Crowsworn: Ernsthafte Silksong-Konkurrenz oder doch nur Hollow-Knight-Abklatsch?

Crowsworn Banner

Eines der Projekte, die das Videospielkombinat bisher auf Kickstarter unterstützt hat, hat das Potential, die augenscheinliche Vorlage zu übertrumpfen und damit womöglich ein neuer Platzhirsch im Metroidvania-Genre zu werden. Die Rede ist von Crowsworn, einem sehr erfolgreichen Crowdfunding-Projekt, welches seine Unterstützer bisher mit zwei spielbaren Demos versorgte. Zweitere ist erst kürzlich erschienen und liefert allerhand spannende Dinge zum Ausprobieren. Und das Beste daran: Man spoilert sich nicht für das Hauptspiel, denn die Inhalte werden so im fertigen Produkt nicht vorkommen. Da Hollow Knight noch immer zu meinen Lieblingsspielen zählt und der Nachfolger, Silksong, weiterhin mit gähnend wenigen Infos auf sich warten lässt, war es genau der richtige Zeitpunkt, um sich mit Crowsworn abzulenken und dabei zu ergründen, wie nah es sich am Vorbild Hollow Knight aufhält.

Wer von Crowsworn noch nichts gehört hat, der ist entweder nicht sonderlich aktiv im Metroidvania-Genre oder hat mit Hollow Knight nichts am Hut. Denn zu letzterem gibt es unfassbar wenige Informationen seitens der Entwickler – der letzte offizielle Blogbeitrag ist sage und schreibe 4 (!) Jahre alt – dass die Community auf Reddit langsam aber sicher durchdreht und ein verrückter Beitrag auf den nächsten folgt. Natürlich gab es dort auch schon einige Diskussionen über Crowsworn, welches Hollow Knight als klares Vorbild sieht. Glücklicherweise nicht in Sachen Kommunikation! Denn das Team hinter Crowsworn versorgt uns regelmäßig mit Updates zum Stand des Spiels und lässt die Unterstützer das Projekt sogar selbst antesten – und genau das habe ich getan!

Ein leicht verschwommener und unheimlich ausschauender Hintergrund, von Dunkelheit umschlossene Felswände, zackige Sternformationen im Vordergrund und ein unwirtlicher Regen. Unsere Figur mit rotem Mantel, Hut und Pestmaske richtet sich langsam auf. Man testet die ersten Bewegungsabläufe – das Springen, Laufen und Rollen. Auch Zuschlagen kann unser Held schon, allerdings ist die schwere Holztür auf der rechten Seite zu massiv für Fausthiebe. Bei jedem Schritt hört man das Regenwasser, das den Boden säumt und links auch schon eine kleine Höhle gefüllt hat. Nach einer kurzen Sprungeinlage erreichen wir eine Truhe, die sich nach einem Timing-Minigame öffnet und unsere Sense preisgibt. Jetzt lassen sich die Türen zerschlagen und wir bekommen es hinter der Tür gleich mit ersten Gegnern zu tun, die noch recht harmlos sind und keine große Herausforderung darstellen.

Ja, der Start fühlt sich insbesondere für Fans von Hollow Knight sehr vertraut an. Und doch stechen gleichzeitig die großen Eigenheiten von Crowsworn heraus. Zum einen wäre da das von Beginn an um eine Ausweichrolle erweiterte Moveset. Dadurch werden nicht nur die ersten Kämpfe direkt herausfordernder und flotter. Auch das Erkunden der Areale wirkt schneller und dynamischer. Ein großer Kritikpunkt von Hollow Knight war für viele, dass das Spiel zu lange braucht, bis Geschicklichkeits- und Kampfabschnitte gleichermaßen von Doppelsprung, Dash und Co. profitierten. Klar, die Demo spiegelt nicht das finale Spiel wider, aber ich würde mich sehr freuen, wenn Crowsworn ähnlich schnell wie hier auf ein komplexeres Spielniveau durch mehr Fertigkeiten kommt.

Vertraut wirkt der Beginn der Demo insbesondere auch durch eine ähnlich dichte Atmosphäre. Sowohl visuell als auch beim Audio-Design glänzt Crowsworn bisher auf ganzer Linie. Schon die Bosskampf-Demo hatte gezeigt, dass das Spiel stimmig wirkende Szenerien erschaffen kann. Abseits der eingeschränkten Kampfarena weiß das Spiel zum Glück nun auch zu glänzen und sorgt mit verwinkelten Gängen, gut gestalteten Geschicklichkeits-Passagen und durchdacht platzierten Gegnern für einen wunderbaren Gameplaymix. Abgerundet wird dieser durch gelungene Bildsprache, die die ungemütliche Atmosphäre der Umgebungen unterstreicht. Auch die Musik tut ihr übriges und untermalt das Geschehen mit schaurig-schönen Klangbildern, ohne dabei aufdringlich zu wirken.

Crowsworn Kanal

Während die Ausweichrolle mit ihrer geringen Abklingzeit dafür sorgt, dass man in den Kämpfen in Crowsworn deutlich flotter unterwegs ist, als es in Hollow Knight am Anfang der Fall war, unterstützt auch das Heilungs-System das schnellere und risikoreichere Spielen. Denn um sich nach eingesteckten Treffern wieder aufpäppeln zu können, muss die entsprechende Phiole gefüllt werden. Dies geschieht, indem man eine bestimmte Anzahl an Treffern bei Gegnern landet. Wer also im Kampf nur ausweicht, wird sich auch nicht heilen können. Und je schneller man die erforderliche Anzahl an Schlägen unterbringen kann, desto eher hat man wieder mehr Trefferpunkte. Das Ganze erinnert an das System, welches man in den bisherigen Silksong-Videos sehen durfte.

Die Abwägung von Risiko und Belohnung ist also insbesondere in den sehr knackigen Bosskämpfen immens wichtig. Die Demo gibt an dieser Stelle schon einen sehr guten Einblick in die späteren kniffligen Kämpfe, denn sie kommt mit einer sehr steilen Lernkurve daher, die sowohl den seichten Einstieg als auch schwere Kämpfe gegen Ende des Spiels zeigt. Klar, binnen weniger Kämpfe von sehr einfach auf brutal schwer zu klettern, mag nicht jedermanns Sache sein, aber für einen guten Eindruck ist dies perfekt.

Unfehlbar ist Crowsworn in seiner derzeitigen Demoform selbstverständlich nicht. Meine größten Kritikpunkte drehen sich beide mehr oder weniger um den Tod im Spiel. Zum einen wäre da die Tatsache, dass der einzige Malus fürs Sterben der Verlust der Währung ist. Und man bekommt diese aktuell auch nicht zurück. Zum anderen ist es aktuell nicht möglich, in irgendeiner Weise schnell auf der Karte hin und her zu reisen. Dafür würden sich die Respawn-Punkte eigentlich schon jetzt anbieten, sind sie doch recht fair auf der Welt verteilt. Doch an dieser Stelle folgt auch gleich eine große Entwarnung, denn kurz vor der Veröffentlichung dieses Beitrags erfolgte das Kickstarter-Update 30, das folgendes zu beiden Punkten sagt: Fast Travel wird es im fertigen Spiel geben und die Strafe fürs Sterben ist nur ein Platzhalter und auf keinen Fall die geplante Todes-Mechanik für die finale Version. Ist Crowsworn dann für meine Begriffe nicht doch nahezu unfehlbar?!

Crowsworn Pistole

Mein Ersteindruck zu Crowsworn:

Hier kommt etwas Großes auf uns zu! Die Demo zeigt sehr klar, wo die Reise hingehen wird und es kann eigentlich gar nicht so viel falsch laufen, dass Crowsworn seinen Faden verliert und am Ende nicht das unterhaltsame Metroidvania wird, nach dem es jetzt schon aussieht. Klar, die Parallelen zu Hollow Knight sind unverkennbar. Und dennoch bietet Crowsworn schon jetzt genug Eigenheiten, um nicht als billige Kopie dazustehen.

Besonders das interessante Setting mit seinen gotisch-kirchlichen Einflüssen und die düstere Atmosphäre haben es mir bereits seit dem ersten Trailer sehr angetan, das Spielen der Demo verfestigt mich in meinem Interesse an dem Abenteuer nur noch mehr. Auch die Anpassbarkeit des roten Pestdoktors, einer einfach cool aussehenden Spielfigur, wird wohl sehr umfangreich und vielschichtig sein, an Komplexität mangelt es dem Spiel jedenfalls nicht.

Gearbeitet werden sollte noch am Treffer-Feedback, welches ich beim oft erwähnten Vorbild deutlich besser fand. Eine kurzer Bildstillstand im Millisekunden-Bereich würde dem Ganzen deutlich mehr Wucht verleihen. Auch der Effekt beim Schlagen eines Gegners ist mir aktuell ein wenig zu aufdringlich und überbelichtet – ganz so extrem sollte der helle Schein nicht sein. Aber das sind alles Kleinigkeiten und Crowsworn ist noch weit von der Veröffentlichung entfernt.

Wer den Indie-Pixel-Einheitsbrei so wie ich kaum noch ertragen kann und immer auf der Suche nach qualitativen „kleinen“ Spielen ist, der sollte sich Crowsworn auf jeden Fall notieren. Denn auch, wenn der Release noch eine Weile auf sich warten lässt, bin ich mir ziemlich sicher, dass sich die Wartezeit lohnen wird.