Was sich in Sea of Thieves noch bessern muss

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Weit über 300.000 Spieler in der Closed Beta und ein Hypetrain, der seit der erstmaligen Vorstellung auf der E3 vor einigen Jahren unaufhaltsam an Fahrt gewinnt – Sea of Thieves ist für viele eine der am heißesten erwarteten Veröffentlichungen des Jahres. Wir konnten bereits in den Alpha-Testphasen die Segel setzen und haben auch in der Closed Beta im Januar jagt auf die verborgenen Schätze gemacht. Grundsätzlich ist das auch ziemlich unterhaltsam. Aber Sea of Thieves muss noch an vielen Stellen nachlegen, um wirklich zum Hit zu werden. 

Schon seit den ersten Gameplay-Demos sind die Kernelemente des Piraten-Abenteuers weitestgehend bekannt. Schnapp dir ein paar Kumpels, gründe eine gefürchtete Crew, berge Schatztruhen und kämpfe gegen andere Spieler. Das unverbrauchte Setting in Verbindung mit der ansprechenden Comic-Optik konnte praktisch nach der ersten Präsentation auch mein Interesse wecken. In den Alpha-Sessions gab es allerdings noch nicht wirklich viel zu tun und nach zwei bis drei Stunden hatte man grundsätzlich alles gesehen, was das Spiel zu bieten hatte. Die wichtigste Frage zu Beginn unserer Beta-Segeltour war demnach, ob sich denn inhaltlich etwas getan hat.

Nachdem sich alle Freunde über die Xbox-App verbunden haben und einer Lobby beigetreten sind, kann das Abenteuer beginnen. Man startet mit seinen Kollegen auf einer Insel und ist bereits im Besitz eines Schiffes, mit dem man fortan die Gewässer unsicher machen kann. Nach der Auswahl der Mission kann es losgehen. Was folgt, sind die wohl unterhaltsamsten Mehrspieler-Momente der letzten Jahre. Segel hissen und den Wind im Auge behalten, per Kompass zur richtigen Insel navigieren und dem Steuermann, der durch die großen Segel vor ihm nichts sehen kann mitteilen, wohin er manövrieren muss – all das macht unglaublich viel Spaß.

Kurz vor der Insel leitete unsere Crew per Ankerabwurf einen ziemlich brachialen Bremsvorgang ein, der überraschenderweise ziemlich gut funktionierte. An Land gilt es dann, den kryptischen Hinweisen des Auftrages  zu folgen und die Schatzkiste an einer bestimmten Stelle auszubuddeln. Manchmal wird der Standort einfach nur mit einem X auf der Karte markiert, ein anderes Mal muss man seine Schritte genau abzählen, um den genauen Punkt ausmachen zu können. Großartige Gefahren gibt’s auf den Inseln übrigens nicht, die untoten Skelette schaltet man mit Säbelhieben und Pistolenfeuer schnell aus. Brenzlich wird es erst, wenn man fremde Segel am Horizont sieht.

Denn dann gilt es, denn Schatz so schnell wie möglich zum eigenen Schiff zu bugsieren und damit zum nächsten Handelsposten zu schippern, um ihn gegen Gold einzutauschen. Leider können die Schätze nicht geöffnet werden und je nach Seltenheit springen dabei lediglich unterschiedlich hohe Gewinne für uns raus. Es wäre schön, wenn man die Truhe einfach aufbrechen und darin seltene Waffen oder andere Ausrüstung finden könnte. Derzeit fühlen sich die Kisten eher wie eine Währung an und nicht wirklich wie ein Schatz mit realem Inhalt.

Sea of Thieves Schatz

Ist ein Kampf gegen andere Spieler unausweichlich, bemannt man die Kanonen und liefert sich langwierige Duelle auf hoher See. Alternativ kann man sich auch an Land mit den feindseligen Piraten-Pack prügeln. Durch das aber eher durchschnittliche Kampfsystem macht das weit weniger Laune als die Kämpfe von Schiff zu Schiff. Nach erfolgreichem Entern lassen sich so nämlich auch die erbeuteten Schatzkisten der anderen Crew aufs eigene Schiff tragen und man kann mit etwas Glück seine Ausbeute mit einem geschickten Angriff deutlich erhöhen.

Alles toll also in Sea of Thieves? Nun, nicht wirklich. Denn obwohl die oben beschriebenen zwei bis drei Stunden sehr spaßig waren, so kommt man doch recht schnell zur Erkenntnis, dass es kaum mehr zu erleben gibt. Auftrag annehmen, zur Insel schippern, den Schatz suchen, zurücksegeln, vielleicht noch ein paar andere Schiffe treffen und dann Gold kassieren, um sich bessere Ausrüstung zu besorgen. Mehr gibt es derzeit einfach nicht zu tun. Und das ist, wenn man den Preis von immerhin 70€ beachtet, deutlich zu wenig.

Da hilft es auch kaum, dass Sea of Thieves schon seit der Alpha butterweich läuft und dabei noch ziemlich ansehnlich aussieht. Der verspielte Comic-Look versprüht eine kindliche Spielzeugatmosphäre und passt perfekt zu den kuriosen Momenten, die einem auf See oder an Land widerfahren können. Hinzu kommen wunderschöne Wasseranimationen und eine klasse Lichtstimmung, die zumindest optisch für Abwechslung sorgt. Löblich finde ich außerdem, dass es kaum User-Interface gibt und man von nervigen Einblendungen verschont bleibt. Auch beim Sound passt so ziemlich alles. Knarzende Bretter an Deck, rauschende Wellen darunter und betrunkene Seemänner, die auf ihren Instrumenten eingängige Melodien zum Besten geben. Genau das erwartet man von einem waschechten Piraten-Spiel.

Sea of Thieves Seeschlacht

Mein Fazit zur Beta von Sea of Thieves:

Sea of Thieves macht in den ersten Stunden fast alles richtig, offenbart dann aber seine spielerische Leere. Die jagt nach den immer gleichen Schätzen ist schon nach kurzer Zeit regelrecht ermüdend und kann nicht auf lange Sicht motivieren. Rare muss dringend mehr Abwechslung in Sachen Missionsdesign  und echte Herausforderungen einbauen, für welche man sich mit anderen Schiffen zusammenschließen muss. Im Moment ist die einzige Interaktion lediglich das gegenseitige Verkloppen. Sea of Thieves kann zu einem echten Knaller werden, aber derzeit steht das Spiel inhaltlich leider nur auf der Stufe eines 20€-Spiels im Early Access.