davon ab, was man erwartet.

Wer das entspannte Errichten von Siedlungen mag und von recht repetitiven Missionen nicht genervt ist, kann mit Citadelum einige Stunden gut unterhalten werden. Haarstreubende Komplexität oder Mechaniken mit ordentlich Tiefgang findet man hier allerdings nicht. Feelgood-Aufbaustrategie ist wohl das Stichwort.

Einige Elemente von Citadelum wirken etwas unfertig, die Grafik und die Gestaltung diverser UI-Elemente hauen auf jeden Fall nicht vom Hocker. Nur durch den Wuselfaktor und die Affinität zur römischen Architektur kommt optische Freude auf. Schön ist indes, dass auf den niedrigen Zoomstufen die Wände der Häuser verschwinden und man deren Innengestaltung begutachten kann. Mir gefällt auch, dass die Götter aus ihrem Himmelreich nach unten springen und dann als übergroße Wesen die entsprechenden Gebäude segnen. Sind sie sauer, sorgen sie andererseits ähnlich imposant für Chaos.

Für Liebhaber der römischen Antike, die auf der Suche nach einem schlichten Aufbau-Titel sind, ist Citadelum durchaus eine Empfehlung wert. Man sollte sich allerdings auf Repetition und einige unausgereifte Aspekte einstellen.