Can’t Drive This: Wenn die tolle Idee der mäßigen Umsetzung davonfährt

Can't Drive This Banner

Ab und zu flattern völlig unerwartet Spiele in unser Postfach, welche es schon auf den ersten Blick schaffen, unser Interesse zu wecken. Zumeist liegt dies an einer Besonderheit, die das besagte Spiel vom restlichen Einheitsbrei abhebt. Mal ist der Grafikstil sehr eigen oder das Setting unverbraucht und mal gibt es lustige Koop-Features oder es wird ein Gameplay-Konzept gezeigt, welches man so vorher noch nicht gesehen hat. Im Fall von Can’t Drive This treffen gleich zwei dieser Punkte zu. Wenn man viele Videospiele ausprobiert und seit Jahren das Zocken als eines der Haupthobbys betreibt, freut man sich natürlich immer, wenn man ein besonderes Spiel vor sich hat. Schnurstracks startete ich also Can’t Drive This und war sehr gespannt, wie gut mich die folgenden Stunden unterhalten würden.

Doch worum geht es denn nun eigentlich in Can’t Drive This? Im Grunde fügt das Spiel einen Leveleditor direkt ins Spielgeschehen ein und möchte dadurch spannendes Koop-Gameplay erzeugen. Ein Spieler steuert ein monstertruckartiges Vehikel, der andere baut die Strecke. Beides geschieht gleichzeitig, sodass sich der Fahrer im Bruchteil weniger Sekunden auf die neue Situation einstellen und der Baumeister diesen so gut es geht unterstützen muss. Klingt sehr unterhaltsam und wird im Trailer durchaus auch passend vermittelt. Die gezeigten Szenen stützen die Freude auf ein spaßiges Koop-Erlebnis definitiv. Nur leider entwickelt sich schon nach wenigen Minuten Frustgefühle und man beginnt an vielen Stellen Probleme zu sehen, welche den Spielspaß ziemlich negativ beeinflussen. Unser Review erläutert, warum Can’t Drive This noch nicht gut genug funktioniert.

Hinweis: Ein Review-Key von Can’t Drive This wurde uns zur Verfügung gestellt.

Der Ersteindruck von Can’t Drive This ist ziemlich positiv. Das Hauptmenü ist übersichtlich gestaltet und mir als Rock- und Metal-Fan gefällt auch das eingängige Bass-Riff, welches im Hintergrund dudelt und für Spannungsaufbau sorgt. Und auch die Präsentation des Tutorials geschieht mit einer gesunden Mischung zwischen Witz und Informationsgehalt. Leider ist das Ganze nur in englischer Sprache vertont, dafür ist aber der gewählte Sprecher auch ziemlich fantastisch. Und überhaupt ist Can’t Drive This ja auch kein hochkomplexes Strategiespiel, zur Not versteht man die Erklärungen auch anhand der eingeblendeten Bilder. Nachdem man sich die Tutorial-Lektionen angesehen hat und dafür als Belohnung gleich neue Anpassungen fürs Fahrzeug bekommt, basteln sich alle Teilnehmer natürlich erstmal ein einzigartig verrückt aussehendes Vehikel zusammen. Und dann kann’s auch schon losgehen!

Can’t Drive This versteht sich als Koop-Spiel und sollte demnach auch als solches gespielt werden. Zwar bietet der Titel auch einen Einzelspieler-Modus, der Fokus liegt aber ganz klar auf dem gemeinsamen Spielen. Denn nur dann greift das einzigartige Konzept, welches mir das Spiel anfänglich so interessant erscheinen ließ. Blöd an dieser Stelle: Sobald man lokal zu zweit ist, kann man nicht mehr online spielen. Jeweils zwei lokale Spieler übers Internet gegeneinander? Geht nicht. Für unser Review haben wir uns hauptsächlich zusammen auf der Couch ins Spiel gestürzt. Dabei stehen uns zwei Modi zur Verfügung, bei denen das grundsätzliche Gameplay allerdings sehr ähnlich ist. Im ersten Modus geht der Punktezähler nach oben, je weiter man es nach vorne schafft. Es geht wie eingangs schon beschrieben immer darum, dass ein Spieler die Strecke baut und ein bis drei andere diese Strecke dann befahren. Beides geschieht gleichzeitig, sodass es in Can’t Drive This häufig zu stressigen Momenten kommt, an denen die Strecke genau vor den Reifen der Fahrer entsteht und diese blitzschnell reagieren müssen. Doch wie schon nach wenigen Sekunden im Spiel auffällt, ist nicht die Zeit das größte Hindernis des Spiels.

In den verschiedenen Test-Sessions hatten wir unabhängig voneinander schon in den ersten Momenten das Gefühl, es eher mit einem Spiel im Early Access zu tun zu haben. Da ist es umso verwunderlicher, dass Can’t Drive This just vor unserem Review am 19. März 2021 final erschienen ist und seine Phase im Early Access von Steam somit gerade hinter sich gelassen hat. Sehr schade, denn meiner Meinung nach wird der Unterhaltungswert durch zu viele kleine Macken derzeit noch sehr eingeschränkt. Das größte Ärgernis gleich zu Beginn: die Kamera des bauenden Spielers. Diese ist immer an den ersten Fahrer geknüpft und lässt sich in keiner Weise bewegen oder zoomen, sodass man unglaublich schnell die Übersicht verliert. Nun könnte man argumentieren, dass der Kontrollverlust Teil des Designkonzeptes ist – was für uns allerdings nichts daran ändert, dass das Bauen zum Großteil der Zeit schlicht und einfach keinen Spaß macht.

Can't Drive This Koop

Neben der unzweckmäßigen Kamera sind am schnell abebbenden Vergnügen noch andere Faktoren schuld, welche sich nach und nach zu erkennen geben. So gibt es beispielsweise für den Architekten der Strecke kaum taktische Möglichkeiten des Bauens, da die Teile völlig zufällig auftauchen und man so keine Entscheidungen treffen kann. Zwar wäre das im hektischen Spielfluss sowieso nur schwer möglich, wir hätten uns hier allerdings ein wenig mehr Finesse gewünscht. Denn aktuell artet das Bauen insbesondere im „Game of Drones“-Modus in völlig zufälliges Platzieren von der ebenso zufälligen Bauteilen aus. Bleiben wir gleich bei diesem Modus und widmen uns den Problemen, die der Modus noch mit sich bringt. Bei Game of Drones startet die Fahrer in der Mitte der Karte auf einer recht großen Plattform. Ziel ist es, zufällig im Level verteilte Items einzusammeln, zu denen natürlich der Bauherr erst einmal einen Weg kreieren muss. Kannst du wohlmöglich auch schon eine Verbindung zur wenig gelungenen Kamera herstellen?

Die unzweckmäßige Sichtkontrolle fällt bei Game of Drones noch deutlicher auf, da man quasi nichts für einen zweiten Fahrer bauen kann, sofern dieser sich nicht an den ersten Fahrer hält. Besonders bei drei Spielern wird jederzeit einer also fast schon zum völlig teilnahmslosen Akteur degradiert. Mehr Spaß durch mehr Spieler? Fehlanzeige. Der Yardage getaufte erste Modus bedingt wenigstens, dass die Fahrer weitestgehend zusammen bleiben und keine Ambitionen haben, sich voneinander zu trennen. Bei Game of Drones wäre es durchaus möglich, dass die Spieler unabhängig voneinander die Items einsammeln und damit das Level effizienter abschließen. Das beißt sich allerdings völlig mit dem Konstruktions-Konzept und der fehlenden Möglichkeit, wenigstens den Ankerpunkt für die Perspektive zwischen den Fahrern zu wechseln. Verabschieden wir uns nun aber endlich von dem Thema der Kamera und kommen auf andere Aspekte von Can’t Drive This zu sprechen, die die Wertung ins Negative rutschen lassen.

Ich kann gar nicht oft genug betonen, dass die außergewöhnliche Grundidee des Spiels fantastisch klingt und in der Theorie vor allem viel Spaß bereiten könnte. Nur leider kreuzen eben an allen Ecken und Enden Probleme den Weg, die bestenfalls in Early Access noch vertretbar gewesen wären. An dieser Stelle möchte ich nicht in endloses Aufzählen ausarten, ein Beispiel sei aber noch angebracht. In Can’t Drive This wird das eigene Auto zerstört, wenn man zu langsam fährt oder ganz stehen bleibt. Erst leuchtet das Vehikel und dann zerschellt es in einer knalligen Explosion. Soweit so gut. Aber warum zum Teufel ist die Animation für den erfolgreichen Abschluss eines Levels im „Game of Drones“-Modus ebenfalls exakt dieselbe? Alle fünf Personen, mit denen wir den Test durchgeführt haben, assoziierten mit der Explosion folgerichtig eine Niederlage. Mir ist sehr schleierhaft, wieso hier nicht genauer auf das an den Spieler gerichtete Feedback geachtet wurde. Solche kleinen Macken ziehen sich am laufenden Band durch Can’t Drive This. Allerdings ist das größte Manko sowieso die schon zur genüge beschriebene Kamera, welcher sich alle anderen Probleme unterordnen. Sehr schade, denn ich hätte mir sehr gewünscht, dass das Spiel seine Vision vollends umsetzen kann.

Can't Drive This Truck

Mein Fazit zu Can’t Drive This:

Aus ganz persönlicher Sicht wollte ich Can’t Drive This wirklich mögen. Die Idee hinter dem Spiel ist einfach zu cool, als das mein Interesse nicht geweckt werden würde. Zusammen auf der Couch, einer fährt schlingernd den Kurs entlang, den der andere zusammenschustert – was kann da schon schief gehen? Wie sich schnell herausstellt leider ziemlich viel.

Angefangen bei der zu eingeschränkten Kamera des Bauenden bis hin zu vielen kleinen Macken, die schon nach kurzer Zeit an vielen Stellen des Spiels auffallen, fühlt sich Can’t Drive This definitiv nicht so an, als ob es den Early-Access-Status verlassen hätte. Selbst der Couch-Koop-Bonus, der zuweilen auch mittelmäßige Spiele beim gemeinsamen Erleben lustig wirken lässt, verblasst hier schon nach wenigen Minuten. Die Ecken und Kanten sind derzeit einfach noch zu gravierend und frustrierend, wodurch der Name des Spiels derzeit noch wortwörtlich zu verstehen ist. Trotz des spannenden Spielkonzepts können wir Can’t Drive This in seiner aktuellen Form nicht empfehlen.

Wenn du Can’t Drive This dennoch ausprobieren möchtest, kannst du es im Humble Store kaufen und das Videospielkombinat damit unterstützen. Passenderweise ist das Spiel dort noch als „Early Access“-Titel gelistet.