Die Closed Beta von Tom Clancy’s Ghost Recon: Wildlands ermöglichte uns einen guten ersten Einblick in den neuen Open World Titel von Ubisoft. Neben vielen spaßigen Momenten hatte unsere Gruppe auch mit einigen Mechaniken zu kämpfen, die unserer Meinung nach völlig fehl am Platz waren. Wir erörtern, wo die Entwickler bis zur Veröffentlichung am 7. März noch Hand anlegen sollten.
Wusstest du, dass Wildlands komplett auf einen Koop-Modus für vier Spieler setzt? Wahrscheinlich nicht, denn die ersten Videos zeigten zwar stets Begleiter und Missionen, in denen man nicht alleine unterwegs war, ein direkter Fokus auf den Koop wurde allerdings nie gelegt. Schade, denn gerade umfangreiche AAA-Titel mit kooperativer Mehrspieler-Funktion sind in den letzten Jahren ziemlich rar und Wildlands hätte somit ganz anders beworben werden können.
Wer Uplay noch als die teuflische Plattform sieht, bei der kaum ein Multiplayer ordentlich funktioniert und das Einladen von Freunden ins eigene Spiel ewig dauert, der darf wohl seit The Division durchatmen. Auch in Tom Clancy’s Ghost Recon: Wildlands treten wir ziemlich flott dem Spiel eines Kumpels bei und stehen nach wenigen Minuten zu viert auf einem Hügel und begutachten die Spielfiguren der anderen. Der überaus umfangreiche Editor bietet neben der Anpassung des Kopfes und Körpers auch unzählige Kleidungsstücke und Accessoires zur freien Gestaltung des Alter Egos. Wer sich nicht ewig mit der Gestaltung der eigenen Figur befassen möchte und stattdessen lieber die Spielwelt unsicher machen will, greift so wie ich auf die praktische Zufallsfunktion zurück.
Schon auf den ersten Blick fällt die schicke Optik von Wildlands auf. Das Spiel sieht zwar nicht so detailliert aus wie in den ersten Trailern, kann aber durchaus mit anderen aktuellen Toptiteln mithalten. Besonders die dichte Vegetation, die stimmungsvolle Beleuchtung und die dynamischen Wettereffekte sind nicht von schlechten Eltern. Auch die Animationen der Charaktere, wie das Abrollen nach einem Fallschirmsprung oder das Abspringen von einem rutschenden Motorrad sind ziemlich ansehnlich.
Doch für die detaillierte Grafik bezahlt man derzeit noch einen hohen Preis. Die Performance von Wildlands war in der Beta ziemlich durchwachsen und selbst auf Highend-Rechnern alles andere als zufriedenstellend. Es spielte praktisch keine Rolle, ob das Spiel in hohen oder niedrigen Einstellungen lief – mehr als 40-50 Bilder pro Sekunde waren einfach nicht drin. Hier muss Ubisoft unbedingt noch Hand anlegen, denn zumindest flüssige 60 FPS sollten erreichbar sein. Dass das schließlich auch mit einer ähnlichen Open World ohne Probleme funktionieren kann, bewies zuletzt Grand Theft Auto V.
Die Aufträge in Wildlands laufen in der Beta immer nach einem ähnlichen Schema ab. Man begibt sich zu einem bestimmten Punkt auf der Karte und löst dort ein Event aus. In einzelnen Fällen muss man zum Schluss noch ein Fahrzeug oder eine wichtige Kontaktperson in eine sichere Basis eskortieren. Zwischendurch werfen sich uns natürlich an jeder Ecke Feinde entgegen, die wir wahlweise unentdeckt aus dem Hinterhalt ausschalten oder mit brachialer Feuerkraft ins Jenseits befördern. Dank des Deckungssystems und der hochgradig modifizierbaren Waffen machen die Schießereien ordentlich Laune, auch wenn die Gegner-KI etwas zu wünschen übrig lässt. Gefährlich wird es eigentlich erst dann, wenn viele Feinde einen umstellt haben und kein Teamkollege in der Nähe ist, der einen wiederbeleben kann.
Die schwachen Gegner würden nicht so sehr ins Gewicht fallen, wenn nicht auch die Missionen so lapidar und eintönig wären. Irgendwann hört man dem Briefing einfach nicht mehr zu und folgt lediglich dem Marker auf der Minikarte. Schade, denn die interessanten Umgebungen und das große Drogenkartell als Widersacher eignen sich eigentlich wunderbar für eine spannende Geschichte. Stattdessen unterscheiden sich nicht einmal die Hauptaufträge großartig von den belanglosen Nebenaufgaben. Hinzu kommt, dass Gegner nur selten in großen Massen auftreten und die zu kleinen Basen nicht wirklich gut gesichert sind. Wozu soll man also spannende Gadgets, wie die Aufklärungsdrohne, nutzen, wenn man auch genauso gut mit simplem Moorhuhn-Schießen auf die Köpfe der Gegner aus einer guten Deckung heraus Erfolg hat?
Taktisches Vorgehen wird vor allem auch durch das seltsame Lootsystem behindert. Wenn man die begehrten Ressourcen, die zum Aufwerten der Waffen und Freischalten neuer Fertigkeiten benötigt werden, haben möchte, muss man nämlich Kisten und Container mit Peilsendern markieren. Absurd ist, dass das jeder Spieler tun muss und man nicht selten zu viert in einer Reihe steht und wartet, bis der Vordermann seinen Sender platziert hat. Logischerweise wird der Zeitaufwand immens erhöht, wenn man unterschiedliche Aufgaben im Squad verteilt, denn der weit entfernte Scharfschütze und der draußen im Gebüsch liegende Drohnenpilot müssen nach dem Sichern eines Gebietes erst mühselig alles ablaufen, um genauso viel Gewinn aus dem Auftrag zu schlagen wie diejenigen, die direkt mit Schrotflinte bewaffnet in das Lager marschiert sind.
Leider ist auch die Spielwelt bisher nur eine Fassade, die die fehlenden Möglichkeiten zur Interaktion nur bedingt kaschieren kann. Zwar bevölkern Zivilisten die Siedlungen, wandern an Straßenrändern entlang und arbeiten auf den vielen Feldern, im Prinzip sind sie aber spielerisch nicht viel relevanter als die Kühe, die ausweichen, wenn wir auf sie zu fahren. Viel mehr als die typischen Sammelobjekte findet man derzeit in der Welt nicht. Somit wird die Erkundungstour durch die Landschaften schnell zum zeitfressenden Hindernis und man bewegt sich bald nur noch per Hubschrauber über die Karte, um möglichst schnell von Mission zu Mission zu gelangen. Mehr Leben würde der Spielwelt definitiv gut tun.
Dass wir lieber schnell mit dem Hubschrauber die Entfernungen überbrücken, liegt auch daran, dass die Steuerung der Fahrzeuge noch nicht ganz optimal war. Die Wucht schwerer Vehikel ist kaum spürbar und selbst gepanzerte Fahrzeuge schlittern teilweise wie auf Eis durch die Gegend. Außerdem wurde durch die schwankende Framerate das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten zu einem Drahtseilakt und alles andere als spaßig. Nervig kommt dazu, dass teilweise kleine Zäune und Mauern den Wagen sofort zum Stillstand bringen. Die Fahrphysik kann bisher allenfalls als „zweckmäßig“ betitelt werden und sollte dringen überarbeitet werden, damit nicht jedes Team nur mit Helikoptern und Flugzeugen unterwegs ist. Diese steuern sich zwar auch nicht wesentlich besser, benötigen aber deutlich weniger Zeit, um die bergige Landschaft zu überqueren.
Mein Fazit zur Beta von Ghost Recon Wildlands:
Tom Clancy’s Ghost Recon: Wildlands sieht wunderbar aus und bietet interessante Gameplay-Ansätze, die allerdings noch nicht weit genug ausgearbeitet wurden. An allen Ecken und Enden fehlt der gewisse Feinschliff. Ob die Entwickler es in einem Monat schaffen, alle Kritikpunkte zu verbessern und vor allem die Performance auf Vordermann zu bringen, bleibt abzuwarten. Die Hoffnung auf ein gutes Koop-Abenteuer für vier Spieler besteht weiterhin und die riesige Welt von Wildlands bietet genug Potential, um für viele Stunden unterhalten zu können. Ob sich dieses Potential letztendlich entfalten kann, werden wir in spätestens am 7. März erfahren.