Mr. Robot: Staffel 4 – Perfekter Wahnsinn, kompliziert einfach

Als Mr. Robot letzten Herbst nach fast zwei Jahren Pause in die letzte Staffel ging, hatte ich gespaltene Gefühle. Die lange Pause sorgte dafür, dass ich gar nicht mehr so recht wusste, was alles in den ersten drei Staffeln passiert war. Und das spricht eigentlich nicht für eine spannende oder tiefgehende Story. Andererseits war und ist die Handlung der Serie super komplex, sodass ich auch beim Schauen manchmal nicht ganz sicher war, ob ich alles richtig verstanden hatte. Das Schauen der Serie im Originalton und ohne Untertitel hat dem Ganzen sicherlich nicht positiv zugetragen. Letztlich überwindete ich mich, schaute Recaps der ersten drei Staffeln und war bereit für das große Finale. Ob die vierte und letzte Staffel von Mr. Robot unterhalten konnte und ob die komplexen Handlungsstränge sinnvoll abgeschlossen werden konnten, erfahrt ihr in dieser Review.

Inhaltlich wird natürlich die komplexe Geschichte rund um Ausnahme-Hacker Elliot Alderson fortgesetzt. Das Hauptthema Hacking steht dabei aber wie auch schon in der letzten Staffel immer weniger im Vordergrund. Stattdessen liegt der Fokus eher auf der Dynamik der Beziehungen zwischen den Charakteren. Auch Elliot handelt mehr und mehr emotionsgetrieben, zeigt unerwartet dunkle Züge und überschreitet Grenzen. Die Offenbarungen beschränken sich aber nicht nur auf den Protagonisten, was der Spannung sehr zu gute kommt. Prägend sind auch viele Cliffhanger und wirklich überraschende Schockmomente. Denn da dies die letzte Staffel ist, gibt es keine Plotarmor mehr und wirklich kein Charakter ist sicher, was uns direkt in der ersten Szene der Staffel vorgeführt wird. Diese Momente sind aber gut gewählt und die Wirkung geht nicht durch eine Überhäufung an Überraschungen verloren.

Durch den Druck, alles sinnvoll zu Ende zu führen, wird die Handlung auch nicht durch Filler-Episoden gebremst. Anders als zum Beispiel Game of Thrones, welches auch vorschnell zu Ende gebracht werden “musste”, fühlt sich die Story aber nicht überhastet an. Dies könnte auch an einer Verlängerung der Staffel auf dreizehn statt wie zuvor zehn Folgen liegen. Die Handlung schreitet klarer als je zuvor ihrem Höhepunkt und sinnigen Abschluss entgegen. Der Weg zum Ziel ist aber mit Details übersät und durch unzählige Wendungen ein wenig verschwommen. Daher wird das Ende sicherlich nicht alle begeistern. Selbst ich war im ersten Moment ein wenig unschlüssig. Da diese Review spoilerfrei bleiben soll, belasse ich es bei folgendem: Das Ende der Serie betrachtet nicht Elliot den Hacker, sondern Elliot den Menschen. Und das macht das Ende so gut.

Der Hauptcast bleibt in der finalen Staffel weitgehend bestehen und wird nur um eine Nebencharakterin ergänzt. Diese ist aber zentral darin, dem Zuschauer zu zeigen wie weit Elliot bereit ist zu gehen, um sein Ziel zu erreichen. Die Entwicklung Elliots ist fesselnd, da ich selten in einer Serie damit konfrontiert war, die Handlungen des liebgewonnenen Protagonisten zu verurteilen und von diesem abgeschreckt zu sein. Aber auch andere Akteure zeigen sich verändert. Der stoische Philip Price, CEO von E Corp, oder auch Tyrell Wellick werden nun nicht mehr von Macht und Geld sondern vielmehr von ihren persönlichen Schicksalen getrieben. Alle Hauptcharaktere sind, wie ich bereits weiter oben erwähnt hatte, in dieser Staffel vogelfrei. Folglich erleben auch nicht alle Mitglieder des Hauptcast das Ende der Serie. Insgesamt gelingt es dem Team um Regisseur Sam Esmail aber außergewöhnlich gut, allen Charakteren ein verdientes Ende zu geben. Auch einige Auftritte von Nebencharakteren aus den vorherigen Staffeln helfen dabei.

Die schauspielerrische Leistung ist in Staffel 4 auf einem unvergleichlichen Niveau. Ob Rami Malek, Christian Slater, Carly Chaikin oder BD Wong – die Hauptrollen sind oscarreif bestückt. Und obwohl die Schauspieler schon immer zu den Stärken der Serie zählten, kommen sie nun noch mehr zur Geltung. Denn da wenige Nebencharaktere verbleiben, liegt der Fokus auf dem brilliant besetzten Hauptcast.

Die Cinematography muss sich ebenfalls nicht vor Hollywood-Filmen verstecken. Die Arbeit mit der Kamera ist phänomenal. Die vielen gut aufgebauten One-Take-Einstellungen und Kamerafahrten Sorgen dafür, dass der Zuschauer wie gebannt am Bildschirm klebt. Folge 5 ist mir besonders durch ihre herausragende Erzählstruktur und den Verzicht auf Dialoge im Gedächtnis geblieben. Und obwohl – beziehungsweise gerade weil – kein Wort gesprochen wird, überträgt die Serie die Spannung, unter denen die Darsteller stehen, so gut auf den Zuschauer.

Im Bereich Musik setzt Mr. Robot auch ganz eigene Höhepunkte. Die Musikwahl ist toll und passt stets zu den Szenen. Manche Momente werden dabei speziell von der Melodie im Hintergrund getragen und perfektioniert. Und perfekt ist dabei kein Adjektiv das ich leichtsinnig verwenden würde. Aber die Musik trifft dabei genau die Gefühlstimmung der Szenen und des Zuschauers.

Mein Fazit zum Finale von Mr. Robot:

Staffel 4 schließt Mr. Robot mit einem aus meiner Sicht guten Ende ab. Zugegebenermaßen kann ich es aber auch verstehen, wenn nicht jeder davon vollends begeistert sein wird. Über alle vier Staffeln betrachtet ist Mr. Robot eine tolle und sehenswerte Serie. Die Handlung ist äußerst vielschichtig und fesselnd, manchmal aber auch schon zu komplex. Abseits der Handlung wird Mr. Robot von oscarreifer Schauspielkunst, erstklassigem Drehbuch und exzellenter Kamera- und Tonarbeit getragen. Ich kann die Serie wirklich empfehlen. Besonders, wenn man auf Anhieb ein Herz für den introvertierten Hauptcharakter Elliot hat, werden einen die knapp 45 Folgen sehr gut unterhalten.

Diese Review bezieht sich auf die Version mit englischem Originalton.