Evoland Legendary Edition: Eine zwiespältige Reise durch die Geschichte der Videospiele

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Evoland war mir irgendwie schon immer ein Begriff, doch ich empfand das Indie-Spiel nie als interessant genug, um es mir genauer anzuschauen. Man hat ja schließlich auch nur begrenzt Zeit. Doch als ich erfuhr, von welchem Entwicklerstudio Evoland stammte, war ich plötzlich doch interessiert. Und da vor kurzem die Legendary Edition erschienen ist, die beide Teile enthält, kann man nun auch das komplette Evoland-Erlebnis in einem Paket genießen.

Shiro Games, woher kennt man die Jungs und Mädels noch gleich? Richtig, vom unterhaltsamen Wikinger-Strategie-Hit Northgard. Wir weisen an dieser Stelle auf unseren Test „Northgard: Auf ein Wiedersehen in Walhalla“ hin, den du dir unbedingt anschauen solltest, wenn du mal wieder Lust auf Echtzeitstrategie hast. Nun aber schnell zurück zu Evoland und der Klärung der Frage, ob Nachfolger zwangsläufig immer besser sein müssen als ihr Vorgänger.

Hinweis: Ein Review-Key von Evoland Legendary Edition wurde uns zur Verfügung gestellt.

Inzwischen schweift mein Blick vor jedem Start eines neuen Spiels hinüber zu HowLongToBeat.com, wo ich herrlich unkompliziert nachschauen kann, wie lange ich für ein Spiel im Schnitt benötigen werde. Und so erfuhr ich schnell, dass Evoland 1 wohl deutlich kürzer und insgesamt weitaus minimaler sein würde als sein Nachfolger, der mit immerhin über 10 Stunden Spielzeit zu Buche schlägt. Mehr Informationen hatte ich nicht, als ich mich in eine Spielereihe stürzte, die mich auf unerwartete Art mit der Geschichte der Videospiele beschäftigt.

Monochrome und insgesamt sehr an die ersten Zelda-Titel erinnernde Grafik, keine Hintergrundmusik und lediglich die Möglichkeit, sich in eine Richtung zu bewegen – das erwartet einen, wenn man mit Evoland beginnt. In Truhen findet man schnell neue Inhalte und das seltsame Konstrukt wird nach und nach zu einem richtigen Spiel. Nach wenigen Schritten erhält man eine Waffe, mit der sich Büsche aus dem Weg räumen lassen, Musik ertönt in bester 8-Bit-Manier und erste Gegner wuseln plötzlich durch die Gegend. Wer hierbei sofort an DLC Quest denkt, liegt wohl nicht ganz falsch – die Gemeinsamkeiten sind nicht zu leugnen.

Die erste Hürde ist es, Speicherpunkte und Lebenspunkte freizuschalten. Stirbt man vorher noch durch eine einzige Berührung eines Feindes und muss komplett von vorne beginnen, so kann man später kurze Zeit später entspannter spielen und die anfängliche Frustration lässt ein wenig nach. Und schon bald entfaltet der erste Teil von Evoland seinen ganz eigenen Charme. Es hat schon etwas magisches, wenn Schauplätze sich mit der Zeit durch modernere Optik verändern und Rätsel den Wechsel zwischen 2D- und 3D-Perspektive an festen Punkten in der Spielwelt einbinden. Die vielen Wechsel zu neuen Inhalten und Gameplay-Mechaniken lösten bei mir schon bald ein Glücksgefühl aus, sobald die nächste Truhe in greifbarer Nähe lag und es wieder etwas neues zu entdecken gab.

Evoland Legendary Edition Pixellook

Am Ende von Evoland 1 war ich demnach recht positiv gestimmt und freute mich auf den mutmaßlich deutlich umfangreichenen zweiten Teil, den ich noch vor mir hatte. Doch dieser gestaltete sich überraschenderweise deutlich anders und schlägt insgesamt einen Weg ein, der ihn meiner Meinung nach in Sachen Unterhaltungswert deutlich hinter seinem Vorgänger platziert. Denn wo dieser noch mit neuen Spielelementen an jeder Ecke um sich warf, stützt sich Evoland 2 auf deutlich klassischeres Videospiel-Design und verliert dadurch meiner Meinung nach viel vom Charme, der den ersten Teil so besonders machte.

Zwar sind die Charaktere sich nun der Veränderungen bewusst und reagieren etwa mit Erstaunen über den deutlich fülligeren Körper auf den Wechsel zur Dreidimensionalität, insgesamt wollte aber bei mir der Funke nie wirklich überspringen. Da ist es dann auch nicht sonderlich hilfreich, wenn Teil 2 deutlich umfangreicher daherkommt und man deutlich länger fürs Durchspielen braucht. Denn dadurch werden auch die im ersten Teil so wunderbar häufig auftretenden Einführungen von neuen Elementen deutlich rarer gesät.

Die Wechsel der grafischen Darstellungen sind in Evoland 2 nun nicht nur für die Charaktere spürbar, sie wurden auch aktiv in die Geschichte des Spiels eingebunden. Denn bei jedem Grafiksprung reisen die Charaktere auch in der Zeit hin und her, wodurch einige interessante Konstellationen entstehen und die Verwebung vom Setting und den für Evoland typischen Einführungen von neuen Spielaspekten deutlich präsenter in der Welt werden. Auch die witzigen Anekdoten auf die Branche sind in Teil 2 wieder zu finden, wenn etwa auf die Idee, sich unter einer Kiste zu verstecken und dadurch Gefängniswachen zu entgehen, nur mit Spott reagiert wird.

Doch schlussendlich kann der Auftritt von Evoland 2 dem ersten Teil  vor allem in Sachen Überraschungsvielfalt nicht das Wasser reichen. Zu oft ertappte ich mich einfach dabei, die sich streckenden Dialoge eher mit Augenrollen zu lesen. Auch die nett gemeinten Gameplay-Zusätze waren für mich eher ein unnötiges Hindernis. Was ich eigentlich von Evoland 2 erwartete – die Reise durch die Geschichte des Gamedesigns  – wurde mir zu sporadisch geboten. Deshalb ist Evoland 2 auch eines der wenigen Spiele, die ich nicht komplett beendet habe.

Evoland Legendary Edition 3D-Look

Mein Fazit zur Legendary Edition von Evoland:

Evoland 1 ist mit rund vier Stunden eine kurzweilige Reise durch die Anfänge des Spieldesigns und kann mit unerwartetet Gameplay-Implementationen und leicht zynisch auf die Welt der Videospiele blickenden Texten und Dialogen für einen nostalgischen Abend wunderbar unterhalten. Teil 2 macht aus der Ursprungsidee ein deutlich größeres und sicherlich auch komplexeres Spiel, verzettelt sich dadurch aber auch zu oft in langwierigen Dialogen und zu häufigen ermüdenden Passagen.

Alles in allem ist besonders der erste Teil von Evoland einen Blick wert, gerade für den andauernden Retro-Kick durch das zackige Hinzufügen neuer unerwarteter Mechaniken. Auch für Liebhaber von DLC Quest ist Evoland lohnenswert. Der Vollständigkeit halber kann man sich dann im Sale auch gleich die Legendary Edition zulegen. Leider klingt die Idee einer Videospiel-Geschichtsreise insgesamt deutlich spannender, als es die Umsetzung letztendlich ist.