LUPIN: Ein französischer Meisterdieb stiehlt auf Netflix die Show

Die Entstehungsgeschichte dieser Review ist – zumindest für mich – eine völlig ungewohnte. Denn die Serie Lupin wurde mir nicht von Freunden oder Kollegen empfohlen, auch nicht von Blogs oder aus irgendeiner Werbung. Nein, auf Lupin bin ich nur gestoßen, da die Serie im Juni auf Platz 1 der deutschen Netflix-Charts platziert war. Meist ignoriere ich diese, da ich gezielt eine bestimmte Serie schauen möchte. Glücklicherweise tat ich das bei Lupin nicht und ließ mich auf die Dramaserie aus Frankreich mit Omar Sy in der Hauptrolle ein. Die Pilotfolge konnte mich ziemlich positiv überraschen und eh ich mich versah, hatte ich auch schon alle Folgen der ersten beiden Kapitel verschlungen.

Ich finde es immer toll etwas zu finden, das man gar nicht gesucht hat. Lupin ist für mich so ein Fall. Ich mag zum Beispiel Sherlock Holmes. Der gewiefte und teilweise skurrile Protagonist scheint dem Zuschauer (oder Leser) dabei stets einen Schritt voraus. Wenn dann schlussendlich alle Fäden zusammengewoben werden, ist man meist Baff von all den nicht wahrgenommenen, versteckten Hinweisen. Gerade in frühen Folgen von Mr. Robot gibt es ein ähnliches Schema, bei dem man der Vollendung der wagemutigen Hacker-Angriffe des Protagonisten folgen kann.

All diese Beispiele haben für mich aber nicht so viel Charme versprüht wie Lupin und das Genre des “Gentleman Burglar”, welchem die Serie angehört. Bis ich die Serie gesehen hatte, wusste ich auch nicht, dass das ganze genau mein Genre ist. Denn gerade die moralische Gradwanderung des sympathischen und eigentlich liebevollen Diebes, der ja aber am Ende doch stiehlt, gibt dem ganzen für mich noch eine besondere Würze.

An dieser Stelle möchte ich auch positiv hervorheben, dass Netflix ihr Portfolio immer breiter aufstellen und dadurch auch eine solche Nischenserie, die eigentlich eher für ein französisches Publikum angedacht gewesen sein dürfte, international erfolgreich ist und auch mir in Deutschland viel Unterhaltung bietet.

Paris ist ein perfektes Setting!

Die Serie selbst spielt in Paris und handelt nicht direkt von der Romanfigur Arsene Lupin, sondern von Assane Diop. Dieser ist seit der Kindheit ein großer Fan der Romane und quasi eine moderne Repräsentation von Lupin. Assane schlägt sich mal mehr und mal weniger gut durchs Leben und hat zwischenmenschliche Probleme und Sorgen wie jeder andere. Gleichzeitig ist er aber ein Mastermind und kann komplexeste Pläne für seine meisterhaften Diebstähle konzipieren. Hinter all dem stehen aber noble Ziele, sei es für seinen Sohn da zu sein oder den Namen seines Vaters reinzuwaschen, der vor langer Zeit zu unrecht wegen Diebstahls verurteilt wurde. Doch das Erreichen dieser Ziele stellt Assane vor neue Herausforderungen, die selbst ihn glaubwürdig an seine Grenzen bringen. Mehr will ich an dieser Stelle nicht vorweg nehmen, außer dass es am Ende zu einem Happy End kommt. Dieses ist auch mehr oder weniger vorhersehbar, was dabei aber so spannend ist, ist die Frage WIE er es am Ende schaffen wird, seinen meisterlichen Plan umzusetzen.

Insgesamt gibt es zehn Folgen mit einer Laufzeit zwischen 40 und 60 Minuten. Die Serie ist in Kapitel a jeweils fünf Folgen gegliedert. Zwischen diesen gibt es einen klassischen Cliffhanger, den ich aber schwer bewerten kann, da ich die Serie mehr oder weniger an einem Stück geschaut habe. Mir persönlich gefällt die Länge der Serie bisher und finde die ersten zehn Folgen bilden eine Runde Handlung ab. Da Netflix aber bereits weitere Kapitel angekündigt hat, bleibt abzuwarten ob die Serie ihre Qualität halten kann oder wie viele andere Episodenformate zukünftig unnötig in die Länge gestreckt wird.

Die Handlung hat mich wirklich gefesselt. Obwohl klar ist, dass Assane am Ende einen Weg finden wird, und sei dieser noch so verrückt, war ich stets von Spannung gepackt und nie von Vorhersehbarkeit gelangweilt. Einzig die vielen Flashbacks zurück in Assanes Kindheit fand ich auf Dauer etwas zu viel. Vermutlich liegt das aber auch daran, dass der Schauspieler Omar Sy schlecht die erwachsene als auch die Kindheits-Version des Protagonisten einnehmen kann, denn Lupin wird definitiv auch von guten schauspielerischen Leistungen getragen. Paris bietet dabei ein tolles und passendes Bühnenbild und die stimmigen Aufnahmen werden nicht selten passend musikalisch untermalt. Zu den tollsten Momenten gehören die Szenen, in den Assane die Pariser Polizei vorführt und das Scheitern seiner Verfolger mit jazziger Musik unterlegt wird. Besonders überzeugend ist die Serie im französischen Original. Da meine Sprachkenntnisse dafür aber leider nicht ausreichten, musste ich mich mit der auch gut vertonten englischen Version zufriedengeben.

Assane schlüpft in die verschiedensten Rollen.

Mein Fazit zu Lupin:

Lupin ist eine wirklich sehenswerte Serie, speziell für Zuschauer, die mit dem Genre des Gentleman Burglar etwas anfangen können. Darüber hinaus sind Fans von Sherlock Holmes sicherlich auch nicht falsch. In den bisher veröffentlichten zehn Folgen wird mit sehr viel Liebe zum Detail, Charme und Witz aber auch so gut wie nie abfallender Spannung eine interessante Krimi-Geschichte erzählt. Die schauspielerische Besetzung, allen voran Omar Sy, macht eine gute Figur. Mir hat die Serie gute Unterhaltung gebracht und für mich ein ganzes Medien-Genre geöffnet. Für Netflix-Dauerabonnenten auf jeden Fall einen Blick wert.

Diese Review bezieht sich auf die Version mit englischem Ton.