Zugegebenermaßen bin ich mir bei Call of Duty nicht mehr sicher, den wievielten Teil ich nun eigentlich gerade vor mir habe. Bis Ghosts konnte ich das Ganze noch grob mitverfolgen, danach fehlt mir eindeutig der Überblick. Macht aber nichts, denn in Zeiten, wo viele seit Jahren mal wieder über CoD reden und die GameStar ein Video mit „Alle lieben Call of Duty?“ veröffentlicht, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, in die Beta vom kommenden Call of Duty: Modern Warfare reinzuschauen. Und obwohl einiges richtig Laune gemacht hat, gab es meiner Meinung nach deutlich zu viele Macken.
Die Beta von Call of Duty: Modern Warfare, das trotz des verblüffend ähnlichen Namens übrigens kein Remaster von Call of Duty 4 ist, ließ uns drei Modi des im Oktober erscheinenden Shooters antesten. Neben einem klassischen Mix aus CoD-typischen Team-Deathmatch- und Herrschafts-Modi gab es auch einen Realismus-Modus, der die Bildschirmanzeigen deutlich zurückschraubt. Mit dabei war auch der von vielen gelobte Bodenkrieg-Modus, in welchem man in bester Battlefield-Manier auf großen Karten unterwegs ist und sogar Fahrzeuge steuern kann. Überraschenderweise machte mir der Modus, von dem ich es am wenigsten erwartete, am meisten Spaß.
Startet man zum ersten Mal die klassische Spielsuche, fühlt man sich selbst als jemand, der Call of Duty vor vielen Jahren das letzte Mal aktiv gespielt hat, heimisch. Die Karten sind wie gewohnt recht klein, bieten durch viele Wege und Deckungen aber dennoch genug Raum für die altbekannte schnelle Action. Die Waffen fühlen sich von der Pistole übers Sturm- bis hin zum Scharfschützengewehr vertraut an und man bekommt schnell ein Gefühl für die Schießeisen. Das grundlegende Gameplay hat sich seit meiner Zeit im tollen Call of Duty 4 auch nur marginal verändert, was prinzipiell ja nichts schlechtes sein muss. Erstmals fällt auch die Optik nicht negativ auf – Call of Duty: Modern Warfare setzt zwar keine neuen Maßstäbe, sieht aber durchweg schick und modern aus.
Besser begutachten lässt sich die neue visuelle Gestaltung im Realismus-Modus, welcher die Bildschirmanzeigen nahezu komplett deaktiviert und zumindest auf dem Papier einen Kritikpunkt angeht, den ich seit jeher an Call of Duty habe. In der Regel bombardiert einen das Spiel nämlich mit zu vielen unnötigen Einblendungen und vor lauter User Interface sieht man manchmal das Spiel gar nicht. Unser Artikel „Zu viel des Guten: Das Spielen mit den Icons“ geht der Problematik näher auf den Grund. Der Realismus-Modus in Modern Warfare entfernt nun sowohl Punkte- als auch Trefferanzeigen und das Fadenkreuz. Selbst die Minikarte wird nur eingeblendet, wenn eine Drohne in der Luft ist. Waffen machen außerdem deutlich mehr Schaden – ein einzelner Treffer in den Kopf ist in der Regel mit jeder Waffe tödlich. Zu meiner Enttäuschung ist allerdings nach wie vor die Killcam im Spiel, was leider wieder einige der taktischen Möglichkeiten zunichte macht.
Wolltest du in Call of Duty schon immer einmal einen Panzer fahren? Wenn du die Frage ähnlich wie ich beantwortest, kommt dabei sicher irgendetwas zwischen „Nein!“ und „Hä?“ heraus. Doch der Bodenkrieg-Modus bietet nun genau das – große Karten mit deutlich mehr Spielern, die sich nun unter anderem auch in Panzer schwingen können. Call of Duty wagt hier einen deutlichen Schritt in Richtung Battlefield, das Ganze fühlt sich aber meiner Meinung nach nicht sonderlich gut an. Die schnellen Bewegungsabläufe der Infanterie korrelieren einfach nicht befriedigend mit den behäbigen Kettenfahrzeugen, die sich zudem nicht einmal sonderlich toll steuern. Durch die deutlich größere Karte und die Erhöhung der Spielerzahl auf 64 kommt man sich hin und wieder noch irrelevanter vor, als es bei CoD so schon der Fall ist.
Das Gefühl, nicht gebraucht zu werden oder nicht wirklich eine Wirkung erzielen zu können, macht sich bei mir persönlich bei einigen Shootern breit. Meistens passiert dies in den Modi, bei denen man beliebig oft respawnen kann. Es ist einfach ein seltsames Gefühl, das Match mit einer für meine Verhältnisse ziemlich ordentlichen K/D-Ratio anzuführen und dann trotzdem zu verlieren. Die Runden, in denen ich wirklich dominierte, hielten sich natürlich dank fehlender Erfahrung in Grenzen. Und trotzdem oder vielleicht gerade durch die geringe Auswirkung meines Erfolgs bleibt die Spannung weit hinter der einer knappen Runde Counter-Strike. Ein Match in Call of Duty fühlt sich einfach nicht so fokussiert und gewichtig an. Unter anderem liegt dies auch daran, dass die meisten Modi Respawns ermöglichen und man daher nicht selten von der Position erschossen wird, auf der man gerade selber ins Spiel eingestiegen ist. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Schusswechsel in CoD keinen Spaß machen können. Gerade fürs spontane Reinspringen eignen sich die kurzen actiongeladenen Runden, die besonders im normalen Matchmaking-Modus der Beta vorkamen, noch immer.
Den in manchen Runden der Beta aufgekommenen Spielspaß machten die technischen Probleme der Menüs bei mir leider nahezu komplett zunichte. Nahezu jedes noch so kleine Menü hatte spürbaren Lag und führte zu kurzen Standbildern. Auch bei Szenenwechseln vom Menü ins Spiel stockte das Spiel merklich. Im Prinzip gibt es fast keine Stelle, an der nichts stottert. Bildrateneinbrüche beim Wiedereinstieg nach dem Tod, beim Anpassen der Waffenauswahl, ja sogar bei der Punktevergabe nach dem Match und noch vor dem eigentlichen Spielstart im Hauptmenü wurden zur erwartbaren Normalität während des Betawochenendes. Hier müssen die Entwickler unbedingt noch nachbessern, sonst bleibt Call of Duty: Modern Warfare für mich nur als Ruckelfest in Erinnerung.
Auch die allgemeine Gestaltung der Menüs, besonders der Grafikeinstellungen am PC, bedürfen noch einiges an Nachbesserung. Die elendig penetrante Bewegungsunschärfe, welche das Bild selbst noch verschwimmt, nachdem man sich schon gar nicht mehr wirklich einer schnellen Drehung befindet, konnte ich erst nach einer gefühlten Ewigkeit ausfindig machen und abschalten. Die Benennung der Einstellung war an dieser Stelle wohl eher weniger gelungen.
Gut gelungen ist indes das Crossplay-Feature. Ich weiß, Call of Duty ist wohl nicht unbedingt die Spielereihe, bei der man mit Maus und Tastatur gegen Gamepads antreten sollte. Und trotzdem ist es für mich persönlich eine willkommene Entwicklung zu sehen, dass immer mehr Studios das Zusammenspielen zwischen PC, Xbox und PlayStation zulassen. Obwohl es ja schon putzig ist, wie langsam die Konsolenspieler sich zuweilen drehen, während man sich mausgesteuert engelsgleich und blitzschnell umschauen kann. Besonders in Innenräumen werden hier die Unterschiede deutlich.
Mein Ersteindruck zu Call of Duty: Modern Warfare:
Zu meiner Überraschung machten mir die klassischen CoD-Modi am meisten Laune in der Beta. Team Deathmatch und Herrschaft in einem halbwegs realistischen Setting und ziemlich schnellem Gameplay – das hat schon was. Und das auch endlich mit einer zeitgemäßen Optik. Diese ist natürlich immer noch meilenweit von einem Battlefield entfernt, welches übrigens im Sounddesign auch nicht einmal ansatzweise geschlagen wird, aber Call of Duty muss sich trotzdem nicht mehr verstecken. Leider wird der Sinn des Realismus-Modus durch die Killcam völlig zerstört und auch der Bodenkrieg-Modus, der sich im Grunde nicht besser als eine mittelmäßige Fanmod für das Franchise anfühlt, sollte noch einmal überdacht werden. Dass die Bugs und Framerateeinbrüche ebenfalls bis zum Release behoben werden sollten, ist ja wohl klar.
Call of Duty: Modern Warfare erfindet insgesamt das Rad der Reihe nicht neu und ist demnach wohl lediglich für jene interessant, die der Serie nach all den Jahren immer noch etwas abgewinnen können. Die neuen Modi überzeugten mich in der Beta nicht.
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