Blackwood Crossing: Eine Reise ins Ungewisse

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Wirklich viele Infos geben die ersten Videos zu Blackwood Crossing nicht preis. Ist das jetzt ein kinderfreundliches Abenteuer oder doch eine Horror-Geschichte? Im Trailer kommen jedenfalls beide Elemente vor. Um der Frage nachzugehen, für wen Blackwood Crossing nun eigentlich gemacht wurde, haben wir uns auf eine magische Zugfahrt begeben und das Spiel ausführlich getestet.

Die offizielle Beschreibung von Blackwood Crossing lässt ebenfalls keine zusätzlichen Hinweise zu den Geschehnissen nach außen dringen. Lediglich vom Fokus auf die Handlung der beiden Geschwistern Scarlett und Finn und dem mysteriösen Zug ist die Rede. Ein Grund mehr also, sich das Spiel vom Indiestudio PaperSeven, welches von Veteranen der 2011 geschlossenen Black Rock Studios gegründet wurde, genauer anzuschauen.

Hinweis: Ein Review-Code von Blackwood Crossing wurde uns noch vor der Veröffentlichung des Spiels zur Verfügung gestellt. Da die Geschichte ein zentraler Teil des Spiels ist, werden wir in den folgenden Zeilen auf jegliche Spoiler verzichten.

Blackwood Crossing beginnt mit dem Aufwachen in einem Zugabteil. Unsere Spielfigur Scarlett wird von ihrem Bruder Finn gerufen und wir machen uns auf die Suche nach ihm. Wenige Augenblicke später bemerkt man, dass nicht alles real zu sein scheint und die Welt sich seltsam verhält. Die Passagiere sind mit Masken versehen, Personen verschwinden vor unseren Augen und sogar der Zug wandelt sich zuweilen gänzlich. Während man vorsichtig durch die Abteile geht, fallen immer mehr seltsame Dinge auf. Durch die langsame Bewegung der Spielfigur und die ziemlich begrenzten Interaktionsmöglichkeiten fühlt sich Blackwood Crossing zu Beginn wie ein typischer Walking Simulator an. Erst später kommen diverse Rätsel und Aufgaben hinzu, die das Spiel interaktiver gestalten und dem Spieler mehr abverlangen, als nur zu Punkt X zu laufen und Aktion Y auszulösen.

Obwohl die Hindernisse, die das Weiterkommen unmöglich machen, in den ersten Minuten des Spiels recht abwechlungsreich wirken, fällt schnell die immer gleiche Logik dahinter auf. Stets müssen wir bestimmte Objekte in vorgegebener Reihenfolge auswählen und Dinge einander zuordnen. Das Ganze geschieht in einem Rahmen, der haarsträubendes Backtracking durch häufige Fehlversuche unumgänglich macht. Doppelt blöd, denn dadurch hindert uns Blackwood Crossing nicht nur am Fortschritt in der Handlung, es ermüdet auch ungemein durch die behäbige Steuerung und Fortbewegung.

Dabei hat Blackwood Crossing diese Behinderung des Spielsflusses im Grunde gar nicht nötig. Denn das Herzstück ist die Handlung, die dem Spieler eine Familie und deren Erinnerung an vergangene Ereignisse als Fundament für tiefe Einblicke in die Psyche der Kinder näherbringt. Mithilfe einer blühenden Fantasie werden längst vergangene Momente wieder zum Leben erweckt und man reimt sich nach und nach die Beziehungen der Figuren und die metaphorische Bedeutung der Spielwelt zusammen. Blackwood Crossing funktioniert also eher als interaktive Erzählung. Das fällt auch dadurch ins Auge, dass die stark linearen und steril gestalteten Umgebungen abseits der Haupthandlung keinerlei nennenswerte Entdeckungen zulassen.

Blackwood Crossing Zeitung
Ein nettes Detail: Alle Zeitungen wurden mit einem raffinierten Aufdruck versehen.

Durch die oftmals zu aufgesetzt wirkenden Mechaniken, durch welche der Spieler nicht selten aus der Handlung gerissen wird, setzt nach kurzer Zeit eine gewisse Frustration ein. Nervige Ladezeiten zwischen einzelnen Abschnitten, die im Schneckentempo gehende Protagonistin und sich wiederholende Rätsel machen viel der Faszination von Blackwood Crossing zunichte. Das alles wäre weniger schlimm, wenn nicht auch die Geschichte des Spiels an mehreren Punkten ins Straucheln gerät. Zum einen ist ab einem gewissen Punkt eine für das Finale von Blackwood Crossing immens wichtige Schlüsselinformation derart offensichtlich, dass man bei der Auflösung einige Zeit später kaum noch überrascht ist, zum anderen wird zu viel Freiraum für eigene Interpretation geboten und zu wenig vom Spiel selbst erklärt, was aber sicherlich Geschmackssache ist. Einige essentielle Fragen, die man meiner Meinung nach hätte beantworten müssen, wurden leider offen gelassen.

Dass ich am Ende von Blackwood Crossing mit erhöhtem Pulsschlag vor dem PC saß, lag nicht etwa an der Geschichte. Vielmehr lag es daran, dass das Spiel ohne Vorwarnung den ein oder anderen Gruselmoment inszenierte. Unerwartet erscheinende Figuren zählen da noch zu dem kleinsten Übel.  Thematisch passend sind vor allem die Momente, in denen der Bezug zur Erzählung klar wurde und etwa düstere Erinnerungen passend in Szene gesetzt wurden, da diese sich hin und wieder mit freundlichen, guten Erinnerungen abwechseln und so ein schönes Gesamtbild zeichnen, über das der Spieler einige Zeit reflektieren kann. Es gibt allerdings auch viele Szenen, in denen schockierende Momente ziemlich unpassend auftauchen und eher aus dem Spiel herausreißen.

Auf der technischen Seite gesellt sich zu den bereits angesprochenen negativen Punkten noch ein weiterer gravierenderer, der sich durch das komplette Erlebnis zieht und vielen Spielern den Spaß verderben wird: die Performance. Trotz der durchschnittlichen 70fps fühlte sich Blackwood Crossing immer ziemlich ruckelig an und man hat eher das Gefühl, als würde das Spiel mit „filmreifen“ 24 Bildern pro Sekunde laufen. Die wackelige Framerate bedingt zusätzlich, dass die ohnehin schon nicht topaktuellen Animationen nochmals deutlich abgehackter aussehen und so das visuelle Gesamterlebnis trotz des hübschen Grafikstils ziemlich ernüchternd ist.

Blackwood Crossing Planeten
Im Laufe der Handlung bleibt der Zug nicht der einzige Schauplatz.

Mein Fazit zu Blackwood Crossing:

Blackwood Crossing ist das erste Spiel seit langem, bei dem mir die ziemlich kurze Spielzeit von zwei Stunden nicht negativ aufgefallen ist. Mehr oder weniger war ich sogar froh, als die vielversprechende Handlung nach einem vorhersehbaren Finale zu Ende war und ich mich nicht länger mit den repetitiven Rätseln, die mit dutzenden unerklärten Gameplaymechaniken aufwarteten, aufhalten musste. Die Gedankenwelt erzählt eine im Kern recht spannende Geschichte über das Miteinander in der Familie, verschiedenste Beziehungen und Abschied. Es erfordert allerdings einiges an Überwindung, sich dem zu schwerfälligem Vorankommen hinzugeben und die miese technische Seite zu ignorieren, weshalb Blackwood Crossing derzeit wohl eher zu den Spielen zählen wird, die irgendwann mal durch ein Humble Bundle in der eigenen Steambibliothek auftauchen und nie angerührt werden.

Blackwood Crossing erscheint heute für die PlayStation 4 und am 5. April 2017 für PC und Xbox One. Das Adventure wird 15,99€ kosten.