Zeit für Finsternis, Zeit für Feuer – Eine Dark Souls Retrospektive

Die kürzlich erschienene abschließende Erweiterung zum finalen Spiel aus der Soulsreihe, The Ringed City, besiegelt eine Ära, die je nach Betrachtungsweise 2009 oder 2011 mit dem Erscheinen von Demon’s oder Dark Souls begann. Mit diesem Abschluss zum Anlass betrachten wir neben den Höhen und Tiefen der Reisen durch Lordran, Drangleic und Lothric auch den Einfluss der Serie auf andere Spiele mit einem Ausblick auf die Zukunft. 

Alles fing vor fast sechs Jahren mit dem Überraschungshit Dark Souls an. Zunächst auf YouTube großgeworden, tat sich Spielern auf der ganzen Welt rasch ein komplexes System im überaus erfolgreichen Spiel auf. Von nicht erklärten Spielmechaniken, über verschachtelte Hintergrundgeschichten, bis zu gnadenlosen Gegnern gab es vieles, was auf den ersten Blick abschrecken würde, aber Dark Souls war größer als die Summe seiner Einzelteile. Für jeden vermeintlichen Stolperstein gab es schon kurz nach Release ausführliche Wikis im Internet, in denen sich die Spieler gegenseitig unterstützten oder auf Videoplattformen und in Foren eine großangelegte und großartige Schnitzeljagd rund um die Puzzleteile der Story, die in Gegenstandsbeschreibungen versteckt waren oder es trieb einen schlicht das Gefühl des Erfolges an, nach einem besiegten Boss noch den nächsten anzugehen, seine Bewegungen zu studieren und zu kontern, bis man letztendlich entgegen aller Widrigkeiten und im Kampf mit übermächtigen Gegnern den finalen Boss auf die Bretter schickt.

Nach einer erfolgreichen Petition, Dark Souls in der Prepare To Die Edition auch auf dem PC zu veröffentlichen, war die Souls Reihe nun endgültig im Kollektivbewusstsein von Spielern angekommen. Viele Außenstehende waren und sind immer noch von dem Ruf der Schwierigkeit abgeschreckt, während Fans der Spiele und des Prinzips sich schon die Finger nach mehr leckten. Und so war ein zweiter Teil nur der logische Schritt, allerdings ohne Hidetaka Miyazaki, den geistigen Vater von Demon’s Souls und Dark Souls. Der arbeitete da schon an Bloodborne und so kam das berühmt-berüchtigte B-Team von From Software zum Zuge. Neben den internen Veränderungen war auch die Öffentlichkeits-Strategie von Bandai Namco radikal verändert im Vergleich zu den älteren Spielen. Während vor allem Demon’s und zum Teilen Dark noch stark durch Mundpropaganda beworben wurden – ersteres wurde sogar nur auf Grund vieler Einfuhren aus Japan in Europa als Imported Version offiziell vertrieben – gab es neben einer schicksalhaften E3-Demo auch reichlich zeitgemäße Vermarktung in Form von TV-Spots im Westen, haushohen Plakaten und Deals mit großen YouTube-Künstlern.

Das Produkt selbst war dann mehr als enttäuschend, fast schon beleidigend, am Geist der Vorgänger vorbei. Zu den Gründen kann man viel sagen. Etwa, dass wohl mindestens einmal die Regisseure gewechselt wurden und der jeweils neue dann mit den schon fast fertigen Teilen des Spiels etwas eigenes schaffen musste, weshalb viele Aspekte letztendlich wie zusammengewürfelt wirken und keine stimmige Welt wie im ersten Teil bilden. Und auch möglicher Zeitdruck vom Herausgeber, der bei dieser neuen, aufregenden Marke sicher auch auf schnellen finanziellen Erfolg aus war, lässt sich nicht abstreiten. Denn Zeichen davon, wie beispielsweise ein Vorbesteller-Bonus in Form von sehr schlechten Waffen, sind nicht von der Hand zu weisen. Im Ergebnis wird der zweite Teil oft als schwarzes Schaf gesehen und bei der uninspirierten Gestaltung der teilweise unfairen Gebiete und Gegner ist das auch durchaus zutreffend. Einzig die drei hochwertigen Erweiterungen retten den Ruf von Dark Souls 2, doch dazu an späterer Stelle mehr.

Dark Souls - Spielercharacter mit Sense

Dark Souls 3 hatte also die große Aufgabe vor sich, die Wogen wieder zu glätten und Fans zu zeigen, dass die Nachfolger nicht nur ein Griff nach dem schnellen Geld waren. Mit Miyazaki war auch wieder der Schöpfer der Reihe hinter dem Steuer und somit konnte auch nicht viel schiefgehen. Folglich war der finale Teil bei Kritikern und Spielern gleichermaßen beliebt. Vor allem, weil hier alle Verbesserungen aus inzwischen vier Iterationen zusammengeflossen sind. Die Faszination des Neuen war hier nach all den Jahren schon deutlich gedämpfter, aber trotzdem konnte man wieder in jeder Ecke, in jedem Boss und auch in den frustrierenden Momenten die Liebe zum Detail und die Seele von Dark Souls spüren.

Der Abschluss der Spielereihe fand sich dann schließlich in der letzten von insgesamt sechs Erweiterungen, Bloodborne ausgelassen. Und auch hier schwankt die Qualität durchaus stark von kompletter Rettung beim zweiten Teil bis hin zu stellenweiser Belanglosigkeit beim dritten Teil. Was allerdings immer ein positiver Effekt der Geschichten rund um versunkene Städte oder sogar einer Reise in die Vergangenheit war, war, dass sich vieles im Meta des PvP änderte, neue Waffen und Ausrüstung kreativ eingesetzt wurden und nicht zuletzt, dass die jeweiligen Titel sich länger in der allgemeinen Wahrnehmung hielten.

Diese Bekannt- und Beliebtheit der Serie führte dann auch zu Inspirationen in der restlichen Industrie. Zu viele, um sie hier alle zu nennen, aber ein paar stachen dann doch hinaus. Allen voran der wohl offensichtlichste Versuch auf der Welle an Souls-Spielen mitzureiten – Lords of the Fallen. Entwickelt vom deutschen Team Deck 13 hat es sicher auch seine Qualitäten und vor allem einige gelungene eigene Ideen, wie Belohnungen für aggressiveres Spielen oder ein umfangreiches Ausrüstungssystem, aber neben starken Abänderungen im Aussehen und im Stil der Geschichtenerzählung kann es einfach nicht die hier schon viel beschworene Seele von Souls einfangen. Wie auch schon stellenweise beim berüchtigten Dark Souls 2 wird hier oft faire Schwierigkeit mit überstarken Gegnern und Gimmicks verwechselt.

Dark Souls - Wir betreten eine düstere Kapelle

Ganz anders ist da Nioh, entwickelt von Team Ninja die mit ihrer Ninja Gaiden Serie schon vor allen Souls-Teilen für ihre Gnadenlosigkeit im Spielgeschehen bekannt waren. Ein direkter Vergleich zu Souls geht hier auch schon eigentlich zu weit, denn Nioh hat eher Ähnlichkeiten, wer hätte es gedacht, mit Ninja Gaiden nur mit einer halboffenen Welt und einem Beutesystem fast wie bei Diablo. Allerdings wäre ohne den Erfolg und die Massentauglichkeit von Dark Souls dieses Projekt nie durchgewunken worden, zumindest nicht in dieser Größenordnung. Der Einfluss der Spiele misst sich also nicht nur in der Nachahmung seitens Entwicklern.

Ebenso sollten die beiden Geschwister von Dark Souls, Demon’s Souls und Bloodborne, nicht unerwähnt bleiben. Während ersterer noch ein Prototyp mit teilweise noch geheimnisvolleren Mechaniken war, der den Weg für alles nachfolgende bereitete, kam mit Bloodborne nach sechs Jahren und drei Spielen eine wirkliche Weiterentwicklung der Formel auf den Markt. Mit viel schnelleren Attacken, aggressiveren Gegnern und einer Abänderung von eigentlich vertrauten Mechaniken konnte sich Miyazaki komplett austoben und den Fans etwas nie dagewesenes bieten. Wegen der Kaufkraft von Sony allerdings, genau wie Nioh, nur auf der Playstation 4, obwohl die Gemeinschaft der Reihe sich inzwischen über beinahe alle aktuellen Systeme ausgebreitet hatte.

Wenn Bloodborne jedoch irgendein Maßstab dafür ist, was wir in Zukunft von den Schaffern hinter Dark Souls erwarten können, dann stehen uns rosige Jahre bevor. Eine Abkehr von den immer wiederkehrenden Themen der drei Teile, wie Feuer, Finsternis, Wahnsinn und Seelen ist nötig, um die Mechaniken hinter diesen Begriffen neu zu definieren. Und selbst, wenn wir noch sehr lange auf ein neues Lebenszeichen warten müssen, reißt die Inspiration der schon erschienenen Titel nicht ab. In den vielen Indieprojekten wie Eitr oder großen Spiele wie dem sehr bald erscheinenden The Surge lebt der Urgedanke weiter. Und das ist neben den ganzen Stunden, die man selbst gespielt hat, eigentlich der wahre Verdienst dieser wunderbaren Spielserie.