The Crew 2: Die Jagd nach mehr Followern

The Crew 2 Beta Banner

Obwohl Rennspiele nicht unbedingt mein Lieblingsgenre darstellen, schaue ich sie mir besonders wegen des technischen Fortschritts immer mal wieder gerne an. Gerade die Modelle der Autos sind heutzutage kaum noch von der Realität zu unterscheiden. Durch die gigantische offene Welt war das allerdings bei The Crew nicht wirklich der Fall. Das Spiel sah bestenfalls in Ordnung aus und mehr als ein kurzer Trip von der Ost- zur Westküste ist es bei mir nie geworden. Ein wenig gespannt war ich trotzdem auf den zweiten Teil, der deutlich abwechslungsreicher werden soll und demnach länger motivieren könnte.

In jedem Fall lobenswert ist der Umfang der Beta – man konnte wirklich die komplette Karte des Spiels erkunden. Als Grundlage wurde die des Vorgängers genommen, aber besonders an den Details wurde an allen Ecken und Enden geschraubt. Wer schon immer einmal Quer durch die USA heizen und dabei viele der markanten Wahrzeichen abklappern wollte, bekommt mit The Crew 2 erneut eine wunderbare Möglichkeit dazu. Im Gegensatz zum ersten Teil kann man sich nun auch als Pilot ins Cockpit von Flugzeugen oder als Kapitän hinters Steuer von Booten begeben. Klingt ja gar nicht mal so übel, oder?

Nachdem man die FPS-Begrenzung von 30 auf 60 erhöht und seinen „aufgehenden Stern“ ausgewählt hat, begrüßt uns The Crew 2 in der Beta mit einer recht langen Zwischensequenz, in der einige richtig coole Streetboys zu Wort kommen. Stilistisch ähnelt der Grundtenor des Spiels dem hippen Punk-Stil von Watchdogs 2, nur noch ein wenig überdrehter. Die Übergänge zwischen einzelnen Szenen könnten bunter kaum sein und die Wortwahl der „Charaktere“ löst zumindest bei mir den einen oder anderen Würgereiz aus. Vielleicht bin ich dafür einfach nicht mehr fresh genug, wer weiß.

Verschlimmert wird das unglaubliche Coolness-Feuerwerk nur noch durch die absolut hässlichen Gesichter und deren Animationen. Ich stelle mir mittlerweile bei wirklich fast jedem Rennspiel die Frage, warum man denn überhaupt  Personen so nah zeigen muss, wenn sie derart schlecht aussehen. Ist es der Versuch, eine glaubwürdige Atmosphäre zu erschaffen und den Fahrern ein wenig Persönlichkeit zu verleihen? Wenn ja, dann ist dies kläglich gescheitert, denn spätestens nach dem dritten Filmchen, das dem Spieler irgendein Event mit affigen Sprüchen erklären will, habe ich jede der Zwischensequenzen konsequent übersprungen.

Eigentlich schade, denn wenn man dann zum ersten Mal selber hinters Steuer darf, fühlt sich The Crew 2 gar nicht mal schlecht an. Die Fahrphysik zählt natürlich immer noch nicht zu den besten im Genre, aber im Vergleich zum Vorgänger fahren sich die Straßenkreuzer deutlich angenehmer. Besonders gut gelungen ist der Inception-ähnliche Wechsel zum Boot und Flugzeug im Intro-Rennen. Die Stadt klappt dabei visuell sehr interessant anzusehen nach oben und die Kamera springt aufs nächste Vehikel. Von solchen Szenen hätte ich gerne mehr gehabt, leider bestand der Rest der Beta aus recht rudimentären Fahrten. Einzig das Stunt-Event, bei dem man mit einem Flugzeug für viele Punkte möglichst extreme Manöver fliegen muss, brachte ein wenig Abwechslung hinein.

The Crew 2 Flugzeug Stadt

Das Highlight in The Crew 2 ist genau wie im Vorgänger vor nahezu 4 Jahren die große offene Spielwelt. Das schiere Ausmaß der Städte und Landschaften ist schon sehr beeindruckend. Leider ist die Welt, wie so viele Teile des Spiels, nicht wirklich auf einem aktuellen technischen Stand. Klar, durch die Größe lässt sich vieles verschmerzen, aber ab und zu sind die Straßen trotz KI-Fahrzeugen und Passanten derart leer und monoton, dass man fast schon vor Ermüdung auf das Lenkrad kippt. Ein Glück, dass man die Fußgänger dabei nicht verletzen kann.

Viel besser lässt sich die Welt sowieso über die tolle Karte begutachten. Diese kann stufenlos gezoomt werden und zeigt wahlweise die kompletten USA oder einzelne Fahrer in Echtzeit und 3D in der Spielwelt. Endlich mal ein Feature, mit dem The Crew 2 bei mir wirklich punkten kann. Und leider auch so ziemlich das einzige. Bei den Fahrten durch die USA ist mir jedenfalls relativ häufig in den Sinn gekommen, dass ich doch auch Just Cause 2 spielen könnte. Denn das sieht immer noch stimmiger aus, bietet ebenfalls eine große Karte und man kann deutlich mehr Blödsinn anstellen.

Im Bezug auf die neu dazugekommenen Bewegungsmöglichkeiten bin ich etwas zwiegespalten. Klar, Flugzeuge nutzen zu können ist schon nett, aber wirklich spannend ist das  Fliegen von einer zur anderen Stadt nun auch nicht. Auch die Boote sind im Endeffekt spielmechanisch nicht mehr als Autos auf dem Wasser, obwohl die Flüsse, Seen und Meere deutlich hübscher sind als die langweiligen Straßen. Recht gut wurde der sofortige Wechsel zwischen den drei Arten umgesetzt. Mit dem Flugzeug nach unten stürzen, in letzter Sekunde über dem Wasser auf ein Boot wechseln und beim Sprung an Land dann wiederum auf ein Auto umzusteigen klappt wunderbar und fühlt sich ziemlich befriedigend an.

The Crew 2 Boote

Ob Texturen, Detailgrad oder Lichteinflüsse – alles sieht ein wenig altmodisch und nicht gerade schön aus. Selbst die sonst immer so hübschen Automodelle lassen sich bestenfalls als passabel beschreiben. Wenn man dann mit der Innenkamera in Blick aufs niedrig aufgelöste Interieur wirft oder die nicht spiegelnden Spiegel bemerkt, verfliegt allerdings auch dieser anfangs leicht positive optische Eindruck. Einzig die Wassereffekte können sich einigermaßen sehen lassen. Und auch der Soundtrack ist recht ordentlich gelungen. Im Verlauf der Beta nervte mich zumindest keines der Lieder auf den verschiedenen Sendern.

Man hat den Eindruck, dass der Fokus bei The Crew 2 deutlich mehr auf der übertriebenen Lust nach neuen Followern als auf dem eigentlich Spaß am Fahren liegt. Wenn man bei jedem erfolgreichen Stunt seinen Follower-Balken statt Erfahrung füllt und einem an jeder Ecke weiß gemacht wird, dass man unbedingt mehr von den penetranten Social-Media-Anhängern braucht, um an neuen Events teilzunehmen, ist das nicht nur nervig sondern auch lächerlich und traurig zugleich.

Auch die Tatsache, dass nach einem abgeschlossenen Rennen neue Tuning-Teile in Form von Loot vor einem erscheinen, ist für mich eher bedenklich als witzig. Die Zielgruppe liegt hier anscheinend im Bereich der 12 bis 16 jährigen Teenager. Da macht auch die lächerlich hohe Anzahl an verschieden Editionen des Spiels meine durchwachsene Meinung nicht besser.

The Crew 2 Preorder

Mein Fazit zur Beta von The Crew 2:

Im Normalfall sind Betas ja dazu da, letzte Fehler durch die Community finden zu lassen und das Spiel durch Feedback an einigen Stellen nochmal aufzubohren. Sicherlich gibt es genug Bugs, die bis zur Veröffentlichung am 29. Juni noch behoben werden müssen – beispielhaft sei hier das fehlerhafte Navigationssystem genannt. Allerdings liegt zumindest für mich das Problem an ganz anderer Stelle. Das Spiel ist technisch deutlich zu rückständig und die Gestaltung des „Drumherum“ sagt mir absolut nicht zu. Eine große offene Welt macht eben noch kein gutes Spiel und ich bezweifle stark, dass sich mein Eindruck in einem knappen Monat noch ändern lässt. Wie auch im ersten Teil war für mich nach einer Fahrt von einer Küste zur anderen die Luft raus. Vielleicht schafft The Crew 3 dann in ein paar Jahren, mich länger am Ball zu halten.