Sind Videospiele Kunst? Viele aktive Zocker beantworten diese Frage natürlich blitzschnell mit einem zuweilen schon leicht genervten „Ja, natürlich“. In der Welt von weltberühmten Gemälden von van Gogh oder klassischen Musikstücken von Mozart scheinen sie dennoch noch nicht wirklich Fuß gefasst zu haben. Doch hin und wieder erscheinen Spiele, denen das Wort „Kunst“ förmlich auf den Leib geschrieben ist. Auch für Monument Valley und seinen Nachfolger steht unweigerlich fest, dass sie auf allen Ebenen als künstlerisches Werk gewürdigt werden sollten.
Sicherlich sind dir die Bilder von M. C. Escher ein Begriff aus der Schulzeit. Wenn nicht, solltest du jetzt unbedingt bei einer Suchmaschine deiner Wahl danach suchen. Seine zum Teil schwindelerregend verwirrenden Werke, bei denen man sich recht häufig „Hä, das macht doch absolut keinen Sinn“ denkt, waren wohl eine der größten Inspirationsquellen vom 2014 erschienenen Monument Valley. Auch der Nachfolger aus dem Jahr 2017 schöpft aus einem ähnlichen visuellen Repertoire. Die beiden Spiele sind vordergründig ein perspektivisches Erlebnis, Gameplay steht eher hinten an.
Eine tiefgründige Handlung, die die Motivation der Charaktere erläutert und deren Handlungen untermauert, gibt es in Monument Valley nicht. Auch die Welt bleibt weitestgehend abstrakt und unerklärlich. Vielmehr wird im Zusammenspiel zwischen übergeordneter Erzählung und dem Eingreifen des Spielers ein Weg beschrieben, der mit vielen metaphorischen Anekdoten dem Spiel einen Rahmen verleiht. Das mag jetzt vielleicht komplizierter klingen, als es eigentlich ist – im Prinzip ist Monument Valley ein spielgewordenes Bild von Herrn Escher, das als Grundlage für verschiedenste Rätsel dient.
Im Mittelpunkt des Spielgeschehens steht daher auch die Interaktion mit dem Kunstwerk an sich. Zumeist gilt es, einen Weg von Punkt A zu Punkt B zu erschaffen. Diesen kann unsere Figur dann überqueren und so zum nächsten Level fortschreiten. Neu in Monument Valley 2 ist nun, dass es oftmals zwei Figuren statt nur einer sind. Logisch, dass dadurch nun auch komplexere Aufgaben möglich sind, bei welchen man mit einer Figur der anderen den Weg freimacht und umgekehrt.
Die Zusammenarbeit der beiden Protagonisten kommt nicht von ungefähr und fügt sich recht passend ins Handlungsgefüge von Monument Valley 2 ein – man spielt nämlich Mutter und Tochter. Im Verlauf der Geschichte werden auf recht abstrakte Weise Themen wie Erziehung, Erwachsen werden und die Trennung von der Familie aufgegriffen. Sowohl spielerisch in Form von kniffligen Herausforderung als auch in kurzen Textpassagen zwischen den Levelabschnitten reflektiert man auch als Spieler über eben diese Themen.
Zentrales Element der Level sind nahezu immer perspektivische Spielereien und optische Täuschungen. Mal dreht und verschiebt man einzelne Elemente der Welt, mal kurbelt man mit einem Rad neue Wege wie von Zauberhand aus dem Hintergrund hervor und manchmal verschiebt man die Ansicht so, dass zwei Objekte so in Relation zueinander stehen, dass man sie überqueren kann. Dahinter steckt eine Logik, die zwar nicht realistisch, aber dafür schon nach wenigen Minuten verinnerlicht ist. Fortan hat man an den Rätseln zwar zu knabbern, unlösbar schwer sind sie allerdings nie.
Monument Valley 2 besticht, wie auch schon sein Vorgänger, durch das gelungene Zusammenspiel von Optik, Sound und Interaktion des Spielers. Die tollen Farben, die stimmungsvolle Beleuchtung und die Animationen der Welt und ihrer Figuren sind ein wahrer Augenschmaus. Der ruhig vor sich hinziehende Soundtrack, der immer passend zur jeweiligen visuellen Stimmung passt, bewegt sich dezent im Hintergrund und untermalt das Geschehen passend, ohne dabei aufdringlich zu sein. Der dritte Punkt, die Interaktivität, lässt einen als Spieler wortwörtlich die Welt verändern. Es gibt selten Spiele, die die Möglichkeiten eines Touchscreens so geschickt einsetzen. Ob Räder drehen, Brücken verschieben oder den Kamerawinkel ändern – alles funktioniert wunderbar.
Insgesamt lässt sich Monument Valley 2 als Metapher der Handlung verstehen. Mutter und Tochter lernen gemeinsam, lösen Probleme vereint und erreichen ihre Ziele im Team. Dabei werden Brücken gebaut, wo eigentlich keine sind und Wege geebnet, die unpassierbar schienen. Diese Vermischung von Erzählung und Einwirken des Spielenden ist meiner Meinung nach eine große Besonderheit, welche den zweiten Teil deutlich über den ersten hebt. Denn an dessen Geschichte kann ich mich jedenfalls kaum noch erinnern.
Mein Fazit zu Monument Valley 2:
Es kommt nicht häufig vor, dass sich Mobile Games derart gelungen anfühlen, wie es bei Monument Valley der Fall war. Teil 2 setzt auf das gleiche Grundkonzept, erweitert die Mechaniken aber an vielen Stellen und wirkt abwechslungsreicher und vor allem storylastiger. Die surreale Erfahrung sieht wundervoll aus, klingt stimmig und spielt sich sehr entspannend. An den tollen Farben und abgedrehten Bauwerken und Konstruktionen kann ich mich jedenfalls so schnell nicht satt sehen. Wer auf der Suche nach einem hochwertigen Spiel fürs Smartphone oder Tablet ist, macht mit beiden Ablegern von Monument Valley definitiv alles richtig.