The Walking Dead: A New Frontier: Starke Handlung trotz schwacher Technik

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Über fünf Jahre ist es her, als die erste Staffel von Telltale Games The Walking Dead die Herzen der Spieler eroberte und bis heute als eines der besten Spiele des Jahres 2012 gezählt wird. Das Zusammenspiel von Gameplay, Handlung und Entscheidungen brachte nahezu im Alleingang ein eigenes Sub-Genre hervor. Kann Staffel 3 noch immer an vergangene Qualitäten anknüpfen? 

Für viele ist die erste Staffel von Telltale’s The Walking Dead ein Meisterwerk. Da ist es nicht verwunderlich, dass bis heute unzählige lizenzierte Reihen aus den unterschiedlichsten Spiele- und Filmuniversen von Telltale umgesetzt werden. Von Game of Thrones über Batman bis hin zu den Guardians of the Galaxy streckt sich der große Katalog an Spielen, die im Grunde noch immer auf den Stärken des Hits von 2012 aufbauen. Nur leider sind auch die Schwächen übernommen worden, was nun auch The Walking Dead: A New Frontier, der dritte Abstecher in die Zombie-Endzeit, verdeutlicht.

Wer die ersten beiden Teile der Reihe gespielt hat, der wird in den ersten Spielminuten erschrecken. Denn vorerst sieht man nichts von Clementine, die nun schon seit zwei Staffeln ein treuer Begleiter der Reihe ist. Stattdessen wir man in eine neue Familie eingeführt und lernt die ersten Charaktere kennen, mit denen man es in A New Frontier zu tun haben wird. Der erneute Wechsel des Hauptcharakters – Fans erinnern sich hier sicherlich ans Ende der ersten Staffel – wird nicht jedem gefallen.

Auch ich musste mich erst einmal daran gewöhnen, plötzlich mit wieder völlig fremden Personen interagieren zu müssen. Man weiß einfach zu Beginn nicht viel darüber, wie diese zueinander stehen und was sie bereits durchgemacht haben. Dies wird erst nach und nach in Rückblenden erzählt, die auch die Reise von Clementine zwischen Staffel 2 und 3 beleuchten und damit erst im späteren Spielverlauf die Lücke schließen. Dies wirkt sich auch auf die Entscheidungen der Spieler und das allgemeine Interesse an den neuen Figuren aus, aber dazu später mehr.

Insgesamt gewöhnt man sich dann spätestens nach den ersten beiden der insgesamt fünf Folgen umfassenden Handlung an die neuen Charaktere und kommt wie gewohnt mit einigen gut und mit anderen weniger gut klar. Die Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, Freunden und völlig Fremden spielt wie gewohnt eine größere Rolle als das reine Abstechen der faulenden Walker, die typisch für The Walking Dead lediglich eine schmückende Nebenrolle einnehmen, wobei es in einigen Schlüsselszenen natürlich wieder heiß hergeht und gerade in den ungünstigsten Momenten dutzende Zombies anrücken, soviel sei im Bezug auf die durchaus unterhaltsame Handlung verraten.

The Walking Dead A New Frontier Walker

Das reine Gameplay beschränkt sich, wie man es von Telltale mittlerweile gewohnt ist, auf Quicktime-Events und wenige Abschnitte, in denen man sich frei bewegen kann. Wer eine Rückkehr zu den Interaktionsmöglichkeiten des ersten Teils erwartet, wird enttäuscht. Wenn es dann mal offenere Gebiete gibt, in denen man sich umschauen darf, sind die Rätsel derart plump, dass man sich direkt wünscht, wieder zu den linearen Sequenzen zurückzukehren. Objekte, die man zum Lösen einer Aufgabe braucht, sind zuweilen unglaublich blödsinnig verteilt und meiner Meinung nach schaden die eher zwanghaft eingebauten Gameplay-Momente dem Spiel als dass sie in irgendeiner Weise spannend sind.

Viel mehr stehen wieder die Entscheidungen in den Dialogen im Mittelpunkt, die diesmal überraschend knifflig ausfallen. Man wird nicht selten in Situationen geworfen, in denen man kaum eine richtige Wahl treffen kann. Trotzdem zeigt der Abspann der Episoden zumindest zu Beginn recht häufig eine klare Verteilung der Entscheidungen in eine bestimmte Richtung. Woran das wohl liegen mag?

Die Antwort ist für mich recht klar – an Clementine. Denn jede Entscheidung, bei der ich mich für oder gegen sie richten musste, entschied ich natürlich zu ihren Gunsten. Warum? Weil mich das Mädchen seit der ersten Staffel begleitet und – es mag schnulzig klingen – man zu viel gemeinsam durchgemacht hat, um ihr jetzt plötzlich den Rücken zu kehren, nur, weil es eine neue Hauptfigur gibt. Für mich stand noch immer Clementine im Fokus und mir war es weniger wichtig, wie die anderen Personen über mich denken würden. Und so haben sich anscheinend nicht wenige Spieler verhalten, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob der Wechsel der Spielfigur angebracht war.

Ein weiterer Grund, warum man spielerisch keine großartigen Offenbarungen erwarten sollte, ist die noch immer stark veraltete Technik. Zwar hat man die Animationen verbessert und die Charaktere wirken insgesamt deutlich detaillierter, trotzdem wirkt das Spiel vor allem optisch zuweilen unglaublich veraltet. Das geht so weit, dass sich an einigen Stellen bei Fahrzeugen nicht einmal die Räder drehen. Und das darf im Jahr 2017 einfach nicht mehr sein. Auch die zwar kurzen aber dadurch nicht weniger nervigen Ladezeiten, die ab und zu auftretenden Grafikfehler und die arg glänzenden Gesichter sind nicht wirklich stimmungsfördernd. Die technische Seite schränkt die Handlung zwar nicht allzu sehr ein, dennoch ist es an der Zeit, dass Telltale sich ein modernes technisches Grundgerüst für ihre Spiele aufbauen. Ewig geht es so jedenfalls nicht weiter.

The Walking Dead A New Frontier Clementine

Mein Fazit zu The Walking Dead: A New Frontier:

Persönlich hat mir die zweite Staffel mindestens genauso gut gefallen wie die erste. Ich war nie ein großer Fan der Rätsel und freien Gebiete, da diese meiner Meinung nach lediglich das Vorankommen in der Geschichte aufhielten. Somit bin ich insgesamt recht zufrieden damit, dass auch A New Frontier einen starken Fokus auf die Dialoge legt und ansonsten nicht viel in Sachen Gameplay experimentiert. Denn dadurch fällt auch die miserable Technik nicht allzu stark auf, da das Voice-Acting wieder einmal erstklassig gelungen ist. Wer mit Telltale Games bisher Spaß hatte, wird auch A New Frontier mögen. Große Neuerungen sucht man allerdings vergebens.