EA Play 2016: Krieg bleibt immer gleich

Jedes Jahr findet in Los Angeles die Electronic Entertainment Expo, kurz E3, statt. Als eine der größten Veranstaltungen für Videospiele stellt sie für Publisher und Entwickler eine Chance für Werbeauftritte dar. In letzter Zeit sind die neuen Spiele allerdings alles andere als überraschend oder gar innovativ. Gehen den Teams die Ideen aus? Dieser Frage gehen wir am Beispiel von der Pressekonferenz von Electronic Arts nach.

Die Electronic Entertainment Expo und in erster Linie die Pressekonferenzen von Electronic Arts, Bethesda, Microsoft, Ubisoft, Sony und Nintendo stehen symbolisch für diese Entwicklung, die jedes große Studio mit Blick auf hohe Umsatzzahlen vollziehen wird. Die Stichworte sind Risikominimierung und Erfolgsmaximierung.

EA Play und die damit verbundene Pressekonferenz verfolgt dieses Jahr den Ansatz, dass Spiele auch von Spielern anstatt von Presseleuten vorgestellt werden. Dass das nur zu einem kleinen Teil gelingt, weiß man spätestens nachdem Titanfall 2 und Mass Effect Andromeda mit bis ins letzte Detail geplanten Mehrspieler-Szenen und Render-Trailern auftraten. Beide Titel sind keine neuen Erfindungen, auch wenn natürlich kleinere Veränderungen bemerkbar sind. Für den Laien ist aber der Unterschied zwischen Titanfall und Titanfall 2 kaum auszumachen.

Der imposante Render-Trailer von Mass Effect Andromeda lässt kaum Rückschlüsse auf das Spiel zu. Aaron Flynn, der Studio Manager von BioWare, dem Entwicklerteam der Mass Effect Serie, sprach von einer größeren Welt mit mehr Umfang, neuen Abenteuern und einer spannenden Suche der Menschheit nach einem neuen Zuhause. Mit dem Slogan “We’re letting our imaginations run wild” setzte er ein Zeichen in Richtung Kreativität. Ob das Spiel sich wirklich derart von anderen Genrevertretern abheben wird, wie Flynn es suggeriert, bleibt abzuwarten. Er präsentierte auf jeden Fall einen Satz, der bis zum ersten richtigen Gameplay-Material Titelseiten zieren wird.

Nach wenigen Worten zu den alljährlich wiederkehrenden Sportspielen, die sich lediglich minimal vom Vorgänger unterscheiden und trotzdem von Millionen von Spielern gekauft werden, konnte sich selbst Peter Moore einen Scherz über Ultimate Team nicht verkneifen. Das Konzept hinter der Gelddruckmaschine ist keinesfalls neu. In alter Sammelkarten-Manier wird darauf gebaut, dass ein Fan sich immer das beste Team zusammenstellen will und daher einige Echtgeldzahlungen für Kartenpakete in Kauf nimmt. Maximaler Ertrag bei minimalem Risiko für den Entwickler. 

Selbiges gilt auch für die kommenden Spiele im Universum der beliebten Weltraum-Saga. Als sich Electronic Arts vor einigen Jahren die Star Wars Lizenz für mehrere Jahre sicherte, war klar, dass viele Spiele das Sci-Fi-Universum nutzen werden. Die Marke ist etabliert und so ziemlich jeder kennt die unverkennbaren Lichtschwerter. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass uns in den nächsten Jahren gleich drei neue Star Wars Spiele erwarten und die alten Titel  kontinuierliche Inhaltsupdates spendiert bekommen.

Der Blockbuster des Abends, auf den jeder Zuschauer wartete, war Battlefield 1. Nach der Veröffentlichung der ersten Trailer gab es bereits hitzige Diskussionen, ob der erste Weltkrieg als Schauplatz für die eher wenig realistische Shooterreihe herhalten kann. Viele gingen davon aus, dass das Gameplay dadurch zu sehr verändert werden müsse. Auch wir haben einen Artikel zum Thema “Gameplay vor Realismus” veröffentlicht, in dem wir erörtern, wie EA und DICE damit umgehen und worauf der Fokus bei Battlefield 1 liegt. Unsere Vermutungen bestätigten sich spätestens bei der langen Mehrspieler-Runde nach dem EA Play Event. Zwar können dynamisches Wetter, ein verbessertes Schadensmodell und die großen Behemoth-Fahrzeuge frischen Wind ist die Serie bringen, die essentiellen Grundstrukturen bleiben allerdings unverändert.

Videospiele sind kein kleines Nischenprodukt mehr. Längst haben sich große Strukturen bei Entwicklung und Vertrieb gebildet. Studios sind an Verträge gebunden und können kaum noch eigenständige Entscheidungen treffen. Diese Einschränkungen wirkt sich immer stärker auf die Endprodukte des jeweiligen Herstellers aus. Was einst eine offene und experimentierfreudige Branche war, ist längst zur Produktionsmaschinerie für Konsumgüter der breiten Masse geworden. Doch darunter leidet nicht nur das Ansehen einiger Studios. Auch die Freude am Neuen und Unbekannten rückt durch die strikten Marktbedingungen immer weiter in den Hintergrund.

Als Börsenunternehmen mit über 3,5 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2014 kann EA bei weitem nicht so frei Entscheidungen treffen, wie das einem kleines Hinterhofstudio mit fünf Mitarbeitern möglich ist. Freunde von großen AAA-Marken werden Fortsetzungen ihrer Lieblingsspiele in regelmäßigen Abständen kaufen. Daraus resultiert, dass man sich im Hinblick auf die zu erwartenden Einnahmen viel lieber auf bewährte Konzepte stützt, als frische Ideen mit zwangsläufig höherem Risiko zu etablieren.

Wenn man von den alten Mechaniken genug hat und sich nicht mehr mit immer gleichem Gameplay zufrieden gibt, sollten man nicht auf die Industriegiganten verlassen. Leider ist bei dem Wunsch nach innovativen Ideen der Blick in die Indie-Szene mittlerweile Pflicht geworden. 

Einen ersten Lichtblick gab es daher beim Indie-Segment der EA Play Konferenz. Fe lässt den Spieler einen offen begehbaren Wald erkunden und erklärt dabei so gut wie gar nichts. Die interessanten Bewegungsmöglichkeiten in Verbindung mit dem künstlerischen Grafikstil passen wunderbar zusammen und lassen auf ein spaßiges Abenteuer hoffen. Allerdings ist die Erfolgschance eines komplett neuen Spieles mit neuartigem Gameplay ein zu hohes Risiko für große gewinnorientierte Studios, weshalb dort kleine Teams eine Marktlücke für sich entdeckt haben.

Hier kommt EA Originals ins Spiel. Das neue Programm soll zukünftig kleine Studios dabei unterstützen, neue einzigartige Erfahrungen zu gestalten. EA garantiert dabei Sicherheit durch finanzielle Unterstützung und Hilfe bei der Entwicklung, Vermarktung und Veröffentlichung. Außerdem wird garantiert, dass den Indie-Studios eine Plattform geboten wird, die ihre Spiele bekannter macht. Ein spannendes Konzept, denn so garantiert ein großer Publisher, dass mit seinem Namen auch neue Ideen verbunden werden.

Das Problem ist nicht, dass die Studios keine Ideen mehr haben. Vielmehr ist die Tatsache, dass man zwangsläufig auf hohe Umsätze angewiesen ist ein blockierender Faktor für die Kreativität und die Eigenständigkeit von neuen Spielen. Selbst von der Community geliebte Entwickler, wie etwa Valve, gehen auf Nummer sicher und veröffentlichen fast ausschließlich altbekannte Spiele mit neuem technischen Gewand und minimalen Veränderungen. Letztendlich liegen die unbegrenzten Möglichkeiten in den Händen der Freigeister der kleinen Studios, die die Branche mit frischen Konzepten versorgen können und ungehindert an neuartigen Ideen feilen können.

EA schlägt mit der Unterstützung von Indie-Studios daher einen richtigen Weg ein. Wir als Konsumenten können darüber entscheiden, wie das Verhältnis zwischen gut durchdachten kreativen Indie-Titeln und den derzeit marktführenden repetitiven Spielen aussehen wird. Zum Schluss bestimmt in der Welt der Videospiele die Nachfrage das Angebot und ein jeder von uns kann mit seiner Kaufkraft die Zukunft der Branche mitgestalten.