Fluch der Karibik 5: „Captain, verflucht! Es heißt Captain Jack Sparrow!“

Fluch der Karibik 5 Banner

Die Stimmung nach einem Kinobesuch kann stark davon beeinflusst werden, inwiefern man sich vorher eine Erwartungshaltung aufgebaut hat und welche Vorgeschichte man eventuell mit einer Filmserie hat. Gerade die Fluch-der-Karibik-Reihe hat eine gewisse Fallhöhe und mit dem vierten und bis dato letzten Teil wurden, meiner Meinung nach, einige Lorbeeren der Vorgänger verschenkt. Kann Fluch der Karibik: Salazars Rache das Ruder wieder rumreißen?

Hinweis: Natürlich werde ich mich hüten Einzelheiten der Geschichte zu verraten oder gar Twists anzudeuten, eine kleine Spoilerwarnung soll aber gegeben sein.

Fangen wir am Besten mit den positiven Dingen an. Der Film sieht optisch sehr gut aus. Gefechte auf hoher See sind gewaltig inszeniert, Effekte wirken wertig und der Soundtrack gibt einem genau das, was man schon bei den Vorgängern zu schätzen gewusst hat. Ich selbst habe zwar nur die 2D-Vorstellung besucht und kann demzufolge keinen Eindruck zum 3D Erlebnis schildern, dieser soll aber laut einiger Kritiken auch überzeugt haben. Klar sollte man sich auf ein ziemliches CGI-Feuerwerk einstellen.

Persönlich habe ich einiges für die Anfänge der Filmreihe übrig, auch wenn sie nicht zu den großen Meisterwerken der Filmgeschichte gehören. Gerade im ersten Teil von Fluch der Karibik wurde noch darauf geachtet, ein atmosphärisches, zumindest grundlegend glaubwürdiges Piratensetting zu erschaffen, auf Grundlage dessen dann die sehr fantastische Story stattfindet. Mit den Fortsetzungen wurden die Mythen, Legenden und Flüche wohl immer gewaltiger, zwischendurch gab es aber immer eine gewisse Nüchternheit. Fluch der Karibik 5 ist von Anfang an nicht schüchtern, sehr frei mit jeglichen Übernatürlichkeiten umzugehen. Die gesamte Welt wirkt stark überzeichnet. Es scheint als gäbe es kaum eine Möglichkeit als Seefahrer nicht Opfer eines Fluches oder dergleichen zu werden. Selbst „normale“ Ereignisse werden stark überspitzt und wirken nahezu albern.

Die erste Sequenz hat mich beispielsweise stark an einen Raubüberfall aus einem Fast-and-Furious-Teil erinnert, welcher versucht wurde in die Fluch-der-Karibik-Welt adaptiert zu werden. Der Vergleich mag absurd klingen, wird aber nach erstem Anschauen etwas nachvollziehbar. Der Fairness wegen kann man sagen, dass auch die Vorgänger typische Actionfilme waren, welche die Filmlogik stark gedehnt haben, jedoch gaben diese mehr Kontext zum Geschehen und waren stilbewusster. Man merkt, dass man sich mit jeder Fortsetzung steigern möchte, aber langsam wirkt das gesamte Universum ziemlich überladen. Neues bekommt keinerlei Erklärung oder Hintergrund mehr.

Steckbrief Jack Sparrow

Die Story ist wohl eine der größten Schwachstellen. Die Haupthandlung könnte dem Zuschauer vorheriger Teile auf den ersten Blick ziemlich bekannt vorkommen. Jack Sparrow wird von einer verfluchten Piratencrew mit einem bösen, übermächtig wirkenden Kapitän gejagt, mit dem er es sich in früherer Zeit schon einmal verscherzt hatte. Soweit so unoriginell, so langsam könnte man sich auch eine andere Idee für einen Antagonisten ausdenken.

Natürlich ist das nur ein grobes Handlungsgerüst und neben ein paar Sideplots und einigen Twists passiert auch noch das ein oder andere, was ich nicht weiter spoilern möchte. Jedoch fehlen an einigen Stellen eben gewisse Hintergründe. Stattdessen gibt es einen Flashback, welcher für mich mehr Fragen aufgeworfen hat, als er erklärt hat. (Habe ich etwas falsch verstanden, oder gab in Teil 2 eine andere Erklärung, wie Jack in Besitz des Kompass gekommen ist?)

Die Nebenhandlung, welche als Rahmen am Anfang und Ende des Filmes stattfindet, dient lediglich als Motivation für den frisch eingeführten Charakter Henry Turner, dem Sohn von William Turner, hat aber sonst keinerlei Zusammenhang zur Haupthandlung. Zumindest hat man sich damit die Möglichkeit gegeben, die nächste Fortsetzung in einer Post-Credit-Szene anzudeuten.

Kapitän Salazar

Eigentlich gibt Fluch der Karibik 5 inhaltlich interessante Ansätze. Der Versuch, aus dem verwegenen Charakter Jack Sparrow einen heruntergekommenen Säufer zu machen, der sich seinen alten Ruhm zurück erkämpfen möchte, klingt zunächst spannend, wird jedoch nach Anfang des Filmes kaum thematisiert. Abgesehen davon fiel es mir als Zuschauer nicht leicht, irgendeine Bindung zu den Charakteren aufzubauen. Ob dies an schlechter Schauspielleistung eines Johnny Depp lag, möchte ich nicht beurteilen. Leider sind zudem die neu eingeführten Charaktere sehr einfarbig und haben wenig Persönlichkeit. Auch die Gegenspieler geben einem nicht sehr viel. Beim, meiner Meinung nach berechtigten, Vergleich zu früheren Antagonisten blieben mir wenigstens ein paar interessante Gesichter aus der Crew eines Barbossa oder Davy Jones in Erinnerung. Der einzige Erinnerungswürdige an der Seite des Kapitän Salazar war wohl der mit dem halben Gesicht. Zusammen mit dem wirklich schlechten Pacing des Filmes ist es schwer, Spannung aufzubauen. Die erste Hälfte der zweieinhalb Stunden bestand quasi nur aus der Findung der Protagonisten und den, vorher erwähnten, übertriebenen, aber eigentlich irrelevanten Actionsequenzen.

Ein anderes großes Problem, welches ich persönlich im Kino hatte, war der völlig übertriebene Humoranteil und das ständige Gewitter von simplen Kalauern. Es sei gesagt, dass ich kein großer Freund von plumpen Einzeilern bin, welche nebenbei ein paar Lacher generieren sollen. Gerade Marvels Comicverfilmungen sind dafür bekannt, zwischendurch immer einen lockeren unerwarteten Spruch zu geben und daran ist auch erstmal nichts verwerflich. Es spricht nichts dagegen, situativ ein bisschen Humor einzubauen. Vor allem nicht, wenn dies innerhalb der Atmosphäre eines Filmes passend geschieht. Die Rolle des Jack Sparrow hat bestimmt einen Teil ihrer Beliebtheit der sehr komödiantischen und teilweise albernen Art zu verdanken. Jedoch war diese immer gut dosiert und hatte Charme. Wenn im Minutentakt die Gags wie mit der Brechstange erzwungen werden, ist das auf Dauer nur noch anstrengend, vor allem wenn diese auf einem so simplen Niveau stattfinden. Und ausgerechnet auf den traditionellen Ausruf „Captain!“ nach einem „Jack Sparrow“ wird verzichtet.

Henry Turner

Mein Fazit zum fünften Teil von Fluch der Karibik:

Alles in allem lässt sich wohl herauslesen, dass mir Fluch der Karibik: Salazars Rache nicht den schönsten Kinobesuch bereitet hat und mir im Nachhinein erstaunlich viel zu meckern einfällt. Ob dies alles notwendig oder gar berechtigt ist, bleibt fraglich. Andere Filme dieser Art würde ich als simples Popcornkino abstempeln und mich einfach nicht als Teil der Zielgruppe betrachten. Ich finde es aber schade, dass viele Qualitäten aus Vorgängern geradezu über Bord geworfen werden und die Serie meiner Meinung nach ziemlich abflacht.