Das erste Doom von 1993 war eines der einflussreichsten Videospiele aller Zeiten und machte das Genre der First-Person-Shooter groß. Das Entwicklerteam von id Software führte die Marke mit einigen Nachfolgern fort und konnte auch mit Quake Maßstäbe setzen. Ganze 23 Jahre später, am 13. Mai 2016, erscheint nun das neue Doom, welches sich als Reboot der alten Teile gleichermaßen an Oldschool-Fans und jüngere Spieler richten soll.
Doom war Mitte der neunziger Jahre derart beliebt, dass es angeblich 1995 auf mehr Computern installiert war als Microsofts Betriebssystem Windows 95. Bill Gates dachte sogar über eine Übernahme von id Software nach, um Windows zu einer akzeptierten Plattform für Videospiele zu machen. Man entschied sich schließlich dafür, das Spiel lediglich auf Windows 95 zu portieren. Kein geringerer als Gabe Newell, Gründer von Valve, leitete damals das zuständige Team. Seit 2007 ist auf der von Valve entwickelten Vertriebsplattform Steam das erste Doom erhältlich. Angesichts dieser ehemaligen Stellung der Reihe ist ein würdiger Nachfolger sicherlich keine leichte Aufgabe, die auf den Schultern des Entwicklerteams lastet.
Anfang 2014 gab Bethesda, der Publisher des Spiels, bekannt, dass das neue Doom nicht mehr Doom 4 heißen wird. Ende 2015 bis April 2016 fanden einige Testphasen des Spiels statt, in denen man den Shooter ausprobieren konnte. Vom 15. bis zum 17. April lief eine Open Beta, an welcher jeder interessierte Spieler teilnehmen durfte. In eben diese habe ich mich auch gestürzt und konnte einige Eindrücke sammeln. Warum ich mich allerdings nur knapp eine Stunde mit dem Spiel beschäftigt habe, erfährst du in folgendem Rückblick auf die wenigen Mehrspieler-Runden, die ich mich der Hölle aussetzte.
Ich mag Arena-Shooter. Klare Regeln, abwechlungsreiche Waffenauswahl und deutlich schnelleres Gameplay als bei einem Counter-Strike, Battlefield oder Call of Duty. Nach den ersten Gerüchten und späteren Gamplay-Szenen aus dem Einzelspieler vom neuen Doom war ich dementsprechend recht angetan von der Idee, einen Shooter mit alten Spielmechaniken in neuem technischen Gewandt aufzusetzen. Scheinbar wollte man sich aber leider nicht gänzlich auf altbewährte Elemente, die einst die Shooter der Neunziger ausgemacht haben, verlassen. Im neuen Doom stecken nämlich mehr Parallelen zu modernen Spielen, als das vielleicht auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Mit erschrecken stellt man noch vor dem eigentlich Start einer Runde fest, dass man sich Waffen-Loadouts erstellen muss. Lediglich zwei Waffen dürfen ausgewählt werden, die sich nach dem Respawn sofort im Inventar befinden. Klingt eigentlich gar nicht schlecht, da somit ein gerade frisch erschienener Spieler anstatt nur eine mickrige Pistole in der Hand zu halten direkt eine ernsthafte Gefahr darstellt. Allerdings sind auf den Karten bis auf eine Superwaffe keinerlei Waffen verstreut, die man einsammeln kann. Getöteten Gegnern kann man ebenfalls keine abnehmen. Rückwirkend heißt das, dass man stets an die beiden Waffen gebunden ist, die man sich in seinem Loadout zurechtgelegt hat. Das System schreit förmlich nach Call of Duty und ist das erste Indiz für ein Spiel, welchem der Spagat zwischen Oldschool und modernem Shooter nur bedingt gelingt.
Alle Waffen verfügen über einen zweiten Feuermodus. Leider ist dieser viel zu oft ein unnützer Zoom, der besonders bei der Schrotflinte keinerlei Vorteile bringt. Außerdem hat das Heranzoomen und der damit entstehende kleinere Bildausschnitt zur Folge, dass man viel zu häufig Spielern begegnet, die auf einer Stelle stehen und sich als Scharfschütze versuchen. Dass bei Arena-Shootern die schnelle Bewegung überlebenswichtig ist, wird in Doom durch die Zoom-Funktion nicht gefördert. Die zweite Funktion des Raketenwerfers – das detonieren der bereits abgeschossenen Raketen – erweitert sowohl die taktische Tiefe als auch die Flexibiliät der Waffe. Mehr solcher sinnvollen und durchdachten Implementierungen würden das Spiel deutlich aufwerten.
Die beiden in der Beta anspielbaren Karten waren schick gestaltet, zeigen aber auch die Schattenseiten der detaillierten Grafik auf. Wo früher nur eine einfache graue Textur die Wände zierte, wabern jetzt Blutströme aus der Wand und bestrahlen Lavaflüsse die feuchten Steine, die von Rissen und Löchern gesäumt sind. Das sieht zwar schick aus, macht das Spiel aber auch wesentlich unübersichtlicher. An manchen Stellen sind Gegner durch zu stark strahlende Lavaseen kaum zu erkennen. Ob die Karten ausreichend Abwechslung bieten, lässt sich aus der Beta schwer abschätzen. Die zwei, die ich mir bisher anschauen konnte, ähnelten sich äußerlich recht stark.
Enttäuscht war ich auch von der fehlenden Bewegungsfreiheit. Da Doom in alter Manier gänzlich auf eine Sprintfunktion verzichtet und die normale Laufgeschwindigkeit im Vergleich zu anderen Genrevertretern geradezu langsam ist, fühlt man sich oft eher behäbig als agil. Neben einem Jetpack können auch die Granaten und der Nahkampf dem zu simplen Kampf- und Bewegungssystem keine Dynamik verleihen und bewirken zuweilen sogar das Gegenteil. Ein Hieb mit dem Gewehr ist derart stark, dass eine Kombination aus Schrotflinte und Nahkampfangriff fast immer zum sicheren Tod des Gegners führt, egal wie viel Rüstung dieser aufgesammelt hat. Durch die langatmige Animation, die bei fast jeder Nahkampf-Tötung abgespielt wird, ist man immer mal wieder zum Zuschauen gezwungen, was den Spielfluss unterbricht. Ernüchternd kommt hinzu, dass man während der Animation verwundbar ist und ein leichtes Ziel darstellt, da man nicht aktiv ausweichen kann.
Per Pickup kann sich ein Spieler in einen Dämonen verwandeln, um dem Gegner aber auch dem eigenen Team so richtig die Laune zu verderben. Der in der Beta verfügbare Dämon ist nämlich dermaßen übermächtig, dass Serien von zehn oder mehr Kills keine Seltenheit sind. Das zerstört neben dem Balancing auch den Spielspaß. Während das Gegnerteam in Reihen niedergemäht wird, bekommen Teammitglieder auch keine Punkte mehr ab, da meist ein Treffer der Raketen des Dämons genügend Schaden für einen Kill anrichtet. Um das Spiel noch ungerechter zu gestalten, hat man sich kurzerhand für Boni entschieden, die man nach seinem Tod aktivieren kann. Zu diesen gehören unter anderem ein Wallhack, mit dem man Gegner durch Wände sehen kann, und die Möglichkeit, sich die Lebenspunkte seiner Kontrahenten anzeigen zu lassen.
Wie in jedem aktuellen Shooter üblich gibt es natürlich freischaltbare Waffen, Skins und Farben, mit denen man sowohl sein Kriegsgerät als auch die Rüstung des Charakters anpassen kann. Moment mal, soll Doom nicht „oldschool“ sein? Richtig, und genau deshalb wirken die Levelaufstiege und Customization-Optionen ziemlich deplatziert. Ein Grund, warum Spieler gerne auf ältere Titel zurückgreifen, ist, dass man von Beginn an jegliche Ausrüstung verwenden kann ohne diese erst in einem langwierigen Prozess freispielen zu müssen. Man stelle sich nur mal ein Counter-Strike vor, in dem man erst eine bestimmte Stufe erreichen muss, um alle Waffen nutzen zu dürfen.
Mein Fazit zur Beta vom DOOM-Multiplayer:
Doom setzt sich gekonnt zwischen zwei Stühle. Zum einen will es den Fans altbekanntes Gameplay bieten, zum anderen möchte es frisch und modern sein. Leider scheitert das Spiel an beidem. Was bleibt, ist ein nicht durchdachter und kaum spaßiger Mehrspieler-Modus, der Fehler an alle Ecken und Enden aufweist. Ob die Einzelspieler-Kampagne mehr Motivation bietet und den stattlichen Preis von 60€ rechtfertigt, werden erst die Reviews kurz vor der Veröffentlichung zeigen. Als positive Beispiele für moderne Oldschool-Shooter seien an dieser Stelle Unreal Tournament und Warsow erwähnt. Ersteres befindet sich derzeit noch in einer frühen Entwicklungsphase, kann mich aber jetzt schon deutlich besser unterhalten als Doom. Warsow ist eine Abwandlung von Quake und setzt besonders auf Geschwindigkeitsaufbau mit gekonnten Bewegungen über die Karten. Beide Spiele können kostenlos heruntergeladen und gespielt werden.