Im Frühjahr 2016 bekam ich erstmals Wind von Cossacks 3. Der Artstyle und die schiere Masse an Soldaten sagten mir sofort zu und ich versuchte sogleich, möglichst viel über das Spiel herauszufinden. Bis zur Veröffentlichung am 20. September drangen allerdings nur sehr wenige Informationen nach außen. Was sind die Gründe dafür und welche Folgen hat das für den Erfolg des Spiels?
Neben der komplizierten Entwicklung eines Videospiels ist die Werbung und Vermarktung mittlerweile ein beachtlicher Teil der Kosten, die für die Fertigstellung aufgewendet werden müssen. Kleine Entwickler können hier oftmals nicht mit großen Studios mithalten, weil das Budget keine umfangreichen Werbekampagnen zulässt. Es gibt jedoch Mittel, derer man sich bedienen kann, um sein Produkt an den Mann zu bringen, ohne viel Geld in die Hand zu nehmen. Hier hinken GSC Game World der Zeit leider hinterher.
Nein, hier wurde nicht der falsche Trailer verlinkt. Alle Teile der Stalker-Reihe wurden von jenem Studio entwickelt, das vor 16 Jahren mit Cossacks: European Wars ihr erstes Werk auf den Mark brachten. Der neueste Teil der Reihe, Cossacks 3, soll ein Remake der alten Teile werden und sowohl alteingesessene Fans als auch Neulinge begeistern. Wir haben es also mit einem Studio zutun, welches sich bestens mit Cossacks auskennt und obendrein einen der atmosphärischsten Shooter geschaffen hat. Wieso wird dieses Werbepotential nicht genutzt?
In der heutigen Zeit kommen die meisten Infos zu neuen Spielen fast ausschließlich durch das Internet an den Mann. Werbeseiten in Gaming-Zeitschriften und Plakate in Kaufhäusern sind kaum noch nötig. Damit fallen Kosten für sowieso kaum erfolgreiche Werbestrategien weg und man kann gezielter auf die modernen Plattformen eingehen.
Der klassischste Weg, sein Spiel noch vor der Komplettierung bekannter zu machen, sind immer noch die Webseiten der Redaktionen. News sind schnell getippt und bringen Klicks, was für beiden Seiten ein Vorteil ist. Die Spieleseite generiert Einnahmen und der Spieleentwickler bekommt Aufmerksamkeit. Gerade mit einem Team, welches vorher an Stalker gearbeitet hat, kann man leicht Aufmerksamkeit erregen. GSC Game World sind nicht unbekannt und würden mithilfe der Popularität vorangegangener Veröffentlichungen Schlagzeilen machen. Ein netter Nebeneffekt ist, dass durch die Erwähnungen auf großen Webseiten auch andere mögliche Werbepartner auf das Projekt anspringen, die ebenfalls immer an neuen Spielen interessiert sind.
Die Rede ist von Streamern und Let’s Playern auf YouTube und Twitch. Kanäle mit tausenden Abonnenten sind heutzutage keine Seltenheit mehr und haben Interesse daran, die eigene Plattform so interessant und relevant wie möglich zu halten. Aktuelle oder gar unveröffentlichte Spiele sind dabei natürlich eine große Hilfe. Viele Spieler wollen sich kundig machen und echte Spielszenen sind dabei die beste Wahl. Auch hier profitieren beiden Seiten von einer Kooperation, denn frische Themen bereichern die Kanäle und steigern gleichzeitig den Bekanntheitsgrad des Spiels.
Falls man als Entwickler das eigene Spiel noch für zu unfertig hält und lieber kontrollieren möchte, welche Elemente gezeigt werden, kann man auch selber tätig werden. Regelmäßig veröffentlichte Screenshots und kleine Videoschnipsel schüren die Lust auf mehr und interessierte Spieler bekommen Material, über welches sie sich ausführlich unterhalten können. Der Youtube-Channel und die Facebook-Seite von Cossacks 3 entwickelten sich vorerst in die richtige Richtung, Videos und Bilder gab es ziemlich häufig. Leider war in den letzten Wochen vor der Veröffentlichung Funkstille und es kam die Vermutung auf, dass eine erneute Verschiebung bevorsteht.
Paradox Interactive haben mit den wöchentlichen Streams von Stellaris auf Twitch eine ganz eigene Werbestrategie ins Rollen gebracht. Jeden Donnerstag konnte man zwei Entwicklern beim Spielen zusehen. Es gab Bugs, es gab Platzhalter und nicht alles funktionierte so, wie es das sollte. Trotzdem war jede Woche eine Weiterentwicklung erkennbar und man achtete auf das Feedback im Chat und in Foren. Somit wurden direkt zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, da die Zuschauer viele Stunden an Spielmaterial bekamen und gleichzeitig die Meinung von potentiellen Käufern direkt in den Entwicklungsprozess einfließen konnte. Die im Stream erstellte Alien-Rasse der Blorg ist mittlerweile zu einem Gesicht des Spiels geworden und wird immer noch gerne für witzige Ankündigungen verwendet.
Die in diesem Beitrag genannten Beispiele für zukunftsfähiges Marketing kosten weder viel Geld noch Zeit. Sie helfen dabei, das eigene Videospiel bekannter zu machen und noch vor der Veröffentlichung eine größere Käuferschaft zu generieren. Man muss keineswegs alle möglichen Wege der Publikation nutzen. Es schadet aber nicht, etwas mehr Fokus auf die Bekanntmachung zu legen. Ein wundervolles Spiel kann im großen Dschungel der Veröffentlichungen schnell an Bedeutung verlieren, wenn dahinter keine solide Basis an Spielern steht.
Erste Gameplay-Videos von Cossacks 3 tauchten erst heute am Veröffentlichungstag auf. Die Folge davon war, dass bis zuletzt Fragen nach essentiellen Spielmechaniken und Inhalten in Foren aufkamen. Viele wurden nicht befriedigend genug beantwortet, oft verwies man einfach nur darauf, dass nach dem Release noch viel Inhalte kommen werden und das Spiel offen für Modifikationen gestaltet wurde. Mehrfache Ankündigungen von umfangreichen Videos vor Release wurden nicht umgesetzt und die Spieler wussten bis zum Schluss nicht genau, worauf sie sich einlassen würden. Man hatte oft das Gefühl, dass die Entwickler selbst nicht überzeugt von ihrem Produkt waren.
Haben sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet und wurde auf frühe Spielszenen verzichtet, weil das Spiel von Fehlern nur so strotzt? Soweit man das nach einigen Stunden beurteilen kann, läuft das Spiel ziemlich rund und bietet spannende Echtzeitstrategie. Schade ist, dass die Kampagnen und Tutorials lediglich mit schnöden Textboxen erzählt werden. Außerdem wurden neben den Stärken der Vorgänger leider auch einige Schwächen, wie die schlechte KI, übernommen. Schlussendlich zählt bei einem Strategiespiel das reine Gameplay und das ist für Retro-Freunde auf jeden Fall zufriedenstellend. Man sollte bedenken, dass sich das Spiel als Remake versteht und daher kaum Neuerungen bietet. Ein ausführliches Review zu Cossacks 3 folgt, sobald wir uns genauer mit dem Spiel beschäftigt haben.
Dieser Artikel soll die Entwickler nicht ins falsche Licht rücken. Stattdessen wollen wir vielmehr darauf hinweisen, dass es Mittel und Wege gibt, mit relativ wenig Aufwand eine fundierte Community aufzubauen, die ihr Wissen an weitere Spieler weitergeben und so die Bekanntheit steigern kann. Davon haben schlussendlich alle etwas. Das Studio verkauft mehr Einheiten und wir bekommen bessere Spiele mit mehr Inhalt, der von uns im Optimalfall auch noch mitgestaltet und verbessert werden kann. Kommunikation ist, wie in anderen Bereichen des Lebens auch, der Schlüssel. Es gibt viele Möglichkeiten der Informationsverbreitung und wir plädieren an euch, liebe Entwickler, diese zu nutzen.