Die Open Beta von Battlefield 1 konnte uns trotz diverser Probleme mit den Servern einen guten Einblick in den Shooter geben. Nach einigen Stunden in der Wüste von Sinai ziehen wir ein erstes Fazit und erörtern, was das Entwicklerteam bis zur Veröffentlichung im Oktober noch verbessern muss.
Battlefield 1 widersetzt sich dem aktuellen Trend im Shootergenre, nach welchem die Spieler eher in Zukunftsszenarien unterwegs sind anstatt sich mit historischen Schießeisen zu behagen. Ein mutiger Schritt, da besonders die Technik in den Kriegen des 20. Jahrhunders bei weitem nicht so mobil und ausgereift war, wie sie es heute ist. DICE haben bereits erklärt, dass sie sich genügend Freiheiten genommen haben, um die Grabenkriege und eher behäbigen Waffen des ersten Weltkrieges an die klassischen Spieelemente von Battlefield anzupassen. Findet Battlefield 1 die Balance zwischen historischem Kontext und bekanntem Gameplay?
Was ist neu in Battlefield 1?
Nach dem Klick auf den „Spiel starten“-Button erleben wir bereits eine erfreuliche Neuerung. Das Battlelog, welches seit Battlefield 3 jedes Spiel der Reihe begleitete, ist Vergangenheit. Der Server-Browser wurde wieder direkt ins Spiel integriert und alle Einstellungen und Anpassungen der Klassen können direkt vorgenommen werden.
Nachdem wir Battlefield 1 an den Rechner und unsere Vorlieben angepasst haben, betreten wir über die Matchmaking-Funktion einen Server. Die Suche mit einer Gruppe funktioniert problemlos und wenige Sekunden später befinden wir uns allesamt auf einem Schlachtfeld. Sofort fällt uns der schicke Spawn-Bildschirm auf, über den wir an verschiedenen Punkten ins Getümmel einsteigen können. Im Gegensatz zum Vorgänger wird hier das komplette Schlachtfeld in Echtzeit dargestellt und man wird mit einer kurzen Kamerafahrt zum ausgewählten Punkt gebracht. Nach einem virtuellen Tod zoomt die Kamera vom Schlachtfeld wieder nach oben und man befindet sich wieder auf der Übersichtskarte. Das ist nicht nur unglaublich stimmig sondern erleichtert auch das Kennenlernen der Umgebung.
Eine große Neuerung im Zusammenhang mit der hübschen Karte ist, dass Fahr- und Flugzeuge nicht mehr in einer Basis stehen sondern erst dann erscheinen, wenn man sie auf der Karte auswählt. Man wird dann direkt in das Vehikel hineinteleportiert und es kann losgehen. Diese Änderung spaltet derzeit jedoch noch die Community. Denn zum einen gibt es somit keine großen Basen mehr, die vom Gegner kontinuierlich bombardiert werden können, zum anderen entfällt so auch der spannende Start eines Flugzeuges unter feindlichem Beschuss. Allerdings weiß man so direkt beim Spawnen, dass man ein Fahrzeug bekommt und muss nicht zwangsläufig in der eigenen Basis warten, bis ein neues Vehikel erscheint.
Einhergehend mit dem direkten Spawnen in Panzern und Flugzeugen sind auch neue Klassen, die man nicht etwa wie den Medic oder Assault frei wählen kann sondern nur dann bekommt, wenn man sich direkt in ein Fahrzeug teleportieren lässt. So wird bei der Auswahl der neuen Pferde sofort den Reiter als Klasse zugewiesen, der neben einem Karabiner auch ein praktisches Erste Hilfe Kit dabei hat. Auch Piloten und Panzerfahrer haben abweichende Ausrüstungen. Natürlich können auch Spieler, die zuvor als eine der vier Standardklassen gespawnt sind, einen Panzer steuern oder sich auf den Rücken eines Rosses schwingen.
Die neuen Behemoths und Wettereffekte verändern das Schlachtfeld merklich und bringen neue taktische Möglichkeiten ins Spiel, die die Karten interessanter machen. Das Team mit weniger Punkten bekommt durch den Panzerzug auf der Sinai-Karte noch einmal eine kleine Hilfe und kann sich so einige Zusatzpunkte sichern, der Sandsturm hingegen hindert die Sicht derart stark, dass Gegner schon auf kurze Distanz nicht mehr sichtbar sind und Gebiete so schneller eingenommen werden können.
Wie spielt sich der Shooter?
„Feindliche Truppen voraus!“, ruft ein verbündeter Soldat bevor er von einem Scharfschützen erledigt wird. Neben uns schlagen Bomben mit einem angsteinflößenden Zischen ein, während die Flugabwehr verzweifelt in den Himmel schießt. Reiter strömen mit gezogenen Säbeln nach vorn und die Ketten der Panzer graben sich behäbig durch den Sand. Wir stehen inmitten dieser Hölle und müssen kurz innehalten, bevor wir uns zu Fuß zu einem umkämpfen Punkt aufmachen. Ja, wir befinden uns definitiv im Krieg und in Battlefield.
Die grandiose Optik und der herausragende Sound schaffen wieder einmal eine Atmosphäre auf dem Schlachtfeld, die ihresgleichen sucht. Schüsse pfeifen realistisch über die Köpfe der hechelnden Fußsoldaten hinweg, über den Häusern surren die Propeller der Doppeldecker und Explosionen reißen Häuserwände mit wummernden Klängen auseinander. Die grandiosen Animationen untermalen die brachiale Szenerie und gehen bis ins kleinste Detail. Mäntel wiegen sich im Wind, Pferde springen majestätisch über von Granaten in den Boden gerissene Gräben und ich flüchte mich vor andauerndem Feindbeschuss ins nächste Haus, dessen Tür ich im Sprint aufbreche.
Wer dachte, dass sich Battlefield 1 epochenbedingt langsamer spielt als seine Vorgänger, der hat sich mächtig geirrt. Die Waffen reagieren schnell, die Fahrzeuge sind agil und die in der Serie völlig neuen Pferde bringen zusätzliche Dynamik ins Spiel. Verschnaufpausen gibt es praktisch nie, auf dem Bildschirm kracht und scheppert es überall. Dazu tragen auch die Behemoths, besonders starke Vehikel, und der extreme Wetterwechsel bei. Im Sandsturm kann unser Trupp ungehindert hinter die feindlichen Linien schleichen um von dort gegnerische Scharfschützen ins Visier zu nehmen, die durch die schlechte Sicht kaum noch von Nutzen sind. Ich hole einen Kollegen mit der Spritze des Sanitäters wieder zurück auf seine Beine und erledige dann mit einem Bajonettangriff einen unachtsamen Widersacher, während unser Team mit gepanzerten Fahrzeugen auf den Punkt vorrückt, der durch unsere waghalsige Aktion nicht mehr geschützt wird. Der Panzerzug, der dem unterlegenen Gegnerteam nun zur Verfügung steht, verursacht herbe Verluste in unseren Reihen, kann aber durch fähige Piloten und Minenleger schnell unschädlich gemacht werden.
Kenner der Battlefield-Reihe werden sich auch im neuesten Teil sofort heimisch fühlen. Action gibt es immer, ständig passiert etwas und oft muss man seine Planung umstellen. Wer mit Battlefield bisher seinen Spaß hatte, wird auch mit Battlefield 1 viele Stunden verbringen können. Zwischen Teil 3 und 4 lagen ziemlich wenige Neuerungen, Battlefield 1 macht hier gewagtere Schritte ohne den alten Charakter der Spieleserie zu verlieren. Die Waffen sind zwar geschichtsträchtigen Modellen nachempfunden, spielen sich aber allesamt sehr modern und zügig. Komplizierter ist lediglich das Nachladen geworden. Wenn das Magazin eines Karabiners noch nicht vollständig leer geschossen wurde, drückt der Schütze einzelne Patronen hinterher anstatt direkt das ganze Magazin zu wechseln. Dadurch entfällt das andauernde Hämmern der Nachlade-Taste und man muss besser planen, wann man die Waffe neu bestückt, da das Hinzufügen einzelner Patronen lange dauert.
Was ist noch verbesserungswürdig?
Das neue Hauptmenü ist schick aber nicht perfekt. Die Einladung von Freunden klappt in dem modern gestalteten Menüs durchaus gut, muss aber noch mit einigen Komfortfunktionen ergänzt werden. So ist es derzeit nicht möglich, Spieler in einer Lobby direkt als Freunde einzuladen. Auch das Betreten einer laufenden Runde, in der ein Freund unterwegs ist, ist derzeit ausschließlich über das Origin-Overlay möglich. Das Optionsmenü bietet viele Anpassungsmöglichkeiten, wirkt aber noch etwas unstrukturiert und einigen Einstellungen fehlt eine genauere Erklärung.
Die moderne Optik des Menüs überträgt sich auch auf das Interace im Spiel. Ziele sind klar erkennbar und das Ausrüstungsmanagement geht schnell von statten. Allerdings ist der Bildschirm teilweise so mit Icons überladen, dass man Feinde kaum noch ausmachen kann. Das liegt auch daran, das markierte Gegner nicht wie in den Vorgängern mit einem kleinen Pfeil sondern direkt mit einem großen Symbol markiert werden, das deren derzeitige Klasse zeigt. Wir wissen so zwar direkt beim markieren, ob der Gegner ein Scharfschütze ist oder eine Maschinenpistole trägt, sehen ihn selber aber schlechter. Die Zusatzinformation ist zwar nett, aber nicht notwendig. Schlussendlich ist es mir relativ egal, ob ich gerade einen Assault oder einen Medic im Visier habe. Eine optionale Reduzierung auf den bekannten Pfeil wäre vorteilhaft.
Die Möglichkeit, Türen und Fenster zu öffnen und zu schließen, ist eine schöne taktische Option, funktioniert aber noch nicht problemlos. Man muss ein ganz bestimmten Teil des Fensters anvisieren, um es öffnen oder schließen zu können. Hier gehen meist entscheidende Sekunden verloren. Durch den Ansturm auf eine Tür kann diese ohne zusätzlichen Tastendruck geöffnet werden, was ziemlich gut funktioniert. Auch die mobileren Soldaten, die nun auch an Vorsprüngen nach oben klettern und höhere Mauern überwinden können, verändern das Spielgefühl in den Dörfern merklich, da sicher geglaubte Deckungen nun einfach überwunden werden können. An den Klippen auf Sinai rutscht man aber ganz gerne nach dem Klettern wieder nach unten, was in der Hitze des Gefechts ziemlich nervig sein kann. Hier sollte noch nachgebessert werden.
Die Pferde sind eine wunderbare Ergänzung im Kampf und fühlen sich ziemlich gut an, könnten aber ein wenig mehr Eigenleben haben. Sobald der Reiter aus dem Sattel geschossen wurde, bleibt das Tier wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen. Hier wäre es atmosphärischer, wenn es sich wenigstens hinter die nächste Mauer flüchten würde, anstatt im Schussfeld dutzender Soldaten zu stehen.
An der Balance einiger Waffen müssen die Entwickler ebenfalls noch schrauben. So ist vor allem der leichte Panzer, der lediglich von einer Person gesteuert wird, ziemlich übermächtig. Runden, in denen man zwanzig Gegenspieler tötet und selber kein einziges Mal stirbt, sind damit eher die Regel als eine Seltenheit.
Unsere abschließende Meinung
Als Spieler der vorherigen Teile fühlt man sich in Battlefield 1 direkt heimisch. Die Klassen erinnern an die Vorgänger, die Spielmodi sind identisch und die Fahrzeuge sind eine gewohnte Gefahr. Allerdings ist Battlefield 1 eine willkommene Abwechslung zum moderne Shooter-Einheitsbrei und die neuen Ideen, wie der Wetterwechsel oder die mächtigen Behemoth, bringen zusätzliche Möglichkeiten aufs ohnehin schon komplexe Schlachtfeld. Sound und Optik sind wieder einmal Spitzenklasse und verleihen den Kämpfen viel Authentizität.
Für mich persönlich ist Battlefield 1 nach Battlefield 2 das erste Spiel der Reihe, was mich sofort wieder in seinen Bann gezogen hat. Die Serie hat mit Bad Company die Zerstörung erfolgreich integriert, Teil 3 und 4 waren allerdings mehr oder weniger identisch. Battlefield 1 hebt sich hier deutlich ab und macht vor allem eines: Viel Spaß. Wenn die von uns aufgeführten Mängel bis zur Veröffentlichung am 21. Oktober diesen Jahres noch ausgebessert werden, erwartet uns ein ziemlich guter Multiplayer-Shooter.
Ist Battlefield 1 zu unrealistisch? Dieser Frage gingen wir bereits im Artikel „Battlefield 1: Gameplay vor Realismus“ nach. Hast du dich auch schon in der Wüste ausgetobt? Teile uns deine Meinung zum Spiel in den Kommentaren mit!