ABZÛ: Lass dich einfach mal treiben

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ABZÛ will an den Indie-Hit Journey aus dem Jahr 2013 anknüpfen. Mit wenig herausfordernden Spielelementen und einer Geschichte, die der Spieler sich selbst zusammenreimen soll, steht vor allem die Erkundung der Unterwasserwelten im Mittelpunkt. Doch an der Verbindung zwischen Spiel und Spieler scheitert das Erstlingswerk der Giant Squid Studios an vielen Stellen. 

ABZÛ ist kein Spiel im eigentlichen Sinn. Es gibt keinerlei Gegner oder schwierige Geschicklichkeitspassagen. Einen Lebensbalken und somit den möglichen Tod der Spielfigur sucht man ebenfalls vergebens. ABZÛ beschränkt sich auf die Bewegungsfreiheit und den Erkundungsdrang, der uns immer weiter durch die recht linearen Unterwasserwelten führt. Um nicht enttäuscht zu werden, muss man sich gänzlich auf die meditative Spielerfahrung einlassen. Das reine Durchspielen ist nämlich nicht das Ziel in ABZÛ.

Unsere namen- und geschlechtslose Spielfigur erwacht nach einem Introvideo im offenen Ozean. Unter ihr schimmert der helle Sand und in einiger Entfernung schwimmen unzählige Fische vor einer Höhle umher. Unser Ziel ist also klar – die Höhle erreichen und schauen, was sich dort verbirgt. Während wir der Öffnung immer näher kommen erklärt uns ABZÛ die eingängige Steuerung, die am besten mit einem Gamepad von der Hand geht. Viel mehr als eine Interkationstaste und einen Button für einen kurzzeitigen Geschwindigkeitsschub gibt es nicht. ABZÛ ist demnach eher dem Genre der Walking Simulators einzuordnen, nur eben Unterwasser. Quasi ein Swimming Simulator.

Am Eingang der Höhle angekommen merken wir sogleich, für was der Interaktionsbutton zu gebrauchen ist. Ein großer Fisch schwimmt auf uns zu und per Tastendruck haften wir uns an ihn. Blitzschnell verschwindet er mit uns in der Höhle und wir finden uns in einer wunderschönen Gruft mit Hunderten bunten Fischen und sich langsam in der Strömung wiegenden Wasserpflanzen wieder. Die Farbkompositionen wirkt freundlich, das helle Grün der Pflanzen und das durch die dicht bewachsene Wasseroberfläche scheinende Sonnenlicht machen einen einladenden Eindruck.

Beim Erkunden der Umgebung fallen uns eigenartige Objekte auf, aus der bei Interaktion neue Tierarten empor steigen und fortan ihre Bahnen durch die Unterwasserwelt ziehen. Nach einem kurzen Ritt auf dem Rücken einer Schildkröte finden wir im Sand einen kleinen Roboter, der  fortan neben uns her schwimmt. Dieser wird uns bald helfen, eine zuvor unpassierbare Wand zu durchqueren und ins nächste Gebiet vorzudringen. In ABZÛ steckt also doch mehr Spiel, als anfänglich vermutet. Und genau da liegt das Problem.

ABZÛ Fischschwarm
Die farbenfrohen Fischschwärme in ABZÛ sind ein Augenschmaus.

Während wir immer häufiger auf Statuen und Gebäude einer vergessenen Zivilisation stoßen und die Umgebungen uns immer Tiefer ins Meer hineinbringen, wird klar, dass ABZÛ zu stark an einem klassischen Spielaufbau festhält. Zwischen den Gebieten gibt es die immer gleiche Sequenz, hinter der sich eine Ladezeit verbirgt und spätestens nach dem dritten Mal reißt diese uns so stark aus dem Spiel heraus, dass wir uns wünschen würden, das ABZÛ weniger auf das forcierte Vorankommen bauen würde und mehr Freiheiten im Meer lassen würde. Zu eingeschränkt sind die Gebiete und zu wenige interessante Punkte können wir entdecken. Abseits des klar erkennbaren Hauptpfades gibt es höchstens ein Sammelobjekt, von denen in jedem Level stets drei versteckt sind.

Man muss ABZÛ langsam und ohne Fokus auf den Abschluss eines Gebietes spielen. Nur dann entfaltet sich die Schönheit der Unterwasserwelt, die in Verbindung mit dem ruhigen, stimmungsvollem Soundtrack eine Atmosphäre schafft, die perfekt für die entspannende Beobachtung des Unterwasserlebens geeignet ist. Auf einigen Statuen können wir uns niederlassen und die Kamera folgt fortan den unterschiedlichen Lebenwesen in unserer Umgebung. Es sind diese passiven Momente, in denen wir einfach nur die Szenerie genießen und den Controller zuweilen sogar beiseite legen, die von ABZÛ in Erinnerung bleiben.

Denn auch wenn ABZÛ eine Geschichte hat, die der Spieler durch aufmerksames Beobachten der Wandmalereien in den Tempeln und Hallen entdecken und entschlüsseln kann, ist der Mittelpunkt des Spiels die Simulation der Fische und Pflanzen, die für sich alleine gesehen gar nicht wirklich besonders aussehen. Erst die Kombination aller optischen Elemente und Klangquellen ergibt ein derart stimmiges Gesamtbild, dass jeder Winkel in ABZÛ wundervoll beruhigend auf den Spieler wirkt – wenn man sich darauf einlässt.

ABZÛ Strömung Schildkröten
In den wenigen hektischen Abschnitten reißt die schnelle Strömung den Spieler mit.

Mein Fazit zu ABZÛ:

ABZÛ ist nicht jedermanns Spiel. Man muss sich voll und ganz auf die magische Unterwasserwelt einlassen können und vom repetitiven Gameplay, das das Spiel einem vorsetzt, absehen können. Das Aktivieren der Roboter, das Lösen der simplen Schalterrätsel und das Entschlüsseln der Geschichte hinter der vergessenen Zivilisation alleine kann nicht überzeugen. Wenn du dich selbst in den Tiefen des Meeres verlieren willst, solltest du ABZÛ weniger als Spiel sondern als interaktives Medium betrachten, das dich die Schönheit des Meeres aus verschiedenen Perspektiven erleben lässt. Nur mit viel Geduld und Ruhe und ohne schnelles Abarbeiten der vorgegebenen Aufgaben wird ABZÛ dir entspannte Stunden bereiten können und sich zu einer ganz besonderen Erfahrung entwickeln.

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