Firewatch: Es funkt im Wald

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Als Erstlingswerk von Campo Santo, einem kleinen Entwicklerstudio mit namenhaften Mitgliedern, macht Firewatch einiges richtig, hat aber auch seine Ecken und Kanten. Ob die Prämisse hinter dem Spiel erfüllt werden kann und seine Geschichte über die komplette Länge interessant bleibt, klären wir ohne zu spoilern in diesem Beitrag. Denk an festes Schuhwerk, denn es geht in die Natur!

Firewatch wurde am 9. Februar 2016 für 19,99€ auf Steam und im PlayStation Store veröffentlicht.  Als Spieler übernimmst du im Jahr 1989 die Rolle von Henry, dessen Leben derzeit alles andere als rosig verläuft. Er entscheidet sich kurzerhand dazu, einige Zeit als Brandwächter in Wyoming zu arbeiten. Von seinem Wachturm aus hält er die Augen nach Feuern offen. Ab und an sieht er sich auch im Park nach liegengelassenem Müll und anderen Ordnungswidrigkeiten um.

Das Team von Campo Santo besteht derzeit aus erfahrenen Entwicklern, die bereits an erfolgreichen Spielen mitgewirkt haben. Unter anderem waren zwei Designer bereits an The Walking Dead und Poker Night at the Inventory beteiligt. Auch Brutal Legend und das kürzlich erschienene Ori and the Blind Forest haben Mitglieder von Campo Santo maßgeblich beeinflusst. Nun stellt sich die Frage, ob viele gute Köche einen Brei kreieren können, der den Erwartungen gerecht wird.

Nach einer kurzen Einführung in das Leben von Henry befindet man sich bereits in der Wildnis und lernt die einfache Steuerung kennen. Da man in Firewatch nie auf schnelle Reaktionen angewiesen ist, kommt man sowohl mit Tastatur und Maus als auch mit Gamepad gut klar. Mehr als die üblichen Bewegungsabläufe und eine Hand voll zusätzliche Aktionen werden nicht benötigt. Firewatch setzt seinen Fokus nicht auf Gameplay, sondern auf die Erzählung einer spannenden Geschichte.

Wer eine große offene Welt in Firewatch erwartet, der wird ein wenig enttäuscht werden. Obwohl die Karte, die man direkt am Anfang erhält, eine recht ausgedehnte Welt suggeriert, sind die Wege recht eingeschränkt und man befindet sich die meiste Zeit auf mehr oder weniger linearen Pfaden. Zu Beginn fällt dies kaum auf, da dem Spieler noch Gegenstände fehlen, welche neue Abschnitte freigeschalten. Damit Henry die Abhänge unbeschadet hinabklettern kann, benötigt er beispielsweise ein Seil. Somit kann es passieren, dass man an Stellen vorbeikommt, die man noch nicht erreichen kann und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal besuchen muss. Das lädt zum erneuten Erkunden der Spielwelt ein, auch wenn man durch die Handlung an jedem Ort im Spiel mindestens einmal vorbeigeführt wird.

Um etwas Abwechslung in die ansonsten relativ einfachen Bewegungsabläufe zu bringen, erwarten dich häufig kleinere Kletterpassagen. Diese wirken eher störend als dass sie eine Herausforderung darstellen. Herny klettert ohne Probleme mit einem einzigen Knopfdruck eine Wand hinauf. Schon bei kleinen Kanten und Absätzen wird eine Animation abgespielt, welche den Spielfluss merklich unterbricht. Ein Verzicht auf diese Unterbrechungen ware der Dynamik des Spiels zu gute gekommen. Alternativ hätte man ein kleines Quicktime-Minispiel beim Erklimmen einer steinigen Felswand implementieren können, um den Spieler ein wenig mehr zu fordern. Hier verschenkt Firewatch leider zu viel Potential.

Mehr Komplexität bietet ausschließlich die Navigation durch die Welt. Per Karte und Kompass streift man durch die Natur und versucht sich zu orientieren. Auf Wunsch kann man seine eigene Position auf der Karte verbergen, was das Suchen nach dem richtigen Weg deutlich spannender macht. Ein anspruchsvolles Spiel wird Firewatch dadurch aber nicht.

Firewatch Birkenwald
Henry durchquert einen Birkenwald.

Die Stärke von Firewatch liegt in seiner Geschichte und der Art, wie sie erzählt wird. Das ganze Spiel über steht man mit einem Funkgerät im Kontakt zu Delilah, die ebenfalls als Brandwächterin in dem Park arbeitet. Sie bewohnt einen anderen Wachturm, welchen man oft in der Ferne erblicken kann. Durch die stetige Verbindung der beiden Charaktere entwickelt sich im Laufe des Spiels eine interessante Beziehung.

Delilah entwickelt sich schnell zur tragenden Kraft von Firewatch. Als Spieler kann man sie über das Funkgerät auf praktisch jedes Objekt und jede Entdeckung ansprechen. Dabei stehen immer mehrere Dialogoptionen zur Auswahl. Delilah ist nicht einfach nur ein passiver Zuschauer, der den Spieler durch die Welt leitet. Sie ist Teil des Spiels und reagiert mit vielen verschiedenen Emotionen auf die Geschehnisse im Park. Die abwechslungsreichen Konversationen zwischen Henry und Delilah sind definitiv ein großes Highlight von Firewatch.

Technisch gibt es kaum etwas zu beanstanden. Neben der stimmigen Optik bietet Firewatch eine grandiose englische Vertonung, die derzeit ihresgleichen auf dem Markt sucht. Jede Dialogzeile ist passend gewählt und mit punktgenauen Emotionen eingesprochen. Langwierige Momente in der Erzählung gibt es praktisch nie. Nur bei der Performance sollte Campo Santo noch einmal nachbessern, da die Bildrate zu häufig unter die 60FPS-Marke rutscht.

Firewatch Funkgerät
Delilah ist ein stetiger Begleiter im Spiel.

Mein Fazit zu Firewatch:

Firewatch macht ein Funkgerät zu einer der besten weiblichen Figuren in einem Videospiel. Die gut erzählte und mit knapp fünf Stunden ausreichend lange Geschichte hat sowohl spannende und  mysteriöse als auch lustige Momente. Mit dem Dialogsystem kann man als Spieler die Beziehung zu Delilah in unzähligen Gesprächen beeinflussen und so eine menschliche Bindung zweier Arbeitskollegen erschaffen. Firewatch ist ein Musterbeispiel dafür, wie Geschichten mit authentischen Charakteren erzählt werden können.