Die Frauen in Battlefield 5 – Wie ein völlig falscher Ansatz die Intention verdreht

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Ursprünglich wollte ich gar keinen Beitrag zu dem folgenden Thema verfassen. Die Debatte rund um die starke Präsenz von weiblichen Figuren im neuen Battlefield war schließlich schon in aller Munde und verschiedenste Ansichten wurden präsentiert. Mich persönlich hat die ganze Sache nicht großartig gejuckt. Wenn ich Battlefield spiele, dann doch eh nur den Mehrspieler-Modus. Im Rahmen der offenen Beta konnte ich mir von diesem nun einen Eindruck verschaffen und wurde unter anderem dazu angeregt, mich doch noch einmal mit der Thematik der Frauen in Battlefield V auseinander zu setzen. 

Sicherlich hast du auch schon das Cover-Artwork vom neuesten Battlefield gesehen. Eine voll ausgerüstete Soldatin steht in der seit Teil 3 typischen Pose vor einem bläulich-stilisiertem Hintergrund mit Panzer, Flugzeugen und Flammen. Auch im ersten unten verlinkten Trailer zum Spiel wird Frauen eine tragende Rolle zugeschrieben – was wohl der Auslöser für die nicht enden wollenden Diskussionen war. Haben Frauen denn überhaupt etwas im Spiel zu suchen? Und ist ihre Implementierung gut gelungen?

Im Groben spielte sich die Beta von Battlefield V kaum anders als die der Vorgänger. Am eigentlichen Konzept und der Mischung zwischen Fußsoldaten, Fahr- und Flugzeugen muss man ja auch kaum etwas ändern – Spaß macht es nach wie vor. Die wohl auffälligste Neuerung ist wohl, dass man sich als am Boden liegender verwundeter Soldat nun umsehen und seinen zitternden Arm nach einem Sanitäter ausstrecken kann. Momente, in denen zwar dutzende Medics in der Nähe sind aber keiner von ihnen sich dazu bewegen lässt, die heilende Spritze anzusetzen, werden so noch tragischer.

Eine kleine (oder große?) Änderung gibt dann aber doch noch. Mit Battlefield V sind nun nämlich auch Frauen auf den Schlachtfeldern unterwegs. Ich dachte eigentlich, dass das nicht sonderlich auffallen würde. Aber auch nach dem zehnten Wurf eines Munitionspaketes zu einem Mitspieler klingt es irgendwie nicht richtig, wenn eine weibliche Stimme sich bedankt. Ähnlich urteilte ich auch bei der Vorstellung des Einzelspieler-Trailers, der wohl auch beim Rest der Community nicht sonderlich gut anzukommen scheint. Den knapp 340.000 Likes stehen immerhin über 480.000 Dislikes gegenüber.

Kurz nachdem die ersten bewegten Bilder von Battlefield 1 im Frühjahr 2016 veröffentlicht wurden, schrieb ich im Artikel Battlefield 1: Gameplay vor Realismus, dass es keineswegs verwunderlich sei, dass sowohl Waffen als auch Fahrzeuge im Gegensatz zum realen Krieg im frühen 20. Jahrhundert deutlich modernen wirken. Das spielerische Konzept von Battlefield ist schlicht und einfach auf vergleichsweise schnelle Kämpfe ausgelegt, was im krassen Gegensatz zu den langwierigen Grabenkämpfen des Ersten Weltkrieges steht. Es ist also grundsätzlich nicht verwerflich, wenn ein Battlefield V auch ein wenig von der perfekten Darstellung des Zweiten Weltkrieges abweicht – solange die Atmosphäre stimmt.

Battlefield 5 Squad

Leider wirkt letztere bei Battlefield V nicht sonderlich authentisch. Oder würdest du spontan behaupten, dass die vier Personen oben typisch nach zweitem Weltkrieg aussehen? Sicherlich nicht. Der zweiminütige Reveal Trailer zeigt vielmehr ein Steampunk-Kauderwelsch mit ein paar Weltkriegs-Anekdoten hier und da. Eine rothaarige Kämpferin stürmt (natürlich ohne Helm, damit man auch erkennt, dass es sich um eine starke unabhängige Frau handelt) in ein Haus, aus dessen Obergeschoss kurze Zeit später ein Soldat mit Katana auf dem Rücken springt. Aber hey, da drüben stürzt eine Messerschmitt ab – das muss also der Zweite Weltkrieg sein! Diese lächerlich übertriebene Interpretation des Krieges zieht sich quasi durch das ganze Video.

Das Problem hierbei ist für mich nicht, dass es nun prominent auffällige Frauen in Battlefield gibt. Vielmehr stört mich die Art, wie man sie eingebunden hat. Schaden diejenigen, die meinen, dass im Sinne eines gutmütigen Feminismus Frauen nun eine exakte Kopie der typischen Männerrolle im Krieg bekommen müssen, der eigentlichen Intention nicht sogar? Meiner Meinung nach werden die Taten der weiblichen Bevölkerung während des Krieges  damit nämlich abgewertet und für quasi nichtig erklärt. Ein verzerrtes Bild entsteht und schlussendlich zerschellt jedes Stückchen Kredibilität ähnlich schnell wie die eingangs erwähnte Messerschmitt.

Muss denn zwanghaft gezeigt werden, dass virtuelle Kämpferinnen genauso für den Einsatz an der Front geeignet sind? Wäre es nicht deutlich eindrucksvoller und atmosphärischer gewesen, die wahren Rollen von Frauen im Rahmen einer realitätsnahen Kampagne zu zeigen? Natürlich gab es auch vereinzelt weibliche Frontkämpfer – die russischen Nachthexen zum Beispiel. Diese stellten allerdings eine sehr kleine Minderheit und keinesfalls die Regel dar.

Anstatt eine Schießbude nach der anderen spielen zu müssen könnten doch die Grauen des Krieges auch hinter der Front beleuchtet und mit der grandiosen Technik eines Battlefield passend in Szene gesetzt werden. Dies würde nicht nur die Existenz des Story-Parts in Battlefield rechtfertigen, es wäre zugleich auch ein krasser und zum Nachdenken anregender Gegensatz zum eher auf Spaß ausgelegten Mehrspieler.

Battlefield 5 Frauen

Während an den Schauplätzen rund um den Globus die Mehrheit der Kämpfe von Männern ausgetragen wurde, mussten diejenigen, die im Heimatland geblieben waren, logischerweise dafür sorgen, dass stets genug Nachschub vorhanden war. Besonders in den letzten Jahren des Krieges wurden für die Produktion in den Fabriken auch Frauen eingesetzt. Auch in Lazaretten und bei so ziemlich allen wichtigen Aktivitäten im Hinterland waren Frauen vertreten. Bei Wikipedia gibt es unter anderem zu den Wehrmachtshelferinnen einen ausführlichen Artikel, wenn du mehr erfahren möchtest.


Hier ein grobes Konzept einer Mission, wie sie in einem Battlefield stattfinden könnte, das wirklich Wert auf die Integration von Frauen legt:

Die eigene Spielfigur wacht langsam auf, aus der Ego-Perspektive kann man verschwommen Silhouetten von weiß gekleideten Personen wahrnehmen. Dumpfe Stimmen sind zu hören, in einiger Entfernung sind Einschläge von Granaten zu spüren. Das Bild wird langsam wieder dunkel und man verliert das Bewusstsein. Kurze Zeit später erwacht man auf einem Krankentransporter, eine Krankenschwester begrüßt uns und wirft einen prüfenden Blick auf unsere Verletzung. Beim Umsehen im Wagen bemerkt man die unzähligen Verletzten, einige von ihnen wahrscheinlich schon tot. Blickt man nach hinten, sieht man Panzer vorrücken und Soldaten marschieren.

Man wird so gut es geht behandeln und für nicht mehr einsatztauglich erklärt. Stattdessen führt der Weg nach einem kurzen Zeitsprung in eine der vielen Munitionsfabriken, durch welche man eine kurze Führung bekommt. Beim Betreten der gigantischen Halle fällt der Pulvergeruch auf, Metall klirrt aus allen Richtungen. Der Vorgesetzte erklärt, dass es hier oft zu Arbeitsunfällen kommen würde und man sich in Acht nehmen solle. Nach ein paar eher humpelnden Schritten kracht es in einem anderen Flügel der Fabrik, die Explosion kann durch das Fenster beobachtet werden. Erinnert an die Explosion, die ihm das Bein verletzte, zuckt der Spielcharakter zusammen und fängt zu zittern an. Die Mitarbeiterinnen an den Tischen um ihn herum hingegen gehen weiter ihrer Arbeit nach, als wäre nichts gewesen. Für sie ist das Alltag.

Die Flashbacks verstärken sich, man knickt zusammen. Die Kamera wechselt in einer der Rückblenden nun auf den Soldaten der feindlichen Armee, der soeben eine Granate gezückt hat und genau in die Richtung wirft, in welcher der erste spielbare Charakter verletzt wurde. Die Handlung wird nun aus der Sicht einer anderen Partei fortgeführt.


Nicht nur, dass eine solche Mission komplett ohne Schusswechsel auskommen würde – man könnte zeitgleich die Arbeiterinnen würdigen und aufzeigen, dass Krieg nicht nur aus dem Kampf im Feld besteht. Außerdem wäre mit dem Wechsel auf die andere Kriegspartei die Möglichkeit gegeben, den Konflikt aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und verschiedene Charaktere und Schauplätze zu zeigen, ohne wahllos zwischen Soldaten hin und her zu wechseln. Die Technik von Battlefield V wäre auf jeden Fall gut genug, um ruhige Momente mit realistischem Sound und passender Optik gekonnt umzusetzen.

Battlefield 5 Flugzeug

Stattdessen wird man wohl wieder eine belanglose Ballerorgie nach der anderen erleben dürfen. Battlefield 1 zeigte mit der ersten Mission, in der man nach dem virtuellen Tod den Soldaten wechselte und weitermachen musste, einen Schritt in die richtige Richtung. Hier wurde zur Abwechslung mal das Leid und die Brutalität deutlich, mit der junge Menschen verheizt wurden. Besonders den Namen und das Alter des Gefallenen zu sehen, erzeugte ein wahrlich unangenehmes Gefühl – genau, wie es ein Spiel im Zweiten Weltkrieg machen sollte. Leider war dies auch so ziemlich die einzige Mission mit einem derart einprägsamen Ansatz.

Battlefield V scheint nun mit dem oberflächlichem Einsatz von Soldatinnen die Chance zu verpassen, den Frauen des Krieges gerecht zu werden. Man steckt sie einfach in eine typische von Männern dominierte Rolle und diskreditiert damit die eigentlichen „Errungenschaften“ eines Großteils der Bevölkerung. Und mir kann keiner weiß machen, dass das das Ziel sein sollte. Besonders dann nicht, wenn man von Gleichberechtigung und Feminismus faselt.

Patrick Söderlund, ehemaliger Chief Creative Officer von Electronic Arts, sagt zu der zahlreichen Kritik folgendes: „Das ist ein Spiel. Im Gaming-Bereich gibt es heutzutage eine Geschlechterdiversität wie noch nie zuvor. Es gibt eine Menge weiblicher Spieler, die als Frauen spielen wollen, und viele Männer, die eine knallharte Frau spielen möchten.“

Natürlich, Herr Söderlund. Persönlich hätte ich auch nichts dagegen, eine „knallharte Frau“ zu spielen. Im Mehrspieler von Battlefield V habe ich aber lediglich die Möglichkeit, einen Mann mit Frauenskin zu spielen. Denn natürlich muss jeder Charakter der Fairness wegen die gleichen Eigenschaften haben. Warum dann also Frauen überhaupt ins Spiel bringen, wenn sie eh nur exakte Kopien von Männern darstellen? Es wäre doch so viel mehr drin gewesen.

Battlefield 5 Angriff

Mein Ersteindruck zu Battlefield 5:

So wie die als realistisch und eindrucksvoll angepriesene Kampagne von Battlefield 1 schlussendlich enttäuschte, wird es wohl auch mit Battlefield 5 sein. Besonders im Hinblick auf die wenig durchdachte Einbindung des weiblichen Geschlechts. Dass wir den Zweiten Weltkrieg erleben werden „wie noch nie zuvor“ ist allerdings sicher, denn eine derart verzerrte Darstellung des Szenarios gab es selten. Der bunte und actiongeladene Abenteuerspielplatz wird weder den Frauen noch den Männern, die damals wirklich ihr Leben ließen, gerecht.

Zumindest der Mehrspieler-Modus bietet insgesamt dennoch die vertraute Battlefield-Kost, auch wenn meiner Empfindung nach die Zerstörbarkeit der Umgebungen immer weiter zurückgefahren wird. Wer bisher mit Battlefield im Multiplayer seinen Spaß hatte, wird sicherlich auch mit Battlefield V die eine oder andere spannende Runde erleben. Technisch und inhaltlich hat sich die Reihe seit Battlefield 1 allerdings kaum weiterentwickelt.