Godhood: Der einzig wahre Glaube ist nur einen Klick entfernt

Godhood Banner

Wer von uns wollte denn nicht schon einmal Gott spielen? Die totale Macht besitzen und wahlweise Frieden und Harmonie oder Krieg und Zerstörung über die Welt bringen – das hätte sicher was. Doch wenn uns die TV-Serie American Gods eines gelehrt hat, dann ist es die Tatsache, dass ein Gott nur so stark ist wie die Masse an Menschen, die an ihn glaubt. Und genau darum geht es im rundenbasierten Strategiespiel Godhood. Angefangen mit einer sehr überschaubaren Gefolgschaft verfolgt man das eine große Ziel, alle anderen Religionen in Glaubenskriegen zu schlagen und so die eigene Anhängerschaft zu vermehren.

Entwickelt und veröffentlicht wurde Godhood von Abbey Games, welche sich bereits mit den Indie-Hits Reus und Renowned Explorers: International Society einen Namen gemacht haben. Ersteres war eine Göttersimulation, in welcher man mit verschiedenen Gottheiten Einfluss auf die Welt nehmen und so die Geschicke des eigenen Volkes indirekt steuern konnte, in letzterem versuchte man sich als Expeditionsleiter des 19. Jahrhunderts wahlweise mit aggressiven oder friedlichen Maßnahmen bei den Ureinwohnern durchzusetzen. Im Grunde könnte man Godhood als eine Mischung der beiden Spiele bezeichnen – der Titel verbindet das Führen seiner Mannschaft aus der Perspektive eines Gottes mit stetigen Duellen gegen (noch) ketzerische Ungläubige.

Hinweis: Ein Review-Key von Godhood wurde uns zur Verfügung gestellt.

Bevor man seine Jünger beeinflussen kann, steht natürlich erst einmal die Erstellung der eigenen Religion an. Hierbei können die Gottheit aus allerhand färbbaren Bauteilen erstellt sowie erste Merkmale des Glaubens bestimmt werden. Das schwierigste ist natürlich wie immer die Namenswahl. Hat man das Erstellen beendet, ist es nach einem kurzen Intro für mich auch schon Zeit, den Kombinatismus mit friedlichen Mitteln der Propaganda in die Welt zu tragen. Die ersten Schritte werden hierbei von einem textbasierten Tutorial begleitet, welches einen am Anfang mit seiner Flut an Informationen recht ordentlich überrumpeln kann. Denn obwohl Godhood auf den ersten Blick recht niedlich aussieht, steckt eine mächtige Portion Tiefgang im Spiel. Gott spielen ist eben kein Kindergeburtstag.

Spielerisch orientiert sich Godhood in einem deutlich kleineren Rahmen, als ich es anfangs erwartet hätte. Der Fokus liegt auf der Optimierung einiger weniger Anhänger, die als Speerspitze des Glaubens die eigene Gottheit auf andere übertragen und in regelmäßigen Kämpfen antreten müssen. Dabei funktioniert das Kampfsystem nach dem typischen Schere-Stein-Papier-Prinzip. Im Klartext heißt das, dass jede Einheit gegen jeweils eine andere Klasse Boni und Mali besitzt. Es ist also sinnvoll, die eigene Truppe möglichst divers zu gestalten, um völliger Unterlegenheit aus dem Weg zu gehen. Allerdings sollte man gleichzeitig darauf achten, die Synergien gut auszunutzen und im Team Kämpfer zu haben, deren Fähigkeiten sich gut unterstützen und voneinander profitieren. Das ausbooten all dieser Gegebenheiten fällt anfangs nicht leicht und lässt einen ordentlich grübeln, sorgte aber bei mir als Einsteiger anfangs auch für Ratlosigkeit.

Fehler, die man zwangsläufig in seinen ersten Runden begeht, sind nämlich nicht immer direkt erkennbar und zeigen ihre Auswirkungen erst später. Zwar weist das Tutorial komplette Neulinge in die groben Mechaniken ganz gut ein, einen tieferen Einblick bekommt man allerdings erst, wenn man sich penibel die Tooltips beim Mouse-Over durchliest und dafür gehörig Zeit und Ruhe mitbringt. An dieser Stelle ist sehr vorteilhaft, dass Godhood rundenbasiert abläuft und man so alle Zeit der Welt hat. Vorausgesetzt man nimmt sich diese auch und hastet nicht von einem Zug zum nächsten, ohne sich seine Aktionen genau zu überlegen. Der comichafte Stil suggeriert kaum, dass Godhood in Sachen Schwierigkeitsgrad ordentlich auf den Putz hauen wird.

Godhood Interface

Den wichtigsten Aspekt von Godhood stellen wie gesagt die Charaktere (im Bild oben am linken Bildschirmrand erkennbar) und deren Fähigkeiten dar. Nun könnte man natürlich vermuten, dass man sich im Laufe des Spiels einfach mehrere mächtige Glaubenskrieger aufbauen und so jeden Feind im Handumdrehen besiegen kann. Doch zum Leben gehört natürlich auch der Tod und das mit jeder Runde fortschreitende Alter der Gefolgschaft. Junge Kämpfer schrecken im Kampf öfter vor Angst zurück, die Älteren haben verringerte Attribute und sterben schlussendlich. Alternativ kann auch ein vorzeitiger Tod durch die Gottheit – also uns – hervorgerufen werden, um die Altlasten zu beseitigen und Platz für neues zu schaffen. Das ist ab und zu auch nötig, denn eine überalterte Meute hat es mit der Verbreitung der Religion reichlich schwer. Hier muss also geschickt vorausgeplant werden, denn selbstverständlich sind junge Krieger zu Beginn schwächer und müssen erst trainiert werden.

Sicherlich hast du schon bemerkt, dass sich bisher vieles im Beitrag um die Kämpfe gedreht hat. Was gibt es denn sonst noch zu tun? Nun, da wäre zum einen der Aufbau des eigenen Basis mit allerhand Gebäude, die wahlweise rundenweise wichtige Ressourcen erzeugen, mehr Ausbeuten bei erfolgreichen Kämpfen bereitstellen oder die Entwicklung bestimmter Attribute beschleunigen. Zum anderen können wir pro Runde einen Anhänger mit verschiedenen Aktionen beeinflussen und verstärken. Zudem gibt es eine Vielzahl an Segen, die wiederum eigenständige Boni mit sich bringen. Beeinflusst wird all dies durch Traditionen und Richtlinien, die das eigene Religionsvölkchen mit der Zeit etabliert und nach denen sich im groben der Spielstil richten sollte. Im Großen und Ganzen dreht sich allerdings alles um die Duelle und die Vermehrung der Gefolgschaft. Glaubensrichtungen, die eher auf Frieden und Harmonie setzen, setzen sich in den automatisierten Kämpfen eher mit Überzeugung und Bekehrungskünsten durch, während aggressive Stämme viel eher auf das Schwert setzen. Einen großen Unterschied macht dies, wie auch in Renowned Explorers, leider nicht. Lediglich die Effekte und der Kampftext sind anders. Schade, an dieser Stelle wäre sicherlich mehr drin gewesen.

Richtig gut ist indes die technische Seite von Godhood gelungen. Der Comicstil steht zwar im Kontrast zum recht komplexen und Einarbeitungszeit erfordernden Gameplay, sorgt aber gleichzeitig für visuelle Abwechslung. Die Nutzung einer breit gefächerten Farbpalette macht das Spiel auch für längere Zeit optisch interessant und lässt den Spieler nicht im grau-braunen Einheitsbrei ermüden. Auch der Soundtrack und die im Hintergrund vor sich hin düdelnde Musik fusionieren nahtlos mit dem gelungenden Stil von Godhood und verbinden sich zu einem audiovisuell sehr rundem Erlebnis. Einzig die Animationen der Figuren könnten Vielfältiger sein – sowohl in den Kämpfen als auch in der Stadt ist nicht allzu viel los. Hier könnten zukünftige Updates sicherlich für mehr Abwechslung sorgen.

Godhood Kampf

Mein Fazit zu Godhood:

Anfangs war ich erstaunt, dass Godhood sich ziemlich stark auf eine einzige Mechanik – namentlich die Kämpfe – beschränkt und sein komplettes Gameplay um diese herum aufbaut. Doch schon nach kurzer Zeit wird klar, dass hier auf Qualität statt Quantität gesetzt wurde, denn der Tiefgang des Spiels ist trotz des kleinen Rahmens sehr beachtlich. Einarbeitungszeit ist also Pflicht, wenn du etwas in Godhood erreichen willst. Und selbst dann wirst du wohl einige Anläufe brauchen, um ein halbwegs gutes Bild vom Geschehen zu haben. Die gemächliche Spielgeschwindigkeit dank der rundenbasierten Konzeption des Spiels solltest du definitiv zu deinem Vorteil nutzen und Tooltips genauestens studieren, um mögliche Synergien deiner Glaubensbrüder und -schwestern optimal nutzen zu können.

Wenn das Spiel mich eines gelehrt hat, dann ist es Mut zu haben, auch loslassen zu können. Denn wer zu lange an gewissen Kämpfen hängt, nur weil sie im Moment übermächtig und sehr stark sind, wird spätestens wenn diese alt und verbraucht sind merken, dass man sich doch lieber ein breit gefächertes Team mit verschiedenen Optimierungen aufbauen hätte sollen. Man lernt eben nie aus – auch nicht als Gott. Gute Englischkenntnisse werden übrigens vorausgesetzt, denn aktuell gibt es noch keine deutsche Übersetzung.

Mit seinem unverbrauchten Setting und der gelungenen Präsentation ist Godhood für selbsternannte Videospiel-Götter und jene, die es werden wollen, definitiv einen Blick wert. Vorausgesetzt man nimmt sich die Zeit, die das Spiel von einem verlangt. Ich empfehle den Kauf in einem kommenden Sale, wenn das Spiel durch einige Updates weiter optimiert und verbessert wurde. Grundsolide und fehlerfrei ist es auch jetzt schon. Wir sind gespannt, was alles noch kommt.